LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/8949 11.06.2015 Datum des Originals: 11.06.2015/Ausgegeben: 16.06.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3356 vom 15. April 2015 des Abgeordneten Oskar Burkert CDU Drucksache 16/8506 Wie positioniert sich die Landesregierung zur Finanzierung eines geplanten einheitlichen Berufsabschluss bei den Pflegeberufen? Die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter hat die Kleine Anfrage 3356 mit Schreiben vom 11. Juni 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Ein Ansatz zur Attraktivitätssteigerung der Pflegeberufe könnte die Generalisierung der Pflegeausbildungen sein, also eine Zusammenführung der Ausbildungen von Kranken-, Kinderkranken - und Altenpflegern. Ein entsprechender Gesetzentwurf für ein neues Pflegeberufegesetz soll in diesem Sommer von Seiten der Bundesregierung vorliegen. Ein wichtiger Aspekt jeder Ausbildung ist die Frage der Finanzierung. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung unterstützt grundsätzlich eine einheitliche Finanzierung der neuen Ausbildung. Die Finanzierung der gemeinsamen Pflegeausbildung muss dabei dem Umstand Rechnung tragen, dass die Ausbildung der Sicherstellung des künftig wachsenden Fachkraftbedarfes und nicht nur der aktuellen Versorgung dient. Sie zu finanzieren ist daher eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Auch die Pflegeausbildung im Bereich SGB XI muss daher im System einer gemeinsamen, einheitlichen Ausbildung solidarisch und damit aus der Pflegeversicherung finanziert werden. Eine solche solidarische Finanzierung hat auch die Sozialministerkonferenz der Länder im November letzten Jahres mit großer Mehrheit gefordert. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8949 2 Hinsichtlich der Finanzierung der schulischen Ausbildung hat NRW in den letzten vier Jahren sein finanzielles Engagement deutlich erhöht. Von 32 Mio. € im Jahr 2010 ist der entsprechende Haushaltsansatz im Jahr 2015 auf 60 Mio. € gesteigert worden. Eine weitere Ausgabensteigerung durch eine vom Bund beschlossene Ausbildungsreform ist angesichts des Konsolidierungsbedarfs des Landeshaushalts nicht darstellbar. Die Finanzierungsbeteiligung der Länder kann daher maximal im bisherigen Umfang fortgeführt werden. Dabei ist eine gleichmäßige Beteiligung aller Länder an der gesamtgesellschaftlichen Ausbildungsverantwortung sicherzustellen. Die Finanzierungsregelungen müssen transparent und zielgenau sein. Der den Ländern derzeit vorliegende Finanzierungsvorschlag des Bundes ist vor dem Hintergrund dieser Prämissen abzulehnen. Der Bund sieht einen Länderanteil an der Finanzierung von 8,9 % vor. Dieser Anteil ist auf jeden Fall zu überprüfen. Das dem Finanzierungsmodell zugrunde liegende Finanzierungsgutachten im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums ist nur eine Momentaufnahme und enthält wegen eines lückenhaften Datenbestandes zahlreiche (nicht zutreffende) Grundannahmen der Gutachter. Laut Gutachten ist die gemeinsame Pflegeausbildung bundesweit jährlich ca. 305 Mio. Euro „teurer“. Die vorgeschlagene Festschreibung der bisherigen Finanzierungsanteile verhindert dabei nicht, dass die Länder an diesen Mehrkosten beteiligt sind oder auch zukünftig über die Fondsbeteiligung (Mehr-) Kosten tragen, für die sie bislang nicht verantwortlich waren. Unzureichend ist auch die vom Bund vorgeschlagene Beteiligung der Pflegeversicherung an den Landesfonds in Höhe von lediglich 1,8 Prozent. Das Finanzierungsmodell des Bundes sieht außerdem weiterhin im Bereich der Pflegeeinrichtungen und ambulanten Dienste eine Refinanzierung von Umlagebeträgen über die Pflegesätze vor. Damit wird das Erfordernis einer solidarischen Finanzierung nicht umgesetzt. Schließlich ist auch der Bund gefordert, sich an der Finanzierung angemessen zu beteiligen. 1. Unterstützt die Landesregierung den Vorschlag anderer Bundesländer, Landes- fonds zur Erhebung einer allgemeinen Ausbildungsumlage für sämtliche Pflegeeinrichtungen einzuführen, wie es in Nordrhein-Westfalen bereits praktiziert wird? Das von der Bundesregierung vorgeschlagene Modell einer Finanzierung der Ausbildungskosten über 16 eigenständige Landesfonds mit je zwei getrennten (also in Summe 32) Umlageverfahren für die Bereiche Alten- und Krankenpflege wird abgelehnt. Landesfonds bergen die Gefahr einer unterschiedlichen Finanzierungslast innerhalb der Länder und der in ihnen (nach den Plänen der Bundesregierung) zur Umlage indirekt herangezogenen Pflegebedürftigen . Zudem würde das Land für unerwartete Mehrkosten haften, wenn eine nachträgliche Finanzierung und Umlage etwaiger Defizite rechtlich oder faktisch ausscheidet. Dagegen sind keine durchgreifenden Argumente gegen eine Bundesfonds-Finanzierung erkennbar . Wenn das Prinzip der solidarischen Finanzierung aus Pflege- und Krankenkasse bzw. durch die Schulkostenanteile der Länder umgesetzt wird, würden dabei zudem sämtliche Umlageverfahren verzichtbar. Statt der Bürokratie von 16 Landesfonds mit 32 Umlageverfahren würde ein einziger Fonds mit einer Direktzuweisung aus Kranken-, Pflegeversicherung und Länderhaushalten für die Finanzierung ausreichen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8949 3 2. Wird die Landesregierung gewährleisten, dass bei Einführung eines Umlageverfahrens zur Finanzierung der generalistischen Pflegeberufsausbildung in NRW zu jeder Zeit (auch unterjährig) Ausbildungsplätze in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen? Die Landesregierung hat in dem von ihr derzeit zu verantwortenden Bereich der Altenpflegeausbildung gezeigt, dass sie die bedarfsgerechte Bereitstellung von Ausbildungsplätzen unterstützt und hierzu durch Vorlage des vom Landtag beschlossenen Gesetzentwurfes zur finanziellen Beteiligung an den Schulkosten für die Ausbildung von Altenpflegerinnen und Altenpflegern die Beteiligung durch Einführung der Schulkostenpauschale gesetzlich verpflichtend ausgestaltet. Die Verlässlichkeit der Finanzierung und damit die Bereitstellung eines jederzeit bedarfsgerechten Ausbildungskontingentes bei Einführung der gemeinsamen Ausbildung liegen jedoch nicht in der Verantwortung der Landesregierung. Diese Verlässlichkeit steht und fällt vielmehr mit dem vom Bund vorgegeben Finanzierungsmodell. Bezogen auf die im November vorgestellten Planungen des Bundes (Diskussionspapier BMG/BMFSFJ) hat die Landesregierung sowohl hinsichtlich der Finanzierung als auch der künftigen Ausbildungsbereitschaft der praktischen Ausbildungsträger (Pflegereinrichtungen, Krankenhäuser, ambulante Dienste ) erhebliche Zweifel, ob bedarfsgerechte Ausbildungskontingente jederzeit gesichert werden können. 3. In welcher Höhe wird sich die Landesregierung an den jährlichen Ausbildungskosten für eine generalistische Pflegeausbildung unter Einbeziehung eventueller Mehrkosten im Vergleich zum status quo beteiligen? Wie in der Vorbemerkung dargestellt, kann die Finanzierungsbeteiligung des Landes maximal im bisherigen Umfang fortgeführt werden. Derzeit stehen 60 Mio. Euro im Landeshaushalt für die Beteiligung an den Schulkosten der Altenpflegefachkraftausbildung (Schulkostenpauschale ) zur Verfügung. 4. Wird die Landesregierung bei Einführung der generalistischen Pflegeausbildung eine vollständige Schulgeldfreiheit für alle Auszubildenden in der Pflege umsetzen ? In NRW ist die Schulgeldfreiheit schon heute umgesetzt und für den Bereich der Altenpflegefachkraftausbildung zuletzt durch das Gesetz zur finanziellen Beteiligung an den Schulkosten für die Ausbildung von Altenpflegerinnen und Altenpflegern nochmals ausdrücklich gesetzlich verankert worden. Daran wollen wir festhalten. Die Wahrung dieses Standards auch bei Einführung einer gemeinsamen Pflegeausbildung liegt aber in der Verantwortung des Bundes.