LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/8570 30.04.2015 Datum des Originals: 29.04.2015/Ausgegeben: 06.05.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3286 vom 2. April 2015 des Abgeordneten Hanns-Jörg Rohwedder PIRATEN Drucksache 16/8345 Nukleartransport per Zug durch NRW während Sturm mit Verkehrsausfall Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 3286 mit Schreiben vom 29. April 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am Dienstag, 31. März 2015 war Nordrhein-Westfalen flächendeckend von einem Sturmereignis betroffen, das mit Böen bis Orkanstärke ab 11 Uhr vormittags zu einer fast kompletten Einstellung des Personenzugverkehrs führte. Am Montag, 30.03.15 verließ gegen 16:30 Uhr ein Nukleartransport auf der Schiene den Hamburger Hafen. In Containern und Kesselwagen wurden vermutlich Yellow Cake (Uranoxid U3O8) und Flusssäure (HFl) durch Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz nach Frankreich transportiert. Abweichend von anderen Transporten war statt einer Elektrolok eine Diesellok vorgespannt. Der Zug fuhr am Dienstag 31.03.15 gegen 01:35 Uhr durch Buchholz, gegen 04:45 durch Münster und am Mittwoch, 01.4.2015 nach mehrstündigem Aufenthalt in Köln gegen 12:00 aus Köln nach Koblenz-Lützel, wo er gegen 13.15 durchfuhr. Am Dienstag 31.03.2014 war ab ca 11 Uhr der Personenverkehr auf der Schiene in NRW wegen zahlreicher Schäden an Oberleitungen und durch abgebrochene Äste und umgestürzte Bäume auf den Schienen weitgehend eingestellt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8570 2 Vorbemerkung der Landesregierung Zu dem in der Kleinen Anfrage angegebenen Nukleartransport auf der Schiene von Hamburg nach Frankreich in der Zeit vom 30.03.2015 bis 01.04.2015 liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse oder Informationen vor. Eine sogenannte „48-Stunden-Meldung“, die die Genehmigungsbehörde auf Grundlage des § 17 Atomgesetz festlegen kann und die spätestens 48 Stunden vor Beginn eines Transportes unter anderem an die von der Transportstrecke betroffenen Lagezentren der Innenbehörden der Länder übermittelt werden muss, lag nicht vor. Aus diesem Grund ist eine konkrete Beantwortung der Fragen 1, 2 und 3 nicht möglich. Auskünfte können lediglich die zuständigen Genehmigungsbehörden auf Bundesebene erteilen. Im Jahre 2013 wurden zwischen 650.000 bis 750.000 Transporte mit radioaktivem Gut im Bundesgebiet durchgeführt. Von diesen Transporten dürften rund 25 % in NordrheinWestfalen stattgefunden oder zumindest Nordrhein-Westfalen tangiert haben. Über die Genehmigungspflicht dieser Transporte wie über die mit einer Genehmigung verbundenen Auflagen und Sicherungsmaßnahmen entscheiden die zuständigen Bundesbehörden. Die den konkreten Schienentransport genehmigende Bundesbehörde hat die durch das Transportgut mögliche Gefährdungslage zu beurteilen und entscheidet danach, ob neben sonstigen Sicherungsmaßnahmen für den Transport eine Information der Sicherheitsbehörden in den Ländern erforderlich ist, durch die der Transport führt. Eine restriktive Informationspolitik der Genehmigungsbehörde ist nach Auffassung der Landesregierung im Interesse der Sicherheit dieser Transporte notwendig und kann vor dem Hintergrund bestehender ABC-Schutzkonzepte fortgeführt werden. Es wird hierzu auch auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1754 (Drs. 16/4565) verwiesen. 1. Welche Katastrophenschutz-Hilfskräfte waren an der Strecke durch NRW über den Transport und die Durchfahrt- und Haltezeiten informiert? 2. Dürfen Atom- und sonstige Gefahrstofftransporte unter Wetterbedingungen fah- ren, bei denen der Personenverkehr bereits eingestellt ist? 3. Wo verbrachte der Transport den langen Zeitraum von der Sichtung in Münster am Dienstag früh morgens bis zur Weiterfahrt aus Köln am Mittwochnachmittag? Die Fragen 1. - 3. werden gemeinsam beantwortet. Erkenntnisse liegen der Landesregierung nicht vor; auf die Vorbemerkung wird insoweit verwiesen . 4. Wie schätzt die Landesregierung die Handlungsfähigkeit des Katastrophenschut- zes bei einem Transportunfall unter den gegebenen Bedingungen ein, wo zumindest ein Teil der Hilfskräfte bereits mit Sicherungs- und Aufräumarbeiten beschäftigt ist? Der Schutz der Bevölkerung steht konsequent im Mittelpunkt des Handelns der Landesregierung wie auch der Katastrophenschutzbehörden im Lande. Ausgerichtet an diesem Grundsatz werden die in einem Ereignisfall anstehenden Aufgaben priorisiert und von den Katastrophenschutzbehörden in entsprechender Reihenfolge abgearbeitet. Sofern von einem Transportunfall mit radioaktivem Transportgut eine konkrete Gefahr für die Bevölkerung ausginge , würde diese Aufgabe mit in den Abwägungsprozess des Aufgabenträgers einbezogen und - abhängig vom jeweiligen Schadensereignis - mit entsprechender Priorität erledigt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8570 3 5. Wie kann bei einem nuklearen Transportunfall weiträumig evakuiert werden, wenn bei schwierigen Wetterlagen keine Personenzüge mehr fahren können und auch der Straßenverkehr beeinträchtigt ist? Es liegt in der Natur der Sache, dass Einsätze des Katastrophenschutzes in der Regel nicht unter optimalen Rahmenbedingungen erfolgen. Die kommunalen Aufgabenträger der Kreise und kreisfreien Städte sind nach dem Gesetz über den Feuerschutz und die Hilfeleistung im Rahmen ihrer Aufgaben zur Gefahrenabwehr verpflichtet, Gefahrenabwehrpläne für Großschadensereignisse sowie Sonderschutzpläne zu erstellen und fortzuschreiben. Diese Pläne sind auf die Vorbereitung der Gefahrenabwehr zur tatsächlichen Schadensbewältigung ausgerichtet und beinhalten abgestuft die möglicherweise erforderlichen Maßnahmen. Dazu zählen auch die Maßnahmen „Räumung“ und „Evakuierung“. Darüber hinaus hat die Landesregierung zahlreiche bundesweit beachtete und Beispiel gebende ABC-Schutz-Konzepte erstellt. Hinsichtlich deren Umsetzung wurden die Kreise und kreisfreien Städte als Aufgabenträger seitens der Landesregierung in den letzten Jahren mit mehr als 10 Millionen Euro bei der Beschaffung von Ausrüstungen u.a. für einen solchen, hier in Rede stehenden Gefahrgutunfall unterstützt.