LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/8439 21.04.2015 Datum des Originals: 21.04.2015/Ausgegeben: 24.04.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3230 vom 10. März 2015 des Abgeordneten Gregor Golland CDU Drucksache 16/8191 Bundesratsinitiative für ein Strafrechtsänderungsgesetz betreffend den Wohnungseinbruchdiebstahl Der Justizminister hat die Kleine Anfrage 3230 mit Schreiben vom 21. April 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet . Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 06.03.2015 eine Initiative des Bundeslandes Bayern zur Änderung des Strafrechts beim Wohnungseinbruch zur weiteren Beratung vertagt. Diese Initiative ist zu begrüßen. Ein höheres Strafmaß wirkt nicht nur abschreckend sondern entspräche auch dem Rechts- und Gerechtigkeitsempfinden der Betroffenen. Neben dem materiellen Schaden traumatisiert die Verletzung des privaten Wohnraums Opfer von Einbrechern . Bayern möchte den Wohnungseinbruchdiebstahl in den Katalog der schweren Straftaten des § 100a Absatz 1 Nummer 1, Absatz 2 der StPO aufnehmen. Zudem soll die Privilegierung des minder schweren Falls mit einem deutlich milderen Strafrahmen für den - auch bandenmäßig begangenen - Wohnungseinbruchdiebstahl in § 244 Absatz 3 Nummer 3 StGB gestrichen werden. Darüber hinaus soll in Fällen des Wohnungseinbruchs künftig auch mittels Telekommunikationsüberwachung strafrechtlich ermittelt werden können. „Die Welt“ berichtet in ihrer Ausgabe vom 06.03.2015 von einer Unterstützung der Initiative, u. a. durch die grün-rote baden-württembergische Landesregierung. Nordrhein-Westfalens Justizminister Thomas Kutschaty wird im Artikel hingegen als Kritiker des Gesetzesvorschlags beschrieben. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8439 2 Der Landesjustizminister ist auch bereits bei der Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung vorgeprescht und hat somit Aussagen des Landesinnenministers relativiert bzw. eine gänzlich andere Position als dieser vertreten. 1. Welche Linie wird Nordrhein-Westfalen im Bundesrat zur bayrischen Gesetzes- initiative vertreten? 2. Ist diese Linie im Einvernehmen mit allen zuständigen Landesministern be- schlossen worden? 3. Hat der Landesinnenminister auch in diesem Fall wieder einen „Maulkorb“ erhal- ten? Der Bundesrat hat in seiner 932. Sitzung am 27. März 2015 beschlossen, den Gesetzentwurf entsprechend der Empfehlung seines Rechtsausschusses nicht beim Deutschen Bundestag einzubringen. Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten war an der Beratung nicht beteiligt. Die Beschlussfassung des Bundesrates entspricht der Haltung Nordrhein-Westfalens. Innerhalb der Landesregierung bestehen keine unterschiedlichen Positionen zur Bewertung der bayerischen Gesetzesinitiative. 4. Auf welcher empirischen Grundlage behauptet der Landesjustizminister, dass es fraglich ist, „ob sich potentielle Tätergruppen von einer Verschärfung des Strafrechts abschrecken lassen“? 5. Welche objektiven Argumente sprechen gegen eine Verschärfung der Gesetze zum Wohnungseinbruch? Bei der bayerischen Gesetzesinitiative ging es um Folgendes: § 244 Absatz 1 StGB sieht für einen Wohnungseinbruchdiebstahl einen Regelstrafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vor. Nach Absatz 3 dieser Vorschrift ist in minder schweren Fällen die Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vorgesehen . Nach dem bayerischen Gesetzesentwurf soll der minder schwere Fall gestrichen werden, da dieser „vor dem Hintergrund der […] Unrechtsqualität und eingedenk des Anstiegs der Kriminalität in diesem Bereich […] nicht angemessen“ sei. Wie auch das Ergebnis der Beratungen im Bundesrat und seinem Rechtsausschuss zeigt, überzeugen weder dieser Ansatz noch seine Begründung. Die Bejahung eines minder schweren Falles des Wohnungseinbruchdiebstahls ist nach dem Gesetz nur ausnahmsweise möglich, also nur von untergeordneter praktischer Bedeutung. Vor diesem Hintergrund liegt eine Abschreckungswirkung durch die Streichung des minder schweren Falles fern. Es kann dahinstehen, ob man auf empirischen Erkenntnissen beruhenden kriminologischen Studien, wonach die Höhe der Strafandrohung keinen Einfluss auf die Bereitschaft zur Begehung einer Straftat hat, folgt. Allein die Abschaffung eines - nur ausnahmsweise in Betracht kommenden - minder schweren Falles des § 244 StGB stellt nach Auffassung der Landesregierung jedenfalls kein taugliches Mittel zur wirkungsvollen Abschreckung potentieller Einbrecher dar.