LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/8519 24.04.2015 Datum des Originals: 23.04.2015/Ausgegeben: 29.04.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3239 vom 18. März 2015 der Abgeordneten Yvonne Gebauer und Ingola Schmitz FDP Drucksache 16/8215 Erachtet die rot-grüne Landesregierung die Legislative als „quantité négligeable“? Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 3239 mit Schreiben vom 23. April 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Gutachten im Auftrag der Landesregierung kosten Geld. Die finanziellen Mittel werden durch den Haushaltsgesetzgeber bereitgestellt – den nordrhein-westfälischen Landtag. Der Legislative und damit den gewählten Abgeordneten kommt – nicht nur als Haushaltsgesetzgeber – eine zentrale Rolle zu. Die rot-grüne Landesregierung scheint das Parlament allerdings als eine zu vernachlässigende, primär lästige Größe aufzufassen. Seit geraumer Zeit wird auf eine wissenschaftliche Einschätzung der sonderpädagogischen Förderung im Zuge der Umsetzung der Inklusion an Berufskollegs gewartet. Auf eine Kleine Anfrage, wann eine entsprechende Untersuchung dem Landtag vorgelegt werde, erhielten die Fragestellerinnen folgende Antwort der Schulministerin: „Die externe gutachterliche Beratung wird zunächst der Meinungsbildung der Landesregierung dienen. Über die Weitergabe wird die Landesregierung nach Abnahme und Auswertung entscheiden.“ (Drucksache 16/6608). Inzwischen liegen zwei Gutachten vor, ein weiteres Gutachten ist demnach in Auftrag gegeben und soll – dem Vernehmen nach – im Rahmen des „Fachbeirats schulische Inklusion“ am 25.03.2015 vorgestellt werden. Die beiden Gutachten sind mittlerweile auf der Internetseite des Ministeriums abrufbar. Hier wird auch ausgeführt, dass grundsätzliche Fragestellungen organisatorischer, aber auch fachlicher Art sowohl aus dem Blickwinkel der Sonderpädagogik als auch aus dem fachlichen Bereich der beruflichen Bildung geklärt werden müssten. Die Veröffentlichung der beiden Gutachten solle daher „zum jetzigen Zeitpunkt ausschließlich Anregungen für die weitere fachliche Diskussion bieten“. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8519 2 Nach vorliegenden Informationen wurden bereits Einschätzungen von Lehrerverbänden vorgenommen , auch hat das Schulministerium die Gutachten demnach in Veranstaltungen mit Fachverbänden diskutiert. Dieses Vorgehen gegenüber dem Parlament ist umso irritierender, als dass, wie oben ausgeführt, von Abgeordneten explizit nach den wissenschaftlichen Einschätzungen gefragt worden war. 1. Wie tritt die Landesregierung im genannten Fall dem Eindruck entgegen, dass sie die Legislative als nachrangig im Vergleich zu Interessensverbänden bewertet ? 2. Warum werden die Gutachten Abgeordneten nicht direkt zur Verfügung ge- stellt, wenn in einer Kleinen Anfrage explizit danach gefragt wurde? 3. Warum werden die Gutachten bereits in Veranstaltungen des Ministeriums für Schule und Weiterbildung diskutiert, jedoch bis dato nicht dem zuständigen Landtagsausschuss für Schule und Weiterbildung vorgestellt? 4. Wann genau erachtet es die Landesregierung für „notwendig“, diese Gutachten auch mit der Legislative zu diskutieren? Die Fragen 1 bis 4 werden aus Gründen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Einholung von wissenschaftlicher Expertise durch Gutachten wird vom Schulministerium so gehandhabt und auch nach außen kommuniziert, dass die Gutachtervorschläge keine Vorfestlegung für das weitere Vorgehen des Schulministeriums bedeuten; sie dienen vielmehr als fachlich-wissenschaftliche Basis für weitere Beratungsprozesse. Für eine Befassung im Landtag ist daher neben der reinen Kenntnisnahme durch die Abgeordneten eine schulfachlich fundierte inhaltliche Bewertung und Stellungnahme des Schulministeriums erforderlich . Diese Bewertung kann erst nach vollständiger inhaltlicher Befassung aller drei in Auftrag gegebenen Gutachten erfolgen. Zwei Gutachten lagen dem Schulministerium zu Jahresbeginn vor, ein drittes erst später. Für eine Bewertung der Gutachten und die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen ist es für das Schulministerium von zentraler Bedeutung, die Betroffenen in die Überlegungen einzubeziehen . Zu diesem Zweck wurde für den gesamten Prozess der inklusiven schulischen Bildung ein Fachbeirat einberufen – so wie es der Aktionsplan „Eine Gesellschaft für alle - NRW inklusiv“ der Landesregierung vorsieht. Die Gutachten wurden daher gemäß der in der UN-Behindertenrechtskonvention geforderten Partizipation der Zivilgesellschaft (Leitmotiv: „Nicht über uns ohne uns“) dem Fachbeirat inklusive schulische Bildung in zwei Sitzungen am 20. Januar 2015 und in einer Sondersitzung am 25. März 2015 vorgestellt. Die im Fachbeirat beteiligten Betroffenen haben somit zuerst Gelegenheit, Hinweise und Anregungen zu geben, diese fließen in die nun anstehende Bewertung des Schulministeriums ein. Dieser Prozess ist nicht zuletzt aufgrund der Komplexität der Materie derzeit noch nicht abgeschlossen.