LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/8954 12.06.2015 Datum des Originals: 11.06.2015/Ausgegeben: 17.06.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3422 vom 12. Mai 2015 des Abgeordneten Marcel Hafke FDP Drucksache 16/8664 Wie bringen die von der Landesregierung geplanten "Talentscouts" die Digitalisierung in Nordrhein-Westfalen voran? Die Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung hat die Kleine Anfrage 3422 mit Schreiben vom 11. Juni 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Schule und Weiterbildung, dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk , dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales und der Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Digitalisierung von Nordrhein-Westfalen läuft schleppend, nicht zuletzt vor dem Hintergrund eines zu zögerlichen Ausbaus flächendeckender Breitbandversorgung. Damit einher geht eine im Deutschlandvergleich unterdurchschnittlich ausgeprägte Selbständigenquote. Auch die Gründungsquote ist in Nordrhein-Westfalen schwächer ausgeprägt als in anderen Bundesländern, wie z.B. der Kfw-Gründungsmonitor zeigt. Das wiegt besonders schwer, da die Gründungskultur in Deutschland insgesamt bereits schwach ausgeprägt ist. So zeigt etwa der "Global Entrepreneurship Monitor" (GEM) ein verheerendes Bild. Im Vergleich der 26 gemessenen innovationsbasierten Volkswirtschaften liegt Deutschland abgeschlagen auf dem 22. Platz. Die schulische Gründungsausbildung erhält dabei von den im Rahmen des GEM befragten Experten die mit großem Abstand schlechteste Bewertung sämtlicher gründungsspezifischer Faktoren. Entsprechender Unterricht findet in Nordrhein-Westfalen – wie auch die Vermittlung von Wirtschaftskompetenzen insgesamt – im Prinzip nicht statt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8954 2 Gerade Nordrhein-Westfalen bräuchte allerdings mehr Dynamik und mehr Innovationen durch neue Unternehmen und engagierte Gründerinnen und Gründer. Denn NordrheinWestfalen leidet unter einer Wachstumsschwäche. So hat das Wirtschaftswachstum des Landes laut Angaben des Statistischen Landesamtes im Deutschlandvergleich auch 2014 wieder unterdurchschnittlich abgeschnitten. Für 2015 sagt das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) ebenfalls ein unterdurchschnittliches Wachstum voraus. Die Wachstumsschwäche Nordrhein-Westfalens verfestigt sich demnach. Eine Konsequenz daraus ist zum Beispiel die nach Bremen zweithöchste Arbeitslosenquote sämtlicher westdeutscher Bundesländer. Eine Komponente zur Stärkung der Gründungskultur in Deutschland wäre nicht zuletzt mit Blick auf die im Rahmen des GEM analysierten Schwächen eine gründungs- und digitalisierungsspezifische Stärkung im Bereich von Bildung und Wissenschaft. Dazu hatte die Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen einer Regierungserklärung im Januar 2015 diverse Maßnahmen der Landesregierung beschrieben und weitere angekündigt . So wurde unter anderem die Ausbildung von 40 "Talentscouts" bis zum Jahr 2020 angekündigt . Diese sollen laut Ministerpräsidentin Hannelore Kraft daran mitwirken, "alle Talente entdecken und fördern" zu können (vgl. Plenarprotokoll 16/78). 1. Wie läuft der Auswahl- und Ausbildungsprozess für die "Talentscouts" ab? Die Auswahl und Einstellung der Talentscouts wird durch die beteiligten Hochschulen erfolgen . Die neu eingestellten Talentscouts werden vom NRW-Zentrum für Talentförderung in Gelsenkirchen zu Fortbildungen eingeladen. 2. Wie viele zusätzliche Talente werden im Laufe des Jahres 2015 durch die Arbeit der Talentscouts nach Einschätzung der Landesregierung entdeckt und gefördert ? Die Hochschulen werden die Stellen für die Talentscouts erst ab Juli ausschreiben. Die bisher mit dem Instrument des Talentscoutings gemachten Erfahrungen sind sehr positiv. 3. Wie trägt die Konzeption der "Talentscouts" vor dem Hintergrund der regionalen Beschränkung auf das Ruhrgebiet konkret dazu bei, dass "alle Talente" in Nordrhein -Westfalen entdeckt und gefördert werden? Die regionale Beschränkung ist Folge des Pilotcharakters dieses Vorhabens. Im Sinne eines Pilotprojekts ist zunächst die Ausweitung des Talentscoutings von einer Hochschule (Gelsenkirchen ) auf eine Region (Ruhrgebiet) vorgesehen. Dieses Vorgehen scheint im Sinne einer Erprobung gerechtfertigt. Die Wahl des Ruhrgebiets als Ausgangspunkt erscheint dreifach begründet durch den Startpunkt Gelsenkirchen, durch die sozioökonomischen wie soziokulturellen Besonderheiten sowie durch die besonders dichte Hochschullandschaft, die die Erprobung eines kooperativen, hochschulübergreifenden Talentscoutings begünstigt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8954 3 4. Wie wird sich die Arbeit der Talentscouts konkret auf die Digitalisierung und die Gründungskultur des Landes Nordrhein-Westfalen auswirken? Das Talentscouting-Programm soll die Ansprache von begabten Schülerinnen und Schülern aus Nichtakademiker- und Migrantenfamilien verbessern und ihnen den Studieneinstieg erleichtern . Einen Schwerpunkt bilden hierbei technische und ingenieurwissenschaftliche Studiengänge . Insofern wird in diesem Rahmen und vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels der Nachwuchs vorbereitet, der nach Abschluss des Studiums auch für die Bereiche Digitalisierung und Gründungskultur zur Verfügung steht. 5. Ist geplant, dass die Talentscouts auch Talente für eine Berufsausbildung im Handwerk, in der Industrie oder im Handel bzw. ganz allgemein für Ausbildungsberufe entdecken und fördern? Im Rahmen des Talentscoutings werden die Schülerinnen und Schüler ihren Begabungen und Talenten entsprechend beraten und gefördert. Dies schließt auch die Unterstützung bei einer Ausbildungsentscheidung mit ein.