LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/8948 11.06.2015 Datum des Originals: 11.06.2015/Ausgegeben: 16.06.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3355 vom 15. April 2015 des Abgeordneten Oskar Burkert CDU Drucksache 16/8505 Wie positioniert sich die Landesregierung zu einem einheitlichen Berufsabschluss bei den Pflegeberufen? Die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter hat die Kleine Anfrage 3355 mit Schreiben vom 11. Juni 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister, dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales und der Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die demografische Entwicklung und der zunehmende Fachkräftemangel in den Pflegeberufen macht es dringend erforderlich, die Pflegeberufe attraktiver zu gestalten. Ein Ansatz könnte die Generalisierung der Pflegeausbildungen sein, also eine Zusammenführung der Ausbildungen von Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflegern. Ein entsprechender Gesetzentwurf für ein neues Pflegeberufegesetz soll in diesem Sommer von Seiten der Bundesregierung vorliegen. Vorbemerkung der Landesregierung Die pflegerische Versorgung ist eine der wesentlichen Herausforderungen unserer Gesellschaft , die sich in Zukunft noch verschärft stellen wird. Qualitativ gut ausgebildete und quantitativ ausreichende pflegerische Fachkräfte sind eine wesentliche Säule zur Bewältigung dieser Herausforderungen. NRW stellt deshalb die Reform der Pflegeausbildungen in einen gesellschaftlichen Verantwortungskontext und hat in der Diskussion um die gemeinsame Ausbildung gegenüber den zuständigen Bundesministerien folgende Prämissen formuliert, denen die Einführung einer gemeinsamen Pflegeausbildung entsprechen muss: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8948 2 1. Die inhaltliche Ausrichtung einer gemeinsamen Ausbildung muss so gestaltet sein, dass die Ausbildung gleichwertig auf die möglichen Einsatzfelder vorbereitet; gerade die Lerninhalte und Schlüsselkompetenzen der bisherigen Altenpflegeausbildung müssen aufgrund der zunehmenden Zahl alter und hochaltriger pflegebedürftiger Menschen erhalten bleiben. 2. Die Anzahl der Ausbildungsverhältnisse muss mindestens konstant bleiben, mittelfristig sollte sie bundesweit gesteigert werden. Dazu bedarf es einer guten Abstimmung mit den Ausbildungsträgern, um die Ausbildungsbereitschaft aller Träger zu sichern. Zusätzliche Zugangsbarrieren wie z.B. die Anhebung der Zugangsvoraussetzung ohne zwingenden Grund müssen vermieden werden. 3. Die Finanzierung der Ausbildung muss dem Umstand Rechnung tragen, dass die Ausbildung der Sicherstellung des künftig wachsenden Fachkraftbedarfes und nicht nur der aktuellen Versorgung dient. Daher ist die Finanzierung als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu betrachten. Eine übermäßige Kostenbelastung der Pflegebedürftigen bei den Ausbildungskosten ist hierbei nicht hinnehmbar. Die Finanzierungsbeteiligung der Länder kann maximal im bisherigen Umfang fortgeführt werden. Die gleichmäßige Beteiligung aller Länder an der gesamtgesellschaftlichen Ausbildungsverantwortung muss sichergestellt werden. Der Bund muss sich an der Finanzierung angemessen beteiligen. Die Finanzierungsregelungen müssen transparent und zielgenau sein. 1. Unterstützt die Landesregierung den geplanten generalistischen Ansatz der Bundesregierung durch Billigung des geplanten Pflegeberufegesetzes im Bundesrat ? Der Reformprozess ist noch offen. Das zuständige Ministerium für Gesundheit, Emanzipation , Pflege und Alter hat im Februar 2015 eine Stellungnahme zum Reformvorhaben an den Bund abgegeben, in dem verschiedene kritische Bereiche des Vorhabens bzw. der aktuellen Umsetzungspläne der Bundesregierung (Stand: Diskussionspapier November 2014) deutlich benannt sind. Die Einführung einer gemeinsamen Ausbildung nach den bisherigen Plänen der Bundesregierung würde aus unserer Sicht deutlich mehr Risiken als Chancen bergen. Die Zustimmung NRWs im Bundesrat hängt von der Ausgestaltung des Referentenentwurfs des Bundes – gerade im Hinblick auf die in den Vorbemerkungen genannten Prämissen - ab. 2. Welche Zugangsvoraussetzungen (Schuljahre und Schulabschluss) sollten die Schulabgänger vorweisen, um die Pflegeausbildung bzw. eine Pflegehelferausbildung zu absolvieren? NRW hat gute Erfahrungen mit der „sonstigen zehnjährigen allgemeinen Schulbildung“ als Zugangsvoraussetzung für die Fachkraftausbildung gemacht. Hierbei wird der Hauptschulabschluss nach Klasse 10 ohne Fachoberschulreife erlangt. Sowohl in der Kranken- als auch in der Altenpflege zeigen sich seit Einführung dieser Zugangsvoraussetzung keine Veränderungen in der Erfolgsquote der Ausbildungsabschlüsse. NRW fordert die Beibehaltung dieses Schulabschlusses in der gemeinsamen Pflegeausbildung . Auf das Potential dieser Zielgruppe kann auch im Rahmen sinkender Schülerzahlen nicht verzichtet werden. Junge Menschen mit einem entsprechenden Schulabschluss sollten unmittelbar bei der Erlangung eines Fachkraftabschlusses unterstützt werden. Sie auf eine Helferausbildung zu verweisen, lehnen wir dagegen ab, da dies dem Fachkräftebedarf nicht LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8948 3 gerecht wird und den jungen Menschen – gerade angesichts der derzeit hohen Teilzeitquoten in den Pflegeberufen – oft kein existenzsicherndes Einkommen sichert. Die Gestaltung der Pflegehelferausbildung ist nicht Gegenstand der Reform; auch hier sehen wir aber keinen Änderungsbedarf. 3. Rechnet die Landesregierung damit, dass für die Umsetzung des geplanten Pfle- geberufegesetzes des Bundes bestehende Alten- oder Krankenpflegeschulen in Nordrhein-Westfalen geschlossen oder zusammengelegt werden müssen (mit Angabe der Anzahl)? Welche Auswirkungen die gemeinsame – und damit auch im schulischen Ausbildungsanteil einheitliche – Ausbildung auf die Struktur der Bildungseinrichtungen haben wird, ist derzeit nicht absehbar. 4. Unterstützt die Landesregierung die Forderung anderer Bundesländer nach einer ergänzenden, dualen akademischen Pflegeausbildung auf Bachelorniveau durch die Herbeiführung der erforderlichen Abstimmung zwischen den beteiligten Ministerien in Nordrhein-Westfalen bis zum Sommer 2015? NRW unterstützt nachdrücklich die Neugestaltung der akademischen Pflegeausbildung auf Bachelorniveau. Dies entspricht der Vorreiterrolle Nordrhein-Westfalens auf dem Gebiet der modellhaften Entwicklung hochschulischer Ausbildung für die Pflege- und Gesundheitsberufe . 5. Soll es nach Ansicht der Landesregierung einheitliche Empfehlungen einer Fachkommission auf Bundesebene für die Lehrplaninhalte einer generalistischen Pflegeberufs- sowie einer akademischen Zusatzausbildung geben? NRW unterstützt die Einrichtung einer Fachkommission auf Bundes-ebene, um für den generalistischen Pflegeberuf bundeseinheitliche Empfehlungen zu einem Rahmenlehr- und Ausbildungsplan zu entwickeln. Der Rahmenlehrplan sollte kompetenzorientiert ausgerichtet sein und die theoretischen und praktischen Lehrinhalte ausweisen. Dies ist notwendig, um eine einheitliche Ausbildungsqualität zu gewährleisten. Über die Ausgestaltung des Curriculums der akademischen Pflegeausbildung und der im Sinne des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung staatlich verantworteten Qualitätssicherung kann erst nach Abschluss der Diskussion über die strukturellen Grundlagen der akademischen Ausbildung entschieden werden.