LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/8923 08.06.2015 Datum des Originals: 08.06.2015/Ausgegeben: 11.06.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3404 vom 4. Mai 2015 der Abgeordneten Christof Rasche, Angela Freimuth und Dirk Wedel FDP Drucksache 16/8812 Stillstand bei der Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrags Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 3404 mit Schreiben vom 8. Juni 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister, dem Justizminister, der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport und der Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der Glücksspielstaatsvertrag ist am 1. Juli 2012 in Kraft getreten. Nachdem die Europäische Kommission in der Notifizierung des GlüÄndStV Kritik an dessen Entwurf geäußert hat, wurde zwischen Bundesländern und EU-Kommission vereinbart, dass die Länder zwei Jahre nach Inkrafttreten einen Zwischenbericht zur Evaluierung des Glücksspielstaatsvertrages vorlegen. Unter anderem anlässlich des Zwischenberichtes, den die Länder im November 2014 vorgelegt haben, berichtete der Chef der Staatskanzlei, Herr Franz-Josef Lersch-Mense, im Januar dem Hauptausschuss des Landtages zum Tagesordnungspunkt „Zukunftsperspektive Lotteriemonopol, Novellierung Glücksspielstaatsvertrag“ (APr 16/806). Was die Umsetzung des Staatsvertrages angehe, liege die Landesregierung weitgehend im Plan. Leider sei festzustellen , dass die Implementierung des Sportwettkonzessionsverfahrens unbefriedigend und zurzeit keine belastbare Prognose über die weitere Verfahrensdauer möglich sei. Der Chef der Staatskanzlei berichtete im Ausschuss außerdem von der Erörterung des Zwischenberichtes zwischen den Ländern (vertreten durch den Chef der Staatskanzlei SachsenAnhalt ) und dem stellvertretenden Vorsitzenden der Generaldirektion Markt der Europäischen Kommission im Herbst 2014. Demnach sehe die EU-Kommission im Ergebnis noch Probleme in den Bereichen Sportwetten und Online-Glücksspiel. Es seien weitere Gespräche mit der Kommission geplant. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8923 2 Das Konzessionsverfahren läuft seit Herbst 2012. Bisher wurden keine Konzessionen vergeben . Laut Presseberichten ist nicht absehbar, wann die Vergabe der Konzessionen erfolgen kann. Aus Kritik am Vergabeverfahren hat kürzlich der von den Ländern eingesetzte Sportbeirat seine Arbeit vorerst niedergelegt. In einer Pressemitteilung des Deutschen Olympischen Sportbundes vom 17. April 2015 heißt es dazu: „Der Sportbeirat empfindet es als Brüskierung durch das Kollegium der Glücksspielreferenten der Länder, dass in seinem Zwischenbericht zur Evaluierung des Staatsvertrages die schriftlich geäußerte ausdrückliche Kritik des Sportbeirates an den offenkundigen Mängeln des Verfahrens keinen Eingang gefunden hat.“ Unabhängig von der nicht erfolgten Konzessionsvergabe wird seit 2012 die eingeführte Sportwettsteuer von den Anbietern gezahlt, deren Einnahmen sich im Jahr 2014 auf bundesweit 225 Mio. Euro beliefen. Vorbemerkung der Landesregierung Nach § 32 des Glücksspielstaatsvertrags vom 15. Dezember 2011 - GlüStV - sind die Auswirkungen dieses Vertrages, insbesondere der §§ 4a bis 4e, 9, 9a und 10a, auf die Entwicklung und Ausbreitung von unerlaubten Glücksspielen in Schwarzmärkten von den Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder unter Mitwirkung des Fachbeirats zu evaluieren. Ein zusammenfassender Bericht ist fünf Jahre nach Inkrafttreten des Staatsvertrages - mithin zum 1. Juli 2017 - vorzulegen. Der in der Kleinen Anfrage angesprochene Zwischenbericht, den die Länder im November 2014 vorgelegt haben, ist nicht ein vorweggenommener Teil dieses noch zu erstellenden Evaluierungsberichtes, sondern dient insbesondere zur Beantwortung von Fragen der Europäischen Kommission im Zusammenhang mit der Notifizierung des Glücksspielstaatsvertrages und im folgenden Dialog mit den Ländern. Daher kann er von Zielsetzung , Zeitpunkt, Inhalt und Verfahren nicht mit dem gesetzlich geforderten Evaluierungsbericht gleichgesetzt werden. 1. Wie beabsichtigt die Landesregierung die von der EU- Kommission gegenüber den Ländern in den Bereichen Sportwetten und Online-Glücksspiel benannten Probleme beim GlüStV zu beheben? (Bitte einzeln nach den Jeweils benannten Problemen erläutern.) Zentraler Gegenstand des Interesses der Europäischen Kommission im Bereich der Sportwetten ist die Dauer des Verfahrens zur Erteilung der Konzessionen. Insoweit ist - was im Gespräch mit der Europäischen Kommission im November 2014 erläutert wurde - zu berücksichtigen , dass die Erteilung der Konzessionen entsprechend der im August 2014 getroffenen Auswahlentscheidung wegen der noch anhängigen Gerichtsverfahren noch nicht möglich ist. Mittlerweile liegen mehrere Gerichtsentscheidungen vor, die jedoch das bisherige Verfahren unterschiedlich bewerten. Während das Verwaltungsgericht Wiesbaden in zwei Entscheidungen (Beschluss vom 16. April 2015 - 5 L 1448/14.WI - und Beschluss vom 5. Mai 2015-5 L 1453/14.WI) verschiedene Durchführungsmängel und konzeptionelle Defizite des Konzessionsverfahrens gerügt hat, sind das Oberverwaltungsgericht Berlin- Brandenburg (Beschluss vom 12. Mai 2015-OVG 1 S 102.14), das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (Urteil vom 17. Februar 2015 - 19 K. 5808/12) und das Verwaltungsgericht München (Beschluss vom 18. März 2015 - M 16 E 14.4518) zu dem gegenteiligen Ergebnis gekommen, dass das Verfahren keinen rechtlichen Bedenken begegne und nicht zu beanstanden sei. Aus Sicht der Landesregierung bleibt daher die weitere gerichtliche Klärung abzuwarten, bevor auf LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8923 3 belastbarer Grundlage entschieden werden kann, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen für das Konzessionsverfahren zu ergreifen oder dem Gesetzgeber zu empfehlen sind. In Bezug auf das Online-Glücksspiel wurde von der Europäischen Kommission in allgemeiner Form das Vorgehen gegen illegale Anbieter thematisiert. Diesbezüglich haben die Glücksspielaufsichtsbehörden ihr Vorgehen im Jahr 2014 koordiniert. Sie wirken mit einem Bündel von Maßnahmen der Ausbreitung unerlaubter Glücksspielangebote in Schwarzmärkten und der Werbung hierfür entgegen. Hervorzuheben sind insoweit die gemeinsamen Leitlinien für den Vollzug, konkrete Verfahrensabsprachen zu Unterstützungsmöglichkeiten und arbeitsteiligem Vorgehen, die zentrale Erfassung sämtlicher Vollstreckungsmaßnahmen der Länder und das Festhalten erfolgreicher Vorgehensweisen, ein regelmäßiger länderübergreifender Austausch über die Vollstreckungstätigkeit, die laufenden Vorbereitungen zur Unterbrechung von Zahlungsströmen und die länderübergreifende Abstimmung der Zusammenarbeit mit den Medienaufsichten. 2. Welche weiteren Gespräche haben nach dem Treffen des Chefs der Staatskanzlei Sachsen-Anhalt mit dem Vertreter der Generaldirektion Markt im November 2014 zwischen den Ländern und der EU- Kommission zum Thema GlüStV stattgefunden ? (Bitte jeweils die Vertreter der Länder und das Thema der Gespräche benennen .) Folgetermine zu dem Gespräch im November 2014 haben bisher nicht stattgefunden. Eine Erfassung der Gespräche, die zwischen Vertretern einzelner anderer Länder und der Europäischen Kommission über Fragen der Glücksspielregulierung in Deutschland geführt werden , nimmt die Landesregierung nicht vor. 3. Warum wurden die Vorschläge des Sportbeirates in der Evaluierung nicht be- rücksichtigt? Nach § 15 S. 2 der Verwaltungsvereinbarung Glücksspielstaatsvertrag vom 23. Mai 2012 - VwVGlüStV - unterstützt der Sportbeirat in beratender Funktion die Länder im Vorfeld der Ausschreibung der Konzessionen sowie bei der Evaluierung des Glücksspielstaatsvertrages nach § 32 S. 1 GlüStV, insbesondere hinsichtlich des Ziels nach § 1 S. 1 Nr. 5 GlüStV, den Gefahren für die Integrität des sportlichen Wettbewerbs beim Veranstalten und Vermitteln von Sportwetten vorzubeugen. Der Sportbeirat ist seiner sachverständigen Beratungsfunktion nachgekommen und hat für den Zwischenbericht einen Beitrag zur Integrität des Sports beigesteuert, der dort aufgenommen wurde. Mit Blick auf die in der Vorbemerkung der Landesregierung beschriebene Zielsetzung und Aufgabenstellung des Zwischenberichtes war es jedoch nicht vorgesehen, Beiträge des Sportbeirates, die über die spezifische Aufgabenstellung hinausgehen, dort aufzunehmen. Soweit im Übrigen allgemein die inhaltliche Kritik zum Konzessionsverfahren angesprochen wird, verweist die Landesregierung auf die Antwort zur Frage 1. 4. Welche Maßnahmen sind aus Sicht der Landesregierung notwendig, um die im Staatsvertrag vorgesehene und bisher nicht erfolgte Implementierung der Sportwettenregulierung nachzuholen? Vergleiche die Antwort zur Frage 1. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8923 4 5. Wie entwickeln sich die Einnahmen des Landes Nordrhein- Westfalen aus Glücksspielen seit 2004 prognostiziert bis 2017? (Bitte getrennt nach Einnahmen aus Lotterien und Sportwetten angeben.) Die Entwicklung der Einnahmen ist den nachfolgenden Tabellen zu entnehmen. Von einer Übermittlung der Prognosewerte für die Jahre 2016 und 2017 aus der Mittelfristigen Finanzplanung 2014-2018 wurde abgesehen, da diese Werte zwischenzeitlich überholt sind. Die neue Mittelfristige Finanzplanung 2015-2019 ist derzeit noch nicht erstellt. Einnahmen aus der Totalisatorsteuer, der Rennwettsteuer, der Lotteriesteuer sowie der Sportwettensteuer im Landeshaushalt NRW im Zeitraum 2004 - 2015 1) Nach § 17 Abs. 2 des Rennwett- und Lotteriegesetzes unterliegen Wetten aus Anlass von Sportereignissen (Sportwetten) seit dem 1. Juli 2012 einer Steuer. Bis einschließlich 2014 wurden die Einnahmen aus der Sportwet- tensteuer bei der Lotteriesteuer erlasst. 2) Ausgewiesen sind die Soll-Ansätze 2015 Konzessionseinnahmen und sonstige Einnahmen (ohne Steuereinnahmen) aus den von WestLotto veranstalteten Glücksspielen im Zeitraum von 2004 - 2015 Bezeichnung des Ist-Einnahmen 2004 Ist-Einnahmen 2005 Ist-Einnahmen 2006 Ist-Einnahmen 2007 Ist-Einnahmen 2008 Ist-Einnahmen 2009 Glücksspiels - in EUR - Fußball-Toto *1) 5.655.917,93 5.028.346,16 4.066.212,56 4.711.362,46 3.211.138,50 3.310.254,94 Zahlenlotto 290.931.206,61 293.243.254,73 287.375.845,97 268.823.534,84 238.428.111,94 252.570.903,11 "KENO" 9.050.956,20 9.434.956,40 8.116.912,40 6.421.480,00 5.856.352,00 Eurojackpot "Super 6" 43.151.113,80 41.396.175,15 40.820.621,58 40.791.134,22 36.194.650,52 38.262.203,54 "PLUS 5" 1.036.185,75 1.001.572,35 ■ 842.504,85 692.022,90 605.047,65 Oddset-Wetten 17.076.651,39 14.120.324,44 10.937.164,92 15.485.644,29 17.744.708,00 6.613.592,49 Losbrieflotterie 6.832.389,56 6.637.512,09 6.446.193,64 6.039.402,70 5.408.438,48 6.915.452,72 "Spiel 77” 62.607.284,18 57.987.849,61 57.554.323,61 60.465.430,98 50.590.184,39 53.110.329,97 Summe der Einnahmen 426.254.563,47 428.500.604,13 417.636.891,03 405.275.926,74 358.690.734,73 367.244.136,42 Totalisatorsteuer | Rennwettsteuer | Lotteriesteuer1) | Sportwettensteuer11 - in Mio. EUR - 10.6 0.5 392,2 0.0 8.9 0.1 373,7 0,0 5,0 0.1 389,5 0,0 4.1 • 0.0 359,1 0,0 3,3 0,0 310,9 0,0 3.2 0.0 322,3 0,0 2.8 0.0 314,2 0,0 2.6 0.1 ' 310,8 0,0 1.5 -0,1 294,2 0,0 0.7 0.1 371,8 0,0 0.7 0.3 356,6 0,0 1.0 0,0 - 365,0 47,0 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8923 5 Bezeichnung des Ist-Einnahmen 2010 Ist-Einnahmen 2011 Ist-Einnahmen 2012 Ist-Einnahmen 2013 Ist-Einnahmen 2014 Soll-Ansatz im __ HaushalL2015 Glücksspiels - in EUR - Fußball-Toto *1) 3.183.683,15 2.851.810,67 2.770.679,70 2.600.916,63 2.631.132,57 2.800.000,00 Zahlenlotto 232.083.509,54 224.964.683,02 205.026.970,38 231.073.346,39 224.700.028,64 242.000.000,00 "KENO" 5.768.487,00 5.175.796,40 4.571.769,60 3.896.848,40 4.435.057,20 4.800.000,00 Eurojackpot 19.045.075,21 31.192.649,88 38.152.200,20 35.200.000,00 “Super 6" 35.369.963,06 32.598.257,93 28.847.618,04 27.642.421,32 25.188.493,83 26.800.000,00 "PLUS 5" 601.314,30 552.517,50 473.586,60 466.946,85 447.022,95 460.000,00 Oddset-Wetten 6.264.983,82 7.670.826,14 6.725.679,81 2.378.879,77 241.952,40 0,00 Losbrieflotterie 7.127.087,16 6.961.465,65 8.126.504,19 7.783.545,02 8.778.079,81 8.600.000,00 "Spiel 77" 61.010.977,11 76.138.899,23 68,050.712,62 65.277.401,66 59.797.643,69 63.600.000,00 Summe der Einnahmen 351.410.005,14 356.914.256,54 343.638.596,15 372.312.955,92 364.371.611,29 384.260.000,00 *1) Anmerkung für den Zeitraum bis einschließlich 2007: Die hier dargestellten Ist-Konzessionseinnahmen aus dem Fußball-Toto erfassen sowohl den Teil, der außerhalb des Landeshaushaits zweckgebunden veraus- gabt wurde, als auch etwaige darüber hinausgehende Beträge, die im Landeshaushalt vereinnahmt wurden.