LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/8689 18.05.2015 Datum des Originals: 18.05.2015/Ausgegeben: 21.05.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3339 vom 16. April 2015 der Abgeordneten Ursula Doppmeier CDU Drucksache 16/8487 Rituelle Gewalt in NRW Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 3339 mit Schreiben vom 18. Mai 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Justizminister und der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend Kultur und Sport beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Rituelle Gewalt ist eine organisierte Gewalt in der schwere Straftaten begangen werden. Sie ist eine extreme und sadistische Form der Gewalt gegen Kinder und Erwachsene. Das umfasst den systematischen sexuellen, körperlichen, emotionalen und seelischen Missbrauch. Rituelle Gewalt findet oft in Sekten und Kulten statt, in denen sie u.a. dazu dient, durch die Kopplung extremer sexueller Gewalterfahrung mit mystischen Erfahrungen den Verlust des Egos einzelner Mitglieder zu erwirken. Rituelle Gewalt wird jedoch nur in den seltensten Fällen bekannt und entsprechend juristisch geahndet. Im Jahr 2013 war der Zeitschrift „Die Kriminalpolizei “ Heft 1, folgendes Zitat des Hamburger Rechtsanwalts R. v. B. zu entnehmen: „Es gibt in Deutschland bis heute keine einzige, strafgerichtliche Verurteilung, die den Unrechtsgehalt ritueller Gewalt insbesondere an minderjährigen Opfern vollständig feststellt“. Der Autor Manfred Paulus, erster Kriminalhauptkommissar a.D. plädiert dafür, rituelle Tatbegehungsweisen als erschwerendes Merkmal in Tatbestände, wie sexuellen Missbrauch, sexuelle Nötigung und bei Vergewaltigungen einzufügen. Gleichzeitig wird die Existenz und Schwere von ritueller Gewalt strafrechtlich dokumentiert und anerkannt. Ebenso würden die Opfer ritueller Gewalt die angemessene Beachtung und Bewertung erfahren. 1. Wie viele Fälle von ritueller Gewalt in NRW sind der Landesregierung bekannt? Fälle von ritueller Gewalt werden in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) nicht explizit erfasst und sind der Landesregierung auch nicht bekannt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8689 2 2. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um rituelle Straftaten aufzu- klären? Die Aufklärung von Straftaten obliegt den Strafverfolgungsbehörden. Nach § 160 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO) hat die Staatsanwaltschaft, sobald sie durch eine Anzeige oder auf einem anderen Wege von einer Straftat Kenntnis erhält, zu ihrer Entschließung darüber, ob die öffentliche Klage zu erheben ist, den Sachverhalt zu erforschen. Nach § 163 Abs.1 StPO haben die Behörden und Beamten, Beamtinnen der Polizei Straftaten zu erforschen und alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten. Den Strafverfolgungsbehörden stehen die in der StPO geregelten Ermittlungsinstrumente zur Verfügung. 3. Sieht die Landesregierung es als notwendig an, zukünftig Fälle von ritueller Ge- walt in der polizeilichen Kriminalstatistik als eigener Tatbestand zu erfassen? Nein. 4. Was gedenkt die Landesregierung präventiv zu tun, um gegen rituelle Gewalt vorzugehen? Im Landesarbeitskreis des „Informations- und Dokumentationszentrums Sekten/Psychokulte (IDZ)“ sind unter Leitung der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Landesstelle Nordrhein-Westfalen e. V(AJS). das Landeskriminalamt NRW, konfessionelle Beratungsstellen , die Sektenbeauftragten der Kirchen , die Katholische Landesarbeitsgemeinschaft Kinder - und Jugendschutz sowie der Evangelische Arbeitskreis Kinder- und Jugendschutz vertreten . In den halbjährlich stattfindenden Fachgesprächen erörtern die Teilnehmerinnen und Teilnehmer u. a. auch Phänomene psychokulter Gefahren und ihre diesbezüglichen Aktivitäten . Darüber hinausgehend informiert die Polizei NRW im Rahmen ihres kriminalpräventiven Auftrages die mit der Erziehung und Bildung von Kindern und Jugendlichen betrauten Zielgruppen über Auffälligkeiten, die ggf. auf Sexualstraftaten zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen hinweisen. Sie stellt dazu Medien des Programms Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes zur Verfügung (z. B. die Broschüren „Kinderschutz geht uns alle an“ und „Missbrauch verhindern“). Die Landesregierung sieht keinen Anlass, darüber hinausgehende Maßnahmen zu veranlassen .