LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/8759 22.05.2015 Datum des Originals: 22.05.2015/Ausgegeben: 28.05.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3369 vom 23. April 2015 des Abgeordneten Gregor Golland CDU Drucksache 16/8532 NRW-Hundertschaften im Dauerstress? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 3369 mit Schreiben vom 22. Mai 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die „Neue Rhein Zeitung“ berichtet, dass die nordrhein-westfälischen Hundertschaften der Polizei durch permanente Einsätze an die Belastungsgrenze kommen und der Innenminister daher verfügt hat, dass Bereitschaftspolizisten bis Ende Juni nicht mehr zur Unterstützung lokaler Einsätze von Kreispolizeibehörden herangezogen werden können. Der Artikel der NRZ vom 18.04.2015 zitiert den GdP-Vorsitzenden: „Unsere Kollegen sind aus den Stiefeln nicht mehr rausgekommen, weil die Zahl der Einsätze, bei denen wir sämtliche Hundertschaften brauchen, nahezu explodiert ist.“ Die Bereitschaftsbeamten sollen in den kommenden Wochen nun Überstunden abbauen und sich erholen. Die GdP bringt schon jetzt eine Verlängerung der „Auszeit für Hundertschaften“ ins Gespräch. Vorbemerkung der Landesregierung Vorrangige Aufgaben der Bereitschaftspolizei sind  die Bewältigung von Einsätzen aus besonderem Anlass einschließlich der Gefahrenlagen nach den Artikeln 35 Abs. 3, 91 Abs. 2 und 115 f GG und LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8759 2  die Unterstützung anderer Länder bei der Bewältigung von Lagen aus besonderem Anlass einschließlich der Gefahrenlagen nach den Artikeln 35 Abs. 3 und 91 Abs. 2 GG sowie  die Unterstützung der Polizeibehörden, insbesondere bei der Gefahrenabwehr, der Kriminalitäts- und Verkehrsunfallbekämpfung im Rahmen von Schwerpunkteinsätzen. Die Aufgabenwahrnehmung ist gemäß dem für die Bereitschaftspolizei grundlegenden Erlass vom 09.03.2012 priorisiert. Einsätze aus besonderem Anlass und die Fortbildung hierfür haben Vorrang vor dem einsatzbedingten Mehrarbeitsausgleich und der Unterstützung der Polizeibehörden im Rahmen von Schwerpunkteinsätzen (Präsenzkonzeptionen und Projekte). Die Belastung der Bereitschaftspolizeihundertschaften bewegt sich seit Jahren auf einem annähernd gleichen Niveau. Durch die Bereitschaftspolizeihundertschaften (BPH) NRW wurden seit 2010 bei nahezu gleichbleibendem Personalbestand folgende Personalstunden insgesamt geleistet: Jahr Personalstunden Gesamt 2010 3.490.064 2011 3.679.608 2012 3.518.290 2013 3.515.808 2014 3.541.355 Die „Personalstunden Gesamt“ verteilen sich dabei wie nachfolgend dargestellt. Jahr Personalstunden BPH Gesamt davon zur Bewältigung von Einsätzen aus besonderem Anlass davon Schwerpunkteinsätze zur Unterstützung KPB davon Fort- bildung davon Sonstige1 2010 3.490.064 1.735.952 (50%) 589.010 (16%) 866.251 (25%) 298.851 (9%) 2011 3.679.608 1.955.559 (53%) 579.199 (16%) 850.816 (23%) 294.036 (8%) 2012 3.518.290 1.730.771 (49%) 618.004 (18%) 889.558 (25%) 279.958 (8%) 2013 3.515.808 1.601.444 (46%) 709.227 (20%) 911.274 (26%) 293.862 (8%) 2014 3.541.355 1.588.513 (45%) 758.115 (21%) 883.202 (25%) 311.525 (9%) 1 bspw. Besprechungen, Mitarbeitergespräche, Gerichtstermine, Sachbearbeitung etc. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8759 3 Seit Dezember 2014 finden auch in Nordrhein-Westfalen demonstrative Aktionen der Gruppierungen PEGIDA etc. statt, zu deren Bewältigung vornehmlich Kräfte der nordrhein-westfälischen Bereitschaftspolizei eingesetzt werden. Im Zeitraum Dezember 2014 bis Februar 2015 hat sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum die Belastung der Bereitschaftspolizei2 durch Einsätze aus besonderem Anlass vor diesem Hintergrund erhöht. Im Vergleichszeitraum ist insbesondere die Anzahl der Einsätze aus Anlass demonstrativer Aktionen von 26 auf 76 gestiegen. Die gesamt geleisteten Personalstunden der Bereitschaftspolizei blieben jedoch nahezu auf gleichem Niveau. Im Einzelnen ergibt sich folgendes Bild: Personalstunden Gesamt Bereitschaftspolizei 32 Dez 13 Jan 14 Feb 14 Gesamt Einsätze aus besonderem Anlass 127.698 66.571 158.009 352.278 Schwerpunkteinsätze 49.403 118.754 73.977 242.134 Fortbildung 59.064 93.944 75.693 228.701 Sonstige Stunden 24.585 43.022 30.890 98.497 Gesamt 260.750 322.291 338.569 921.611 Dez 14 Jan 15 Feb 15 Gesamt Einsätze aus besonderem Anlass 145.409 170.543 230.634 546.585 Schwerpunkteinsätze 41.765 58.553 32.953 133.271 Fortbildung 55.669 69.996 51.726 177.390 Sonstige Stunden 23.494 28.083 21.508 73.086 Gesamt 266.337 327.174 336.821 930.332 Während die Personalstunden zur Bewältigung von Einsätzen aus besonderem Anlass (wie Versammlungen, Veranstaltungen) im Vergleichszeitraum deutlich gestiegen sind (+194.307 Stunden = + ca. 55%), blieb die Gesamtbelastung nahezu konstant (+ ca. 9.000 Stunden). Dies liegt darin begründet, dass Schwerpunkteinsätze (Präsenzkonzeptionen, Projekte = - ca. 45%), Fortbildungsmaßnahmen (- ca. 22%) und Sonstige Stunden (- ca. 26%) in geringerem Maße wahrgenommen wurden. 1. Wie lautet der genaue Wortlaut der Verfügung des Innenministers? (Bitte in Gänze wiedergeben.) Der Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 16.04.2015, der an das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste adressiert ist, lautet wie folgt: 2 Abteilungsführungen, BPH und Technische Einsatzeinheiten 2 Abteilungsführungen, BPH und Technische Einsatzeinheiten LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8759 4 „Gemäß Bezugserlass3 haben Einsätze aus besonderem Anlass und die Fortbildung hierfür Vorrang vor dem einsatzbedingten Mehrarbeitsausgleich und der Unterstützung der Polizeibehörden im Rahmen von Schwerpunkteinsätzen. Vor dem Hintergrund der aktuellen und unabsehbaren Belastung der Bereitschaftspolizei aus Anlass von Einsätzen aus besonderem Anlass bitte ich im Sinne der Priorisierung im Bezugserlass bis zum 01.07.2015 Kräfte der Bereitschaftspolizei nur noch unter Anlegung eines strengen Maßstabes für Schwerpunkteinsätze vorzusehen. Bereits durch das LZPD genehmigte Präsenzkonzeptionen/Projekte im Zusammenhang mit der Gewährleistung der Sicherheit an Asylbewerber- und Flüchtlingsunterkünften bleiben hiervon unberührt. Bei geplanten landesweiten Schwerpunkteinsätze bzw. Landesprojekten behalte ich mir die Entscheidung über den Einsatz von Kräften der Bereitschaftspolizei vor.“ 2. Wer schützt nun konkret Veranstaltungen, die bisher von Hundertschaften begleitet wurden? (Bitte nach Polizeibehörden und Polizeieinheiten auflisten.) Die Wahrnehmung von Einsätzen aus besonderem Anlass durch die Bereitschaftspolizei ist von den Regelungen des zitierten Erlasses vom 16.04.2015 unberührt. Daher werden auch Einsätze aus Anlass von Veranstaltungen durch die Bereitschaftspolizei unverändert wahrgenommen, sofern die jeweilige Lagebeurteilung einen Einsatz dieser Einsatzkräfte angezeigt erscheinen lässt. 3. Wie viele Einsätze hatten die nordrhein-westfälischen Hundertschaften in den Jahren 2010 bis April 2015? (Bitte nach Datum, Ort, Anlass, Einsatzstärken auflisten.) Auf Landesebene liegen die erbetenen Daten für den genannten Zeitraum nicht automatisiert abrufbar vor. Eine Erhebung dieser Daten wäre nur händisch und mit hohem Verwaltungsaufwand möglich. In der zur Bearbeitung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit war eine solche Datenauswertung nicht möglich. Darüber hinaus wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. 4. Wie hoch ist der Stand der Überstunden bei den nordrhein-westfälischen Hundertschaften in den Jahren 2010 bis heute mit Stand vom jeweils 1. eines Monats gewesen? Auf Landesebene liegen die erbetenen Daten für den genannten Zeitraum nicht automatisiert abrufbar vor. Eine Erhebung dieser Daten wäre nur mit hohem Verwaltungsaufwand möglich. In der zur Bearbeitung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit war eine solche Datenauswertung nicht möglich. 3 Im Bezug ist der grundlegende Erlass für die Bereitschaftspolizei NRW vom 09.03.2012 aufgeführt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8759 5 Die angefallenen Mehrarbeitsstunden der Bereitschaftspolizei sowie der Polizeisonderdienste und Spezialeinheiten in 2014 können der Landtagsvorlage 16/2872 entnommen werden. 5. Warum erfährt die Bereitschaftspolizei keine personelle Verstärkung? Das Land Nordrhein-Westfalen verfügt im Vergleich zu anderen Ländern über den größten Personalkörper an Kräften der Bereitschaftspolizei. Insgesamt umfasst die Bereitschaftspolizei NRW ca. 2.415 Beamtinnen und Beamte, aufgegliedert in drei Abteilungsführungen, 18 Bereitschaftspolizeihundertschaften und drei Technische Einsatzeinheiten. Darüber hinaus stehen anlassbezogen bis zu 18 Alarmzüge zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund und der in den letzten Jahren gleichbleibenden Belastung der Einheiten der Bereitschaftspolizei ist derzeit nicht beabsichtigt, die Einheiten der Bereitschaftspolizei zu Lasten anderen Organisationseinheiten personell zu verstärken.