LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/8776 27.05.2015 Datum des Originals: 26.05.2015/Ausgegeben: 01.06.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3350 vom 16. April 2015 des Abgeordneten Dr. Günther Bergmann CDU Drucksache 16/8499 Kinderärztliche Versorgung im Kreis Kleve verbessern Die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter hat die Kleine Anfrage 3350 mit Schreiben vom 26. Mai 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Versorgung des Kreises Kleve mit Kinderärztinnen und Kinderärzten ist geographisch unausgeglichen und in Summe unzureichend. Mit Blick auf absehbare Schließungen von Kinderarztpraxen (derzeit gibt es 14 niedergelassene Ärztinnen und Ärzte und drei an Krankenhäuser angeschlossene Praxen) ist zeitnahes Handeln ein Muss. Das wird auch durch die Altersstruktur bei Kinderärztinnen und -ärzten im Kreis Kleve deutlich: nur sechs von ihnen sind unter 50, aber acht über 60 Jahre alt. Auslöser der Problematik sind die von der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) zu Grunde gelegten Anhaltszahlen, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) vorgegeben werden. Sie basieren auf Bevölkerungszahlen von 1990 und wurden 1996 und 2013 nur dezent angepasst. Man muss an dieser Stelle von veraltetem Zahlenmaterial sprechen , da zwischenzeitlich eingetretenes Bevölkerungswachstum in nicht ausreichender Weise einfloss. So stieg laut IT.NRW die Zahl der Einwohner im Kreis Kleve von 269.149 (31.12.1990) um rund elf Prozent auf 302.698 (31.12.2013). Zum Vergleich Düsseldorf: 575.794 (31.12.1990) auf 598.686 (31.12.2013), was einem Wachstum von unter vier Prozent entspricht. Laut IT.NRW waren am 31.12.2013 rund 52.400 Personen (17,3 Prozent) der Einwohner im Kreis Kleve zwischen einem und 18 Jahren alt (Düsseldorf: 91.000 Personen, 15,2 Prozent). Davon ausgehend ergibt sich, dass im Kreis Kleve statistisch mehr als 3.062 Ein- bis 18- Jährige auf jede der 17 Kinderarztpraxen kommen, während in Düsseldorf nur rund 1.950 Kinder auf jede der 46,5 Praxen entfallen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8776 2 Wegen dieser hohen Zahl kommt es im Kreis Kleve vermehrt zur Problemverlagerung auf Hausärztinnen und Hausärzte. Zunehmend sind Eltern dazu gezwungen, wegen der wenigen Kinderärztinnen und Kinderärzte und somit langen Wartezeiten bzw. Patientenaufnahmestopps zu Hausärztinnen und Hausärzten zu gehen, sodass es dort zu zusätzlichen Engpässen kommt. Da die Daseinsfürsorge des Staates bekanntlich nicht an der Tür einer Kammer endet, gilt es für die Politik, möglicherweise gravierenden Fehlentwicklungen auf diesem Gebiet zeitnah entgegenzuwirken. Vorbemerkung der Landesregierung Für die gesetzliche Sicherstellung der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung sind die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) zuständig. Die KVen stellen dazu im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen nach Maßgabe der vom Gemeinsamen Bundesausschuss erlassenen Richtlinien auf Landesebene einen Bedarfsplan auf, der jeweils der Entwicklung anzupassen ist. Die Länder können dazu Stellung nehmen und haben ein Beanstandungsrecht, sollten Rechtsverstöße vorliegen. 1. Werden die Berechnungsgrundlagen der KVNO vom Landesgesundheitsministe- rium kontrolliert? Die Berechnungsgrundlagen für die Erstellung des Bedarfsplans ergeben sich aus den Vorgaben des Gemeinsamen Bundesaus-schusses (G-BA) bzw. aus der BedarfsplanungsRichtlinie des G-BA und werden regelmäßig überprüft und ggf. angepasst. Das Land hat hier keine Einflussmöglichkeiten oder Kompetenzen. 2. Welche regelmäßigen Kontrollmechanismen hat das Landesgesundheitsministe- rium gegenüber der KVNO? Hierzu wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Das Land erhält Gelegenheit zur Stellungnahme , sobald die KV gemeinsam mit dem Landesverband der Krankenkassen und den Ersatzkassen einen Bedarfsplan aufgestellt hat und kann diesen beanstanden, falls ein Rechtsverstoß vorliegt. 3. Plant die Landesregierung eine Initiative, dass im G-BA ein Ausgleich für die be- troffenen Beitragszahler in unterversorgten Bezirken wegen der aus dem Ärztemangel resultierenden schlechteren Patientenversorgung erreicht wird? Nein. Eine entsprechende Initiative stünde im klaren Widerspruch zu den Prinzipien des deutschen Sozialversicherungsrechts. Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) finanziert sich durch Beiträge und sonstige Einnahmen. Der Beitragssatz ist gesetzlich festgelegt und berücksichtigt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Versicherten. Versicherte in der GKV haben alle den gleichen Anspruch auf Leistungen im Rahmen der medizinischen Versorgung , die im SGB V definiert sind, unabhängig vom Einkommen, vom Wohnort und vom jeweiligen regionalen Versorgungsangebot. Für die Sicherstellung der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung (siehe auch Vorbemerkung ), die die kinderärztliche Versorgung mit einschließt, sind die KVen zuständig. Sicherstellung bedeutet aber nicht, dass das medizinische Versorgungsangebot überall auf dem gleichen bzw. gleich hohen Niveau liegen muss. Regionale Versorgungsunterschiede sind LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8776 3 Realität und nicht zu vermeiden, u.a. auch wegen des Prinzips der Niederlassungsfreiheit für Ärztinnen und Ärzte, sofern ein Planungsbereich für eine bestimmte Arztgruppe nicht gemäß den Vorgaben der ambulanten Bedarfsplanung überversorgt und deshalb für weitere Niederlassungen gesperrt ist. Im Übrigen wird darauf verwiesen, dass die kinderärztliche Versorgung im Kreis Kleve nach den einschlägigen Regelungen der ambulanten Bedarfsplanung rechnerisch sichergestellt ist und der Versorgungsgrad 128,8 Prozent beträgt. 4. Plant die Landesregierung eine Initiative, damit den Kinderärztinnen und Kinder- ärzten im Kreis Kleve wegen der erhöhten Arbeitsbelastungen ein höheres Budget zugewiesen werden kann? 5. Plant die Landesregierung eine Initiative, die Deckelung des Regelleistungsvo- lumens bei den Kinderärztinnen und Kinderärzten in ländlichen Gebieten aufzuheben , um eine Attraktivitätssteigerung für Praxisübernahmen und Neuniederlassungen durch Jungärztinnen und -ärzte dort zu erreichen? Nein. Die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen ist eine ausschließliche Angelegenheit der Selbstverwaltung.