LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/8524 27.04.2015 Datum des Originals: 23.04.2015/Ausgegeben: 30.04.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3293 vom 8. April 2015 der Abgeordneten Angela Freimuth und Marcel Hafke FDP Drucksache 16/8353 Auf welcher Grundlage verpflichtet die Landesregierung die NRW-Hochschulen zur Teilnahme am „Dialogorientierten Serviceverfahren“? Die Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung hat die Kleine Anfrage 3293 mit Schreiben vom 23. April 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Wie der Pressemitteilung des Ministeriums für Innovation, Wissenschaft und Forschung vom 27. März 2015 zu entnehmen war, will die Landesregierung alle Hochschulen in NordrheinWestfalen in staatlicher Trägerschaft dazu verpflichten, am Dialogorientierten Serviceverfahren (DoSV) teilzunehmen. Das DoSV soll dazu dienen, dass die Studienplatzvergabe bundesweit zügiger durchgeführt werden kann. In jedem Semester lässt sich beobachten, dass Studierende sich gleichzeitig an mehreren Hochschulen auf unterschiedliche Studienplätze bewerben. Bisher gelangten die übrigen Hochschulen nicht in Kenntnis darüber, ob ein Student sich an einer anderen Hochschule bereits endgültig für einen Studiengang entschieden hat. Durch die Übermittlung dieser Information im Rahmen des DoSV sollen die Zulassungsverfahren erheblich beschleunigt werden. Aus Nordrhein-Westfalen nehmen derzeit noch wenige Hochschulen teil, zudem nur mit wenigen , ausgewählten Studiengängen. So sollen technische Schwierigkeiten bei der Kompatibilität der DoSV-Software mit der hochschuleigenen Software die Teilnahme behindert haben . Die verpflichtende Einführung des DoSV soll daher zunächst auch nur auf die Fachgebiete Betriebswirtschaft, Rechtswissenschaften und Psychologie begrenzt werden. Wissenschaftsministerin Schulze begründet die Verpflichtung zur Teilnahme am DoSV mit bundesweit tausenden nicht in Anspruch genommenen, jedoch mit numeri clausi belegten Studienplätzen. Allein in Nordrhein-Westfalen blieben 8.398 Studienplätze im Wintersemes- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8524 2 ter 2014/15 unbesetzt. Dabei sind jedoch zwei Formen der Nichtbesetzung strikt zu trennen: Zum einen kann sich eine Nichtbesetzung daraus ergeben, dass in diesem Semester der numerus clausus für das entsprechende Studienfach nicht nötig war: Nach dem Zulassungsverfahren inklusive Nachrückverfahren hatte sich herausgestellt, dass keinem Bewerber aufgrund eines numerus clausus die Aufnahme eines Studienplatzes verwehrt werden musste. Dieser Umstand ist kaum problematisch, Hochschulen und Ministerien scheinen sich zudem darauf geeinigt zu haben, dass die Hochschulen die jeweiligen, überflüssigen NCs wieder abschaffen. Problematisch sind unbesetzte Studienplätze erst dann, wenn es trotz der jeweiligen Nachrückverfahren immer noch Bewerber gab, für die die Zuteilung eines Platzes zu einem weit fortgeschrittenen Zeitpunkt des Semesters keinen Sinn mehr machte. Bereits mit der Kleinen Anfrage 3145 hatte die FDP-Landtagsfraktion diese Differenzierung angefragt, die Landesregierung sah sich bei der Beantwortung jedoch nicht in der Lage, diesen Unterschied mitzuteilen (siehe Drs. 16/8227). Die Landesregierung muss daher darlegen können, welche Studiengänge aus ihrer Sicht keinen numerus clausus mehr benötigen, und in welchen Studiengängen es Probleme bei der restlosen Zuteilung von Studienplätze trotz noch ausstehender Bewerbungen gab. Diskussionsbedürftig erscheint in diesem Zusammenhang vor allem die Auswahl der Studiengänge für das DoSV. Von den 2.325 Bachelor-Studienplätzen für das Fach Betriebswirtschaftslehre , die insgesamt von allen staatlichen Universitäten in Nordrhein-Westfalen angeboten wurden, blieben lediglich 15 unbesetzt. Dabei handelt es sich gänzlich um BWL-Plätze der Universität Siegen, dem einzigen BWL-Studiengang einer NRW-Universität, der bereits im DoSV integriert ist. 1. Auf welcher rechtlichen Grundlage werden die Hochschulen dazu verpflichtet, am Dialogorientierten Serviceverfahren teilzunehmen? Die Hochschulen sind mit der Bitte an das Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung herangetreten, es möge die Teilnahme der Hochschulen in Nordrhein-Westfalen am Dialogorientierten Serviceverfahren (DoSV) koordinieren und für eine flächendeckende Teilnahme aller betroffenen Hochschulen sorgen. Vor diesem Hintergrund ist nunmehr eine Änderung der Vergabeverordnung NRW vorgesehen. Den Hochschulen obliegt gemäß § 7 des Hochschulzulassungsgesetzes vom 18.11.2008 (GV.NRW. S. 710) die Zulassung zum Studium als staatliche Aufgabe. Insoweit unterstehen die Hochschulen auch nach wie vor der Verselbständigung durch das Hochschulfreiheitsgesetz der Fachaufsicht des MIWF. 2. Welche Studiengänge brauchen aus Sicht der Landesregierung keinen Numerus Clausus mehr (bitte nach Hochschulen aufschlüsseln)? Die Festsetzung von Zulassungsbeschränkungen erfolgt für jedes Studienjahr (Wintersemester und darauf folgendes Sommersemester) neu. Nur so kann eine Anpassung an sich ändernde Rahmenbedingungen erfolgen, z.B. sinkende Studienanfängerzahlen in bestimmten Studiengängen oder bessere personelle Ausstattung bestimmter Lehreinheiten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8524 3 Die Hochschulen werden jedes Jahr im Vorfeld des zu planenden Studienjahres dazu aufgefordert , Zulassungsbeschränkungen für einzelne Studiengänge mitzuteilen. Die Entscheidung über die Beantragung einer Zulassungsbeschränkung liegt bei den Hochschulen. Sie kann nur verweigert werden, wenn die Entscheidung rechtswidrig oder erkennbar unzweckmäßig ist. Dies ist nur der Fall, sofern die Hochschule bei ihrer Entscheidung Umstände berücksichtigt hat, die mit den Zielen des Kapazitätsrechtes (erschöpfende Nutzung der vorhandenen Kapazitäten, aber auch Sicherung eines geordneten Studienbetriebes) nicht vereinbar sind. Die Prüfung des MIWF erfolgt unter Berücksichtigung u.a. der Entwicklung der Studienanfängerzahlen in diesen Studiengängen sowie der Auslastung der betroffenen Lehreinheiten, wobei auf die vollständige Ausschöpfung der bestehenden personellen, sächlichen und räumlichen Kapazitäten geachtet wird. Gerade die jährliche einzelfallbezogene Planung der Zulassungsbeschränkungen durch die Hochschulen und ihre Prüfung durch das MIWF verhindert, dass Zulassungsbeschränkungen für Studiengänge auf Dauer festgesetzt werden. 3. Für welche Studiengänge hat die Landesregierung Kenntnis, dass Studienplätze trotz noch ausstehender Bewerber nicht vergeben werden konnten (bitte nach Hochschulen aufschlüsseln)? Die Landesregierung hat bereits in der Antwort zur Kleinen Anfrage 3145 (LT-Drs. 16/8227) dargestellt, dass sie bei den Studiengängen, in denen Studienplätze unbesetzt geblieben sind, nicht ermitteln kann, ob es noch "ausstehende" Bewerberinnen und Bewerber gibt. Wenn jemand von einer Hochschule keinen Zulassungsbescheid bekommen konnte, ist ungewiss , ob er an einer anderen Hochschule zugelassen wurde oder nicht. Frei gebliebene Studienplätze sind in erster Linie ein Zeichen dafür, dass ausreichend Ausbildungskapazitäten vorhanden sind. 4. Wieso wurden die Fachcluster Betriebswirtschaft, Rechtswissenschaften und Psychologie für das Dialogorientierte Serviceverfahren ausgewählt? Die Teilnahme am DoSV befindet sich gerade im Aufwuchs. Im Jahr 2018 sollen alle örtlich zulassungsbeschränkten Studienangebote durch dieses Koordinierungsverfahren vergeben werden. Um schnell bundesweit flächendeckende Synergieeffekte zu erreichen, hat die Stiftung für Hochschulzulassung verschiedene Fach-Cluster gebildet, in denen eine Teilnahme der Hochschulen bereits in der Aufbauphase empfohlen wird. Dies sind vor allem die FachCluster Psychologie, Wirtschaftswissenschaften, Rechtswissenschaften/Jura, Maschinenbau /Ingenieurwesen, Soziale Arbeit und Naturwissenschaften. Für Nordrhein-Westfalen wurde bereits Ende 2013 mit den Hochschulen erarbeitet, dass für eine erste Anbindung eine frühzeitige Teilnahme an den Fach-Clustern Psychologie, Rechtswissenschaften, Wirtschaftswissenschaften und Soziales erstrebenswert sei. Wirtschaftswissenschaften , Rechtswissenschaft/Jura und Psychologie gehören zu den FachClustern , die bundesweit die stärkste Beteiligung erfahren. Um den gewünschten Koordinierungseffekt zu erreichen, liegt daher eine Beteiligung in diesen auf der Hand. Auch an der Festlegung weiterer Studienangebote im DoSV wird das MIWF die Hochschulen in der Trägerschaft des Landes beteiligen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8524 4 5. Welche konkrete Kostenbeteiligung kommt auf die Hochschulen zu? Der Staatsvertrag über die gemeinsame Einrichtung für Hochschulzulassung sieht vor, dass die Stiftung für Hochschulzulassung das DoSV im Auftrag der Hochschulen und auf deren Kosten durchführt. Bis zum Haushaltsjahr 2014 haben die Bundesländer die Kosten für das DoSV vollständig übernommen. Der Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom 18. Juni 2013 zur Finanzierung des DoSV sieht vor, die Hochschulen ab dem Haushaltsjahr 2015 aufwachsend an der Finanzierung des DoSV zu beteiligen. Es ergibt sich gegenwärtig folgendes Kostenmodell: Der Kostenanteil, der von den am DoSV teilnehmenden Hochschulen insgesamt zu tragen ist, beträgt im Jahr 2015 15 % der für das Jahr 2018 zu erwartenden Gesamtkosten in Höhe von 6,5 Millionen Euro. Dieser Anteil erhöht sich jährlich auf 30 % für das Haushaltsjahr 2016, 60% für das Haushaltsjahr 2017 und schließlich 100% für das Haushaltsjahr 2018. Der jeweilige Kostenanteil einer Hochschule orientiert sich an der Anzahl der Stimmen der Hochschule in der Mitgliederversammlung der Hochschulrektorenkonferenz, also an der Größe der Hochschule unabhängig von der Zahl der in Verfahren koordinierten Studienangebote , der zu vergebenden Studienplätze sowie der Zahl der Bewerberinnen und Bewerber.