LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/8541 28.04.2015 Datum des Originals: 28.04.2015/Ausgegeben: 04.05.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3268 vom 27. März 2015 der Abgeordneten Marcel Hafke, Dr. Björn Kerbein und Kai Abruszat FDP Drucksache 16/8306 Wie oft machten Jugendämter bzw. Träger von der Möglichkeit zur Rückgabe von U3- Investitionsmitteln Gebrauch? Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 3268 mit Schreiben vom 28. April 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Wie dem Westfalenblatt vom 5. Februar 2015 zu entnehmen war, droht 14 Kindern in einer Kindertageseinrichtung in Bielefeld-Brackwede der Verlust des Kita-Platzes. Der Träger der Kindertageseinrichtung hat mit Fördermitteln des Bundes und des Landes 28 zusätzliche U3- Plätze geschaffen. Gemäß der Zweckbindungsfristen müssen diese 28 Plätze jedes Kindergartenjahr mit Kindern unter drei Jahren besetzt werden. Die Kindertageseinrichtung steht nun jedoch vor dem Problem, dass sie aufgrund des Älterwerdens der Kinder unter drei Jahren zu viele Kinder über drei Jahren hat: „Nur 13 ältere Kinder wechseln in die Schule, eines zieht um, gleichzeitig rücken 23 U-3-Kinder in die Gruppen der Drei- bis Sechsjährigen auf. Von den verbleibenden 61 Kindern sind demnach nur noch fünf U-3-Kinder.“ (Westfalenblatt vom 5. Februar 2015) Da für diese Kita im Kindergartenjahr 2015/16 lediglich 70 Plätze vorgesehen sind, werden womöglich 14 Kinder über drei Jahren jüngeren Kindern weichen müssen. Ursache für diese missliche Lage ist das ungünstige Verhältnis von 28 U3-Kindern zu 42 Ü3-Kindern. Da nicht auszuschließen ist, dass das geschilderte Problem neben der Kita in Bielefeld-Brackwede auch weitere Einrichtungen betrifft, haben Abgeordnete der FDP-Landtagsfraktion mit der Kleinen Anfrage 3120 nachgefragt, ob es sich bei dem beschriebenen Sachverhalt tatsächlich um einen Einzelfall handle und wie viele Kinder vom Verlust des Kita-Platzes in Nordrhein-Westfalen bedroht seien. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8541 2 Die Landesregierung führt bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage 3120 unter anderem aus, dass es nach den Angaben der beiden Landesjugendämter keine von diesen initiierte Rückforderungen gab. Allerdings hätte es in Einzelfällen Anfragen von Jugendämtern und Trägern zur Möglichkeit der Rückgabe von Mitteln gegeben und in wenigen Einzelfällen wurden Mittel in geringem Umfang auch zurückgezahlt. Für eine angemessenen Einschätzung über das Ausmaß des skizzierten Problems wäre es hilfreich gewesen, wenn die Landesregierung Auskunft darüber erteilt hätte, wie viele Jugendämter und Träger die Möglichkeit zur Rückgabe von Landesmitteln angefragt haben und besonders wie viele Mittel tatsächlich zurückgezahlt wurden. Gerade wenn es sich dabei tatsächlich um Einzelfälle handelt, muss die Landesregierung in der Lage sein, dies problemlos darzulegen. Dass die Landesregierung selbst keine gesonderte Erhebung macht, erschwert die Nachvollziehbarkeit, wie die Landesregierung zu dem Schluss kommt, dass es sich dabei lediglich um Einzelfälle handelt. Ferner hat die Landesregierung die vierte Frage der Kleinen Anfrage 3120 so beantwortet, als dass jede Kita, die ein ungünstigeres Verhältnis als 1 zu 3 bei der U3-Ü3-Relation aufweist, gelistet wurde. Richtigerweise muss jedoch selbstverständlich zwischen geförderten und nicht geförderten U3-Plätzen unterschieden werden. Die Landesregierung muss zur korrekten Einschätzung dieses Problems also vor allem das Verhältnis zu Ü3-Betreuungsplätzen für jene U3-Plätze aufschlüsseln, für die aufgrund des U3-Ausbaus eine Zweckbindung besteht. Darüber hinaus erklärt die Landesregierung in der Beantwortung der Kleinen Anfrage 3120, dass sie nicht in die kommunale Jugendhilfeplanung eingreifen wolle. Die Frage ist jedoch, inwieweit die Landesregierung die Kommunen unterstützt, beispielsweise bei der Prävention von Problematiken, die sich aus der U3-Bindung nachweislich ergeben können. So greift die Landesregierung keineswegs in die kommunale Selbstverwaltung ein, wenn sie vor ungünstigen Relationen zwischen gebundenen U3-Plätzen und Ü3-Plätzen warnt und konkrete Empfehlungen zu einer Höchstrelation abgibt, damit Kinder nach Vollendung des dritten Lebensjahres die vertraute Kita nicht verlassen müssen. 1. Wie oft haben Jugendämter bzw. Träger Anfragen zur Möglichkeit zur Rückgabe von U3-Investitionsmitteln gestellt (bitte anonymisiert nach Kitas, Anzahl betroffener U3-Plätze und Höhe der potentiellen Mittelrückgabe aufschlüsseln)? Im Rahmen der regulären Verwaltungsarbeit erhalten Behörden täglich eine Vielzahl von Anfragen. Unverbindliche Anfragen einzelner Themen werden dabei grundsätzlich nicht separat erfasst. Dies gilt auch hier. 2. Wie oft machten Jugendämter bzw. Träger von der Möglichkeit zur Rückgabe von U3-Investitionsmitteln Gebrauch (bitte anonymisiert nach Kitas, Anzahl betroffener U3-Plätze und Höhe der Mittelrückgabe aufschlüsseln)? Die beiden Landesjugendämter müssten für die genaue Beantwortung dieser Frage Investitionslisten filtern und dann im Rahmen von Einzelfallaktensichtung weiterrecherchieren. Dies ist in der zu Beantwortung einer Kleinen Anfrage vorgesehenen Zeit nicht zu leisten, zumal die beiden Landesjugendämter derzeit neben anderen Aufgaben mit der Antragsprüfung und -bewilligung weiterer Investitionsmittel beschäftigt sind, um die Jugendämter und Träger vor Ort beim weiteren Ausbau der U3-Betreuungsplätze zu unterstützen. Die beiden Landesjugendämter wurden vor diesem Hintergrund aber um eine Einschätzung zur Größenordnung gebeten. Danach gab es seit 2013 landesweit rd. 11 Fälle, in denen Jugendämter bzw. Träger von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, die LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8541 3 Fördersumme wegen des U3/Ü3-Platzverhältnisses zu reduzieren. Dabei handelte es sich um weniger als 50 Plätze und eine Fördersumme von weniger als 400.000 Euro. Da sich diese Fälle sowohl hinsichtlich der Platzzahlen als auch hinsichtlich der Fördersumme im Vergleich zum Gesamtvolumen im Promillebereich bewegen, kann es nur bei der Antwort auf die Frage 1 der Kleinen Anfrage 3120 (LT-Drs. 16/8254) bleiben: In wenigen Einzelfällen wurden Mittel in geringem Umfang zurückgezahlt. 3. In wie vielen Kindertageseinrichtungen kommen auf einen mit U3- Investitionsmitteln zweckgebundenen U3-Betreuungsplatz weniger als drei Ü3- Betreuungsplätze (bitte für jede Kita anonymisiert nach Jugendamtsbezirk, Anzahl der Gesamtplätze, Anzahl zweckgebundener U3-Plätze, Anzahl nicht zweckgebundener U3-Plätze sowie Ü3-Plätze aufschlüsseln)? Bei dem webbasierten Verfahren KiBiz.web handelt es sich um eine E-GovernmentUmsetzung des KiBiz, Investitionsprogramme sind dort nicht abgebildet. Die Beantwortung wäre deshalb nur mit einer zusätzlichen aufwändigen Einzelfallaktensichtung (Heimaufsicht und Investitionsakte) möglich. Dies ist in der zu Beantwortung einer Kleinen Anfrage vorgesehenen Zeit nicht zu leisten, zumal die beiden Landesjugendämter derzeit neben anderen Aufgaben mit der Antragsprüfung und -bewilligung weiterer Investitionsmittel beschäftigt sind, um die Jugendämter und Träger vor Ort beim weiteren Ausbau der U3- Betreuungsplätze zu unterstützen. 4. Hat die Landesregierung Träger und Kommunen darüber informiert, dass durch die U3-Zweckbindung in Kombination mit einer ungünstigen U3-Ü3-Relation das Problem entstehen kann, dass Kinder zwangsweise die Kita verlassen müssen? 5. Warum empfiehlt die Landesregierung keine Höchstrelation, um den Verweis aus einer Kita aufgrund einer U3-Platz-Bindung im Vorfeld zu verhindern? Das damalige Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration hat mit Datum vom 9. Mai 2008 die Förderrichtlinie des Landes für den U3-Ausbau erlassen. In diesem Zusammenhang wurden die Jugendämter in Zusammenarbeit mit den Landesjugendämtern allgemein informiert, zudem wurden seitdem eine Vielzahl von Fragen der Jugendämter und Träger beantwortet. Die beiden Landesjugendämter haben mitgeteilt, dass sie in ihrer Eigenschaft als Betriebsaufsicht bei fraglichen Anhaltspunkten seit Jahren Hinweise geben und dann eher ein Verhältnis von 1:4 empfehlen. Allerdings gilt auch dann, dass nach dem bereits zum 1. August 2008 in Kraft getretenen § 19 Abs. 3 Satz 1 KiBiz im Rahmen der örtlichen Jugendhilfeplanung entschieden wird, welche der in der Anlage zu § 19 Abs. 1 KiBiz genannten Gruppenformen mit welcher Betreuungszeit in den Einrichtungen angeboten werden. Nach § 19 Abs. 3 Satz 2 KiBiz können dabei, soweit erforderlich, Gruppenformen und Betreuungszeiten kombiniert werden. Diese Regelungen bieten der örtlichen Ebene die angemessenen und notwendigen Gestaltungsspielräume, um im Rahmen der jeweiligen trägerspezifischen pädagogischen Konzeptionen neben weiteren Aspekten die Altersstruktur der Kinder und die Zusammensetzungen der Gruppen zu berücksichtigen.