LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/8995 17.06.2015 Datum des Originals: 16.06.2015/Ausgegeben: 22.06.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3456 vom 19. Mai 2015 des Abgeordneten Gregor Golland CDU Drucksache 16/8757 Weitere Hintergründe zu außergewöhnlichen Todesfällen und deren statistischer Erfassung Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 3456 mit Schreiben vom 16. Juni 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Meine Kleine Anfrage 3311 wurde von der Landesregierung nicht gänzlich beantwortet bzw. wirft weitere Fragen auf. Nach Definition sind außergewöhnliche Todesfälle (agT) Unfälle, Selbstmorde, Tötungsdelikte oder medizinische Behandlungsfehler. Bei der Polizei werden offenbar Dienstunfälle und Selbstmorde statistisch erfasst. Leider bleiben viele Motive bei Selbstmorden unaufgeklärt (39% von 2010-2014). Für Mitarbeiter des Verfassungsschutzes und bei V-Leuten werden offensichtlich gar keine Statistiken zu agT geführt. 1. Warum bleiben fast 40% der Motive bei Selbstmorden von Polizisten unaufge- klärt? Gemäß §159 der Strafprozessordnung (StPO) ist die Polizei zur sofortigen Anzeige an die Staatsanwaltschaft oder an das Amtsgericht verpflichtet, wenn Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass jemand eines nicht natürlichen Todes gestorben ist, oder wenn der Leichnam eines Unbekannten gefunden wird. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8995 2 Bei jedem Todesermittlungsverfahren prüft die Polizei daher anhand des objektiven und subjektiven Tatbefundes, ob ein strafrechtlich relevantes Fremdverschulden zum Tod geführt hat. Aber selbst wenn die polizeilichen Ermittlungen nach dem von ihr erhobenen Tatbefund keine Zweifel an einer Selbsttötung ergeben, lässt sich das dafür handlungsleitende Motiv in nicht wenigen Fällen nicht oder nicht sicher nachvollziehen. 2. Welche konkreten dienstlichen Gründe lagen beim Selbstmord im PP Bochum am 13.05.2011 vor? Aus Gründen des personenbezogenen Datenschutzes können zu den konkreten Gründen und Hintergründen dazu im Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage keine Angaben gemacht werden. 3. Gab es Tötungsdelikte an Polizisten in Nordrhein-Westfalen? (Bitte die Fälle ein- zeln auflisten nach Datum, Ort, Todesart, Täter, ggf. weitere Ermittlungsergebnisse und Motive). Die nachstehende Tabelle stellt die (versuchten) Tötungsdelikte zum Nachteil von Polizeivollzugsbeamtinnen /Polizeivollzugsbeamten in den Jahren 2010 bis 2014 dar. Datenbasis ist die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Tatumstände, Tatmotive und Ermittlungsergebnisse werden in der PKS nicht erfasst. Insoweit können auch keine Aussagen zu einem etwaigen dienstlichen Bezug getroffen werden. Eine darüber hinausgehende Auswertung war in der zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Tatzeit (Beginn ) Text Versuch Tatort-Gemeinde TVAlter Tatbeteiligung 22.03.2010 Mord § 211 StGB Ja Wuppertal 23 Alleinhandelnder Tatverdächtiger 07.06.2010 Totschlag § 212 StGB Ja Salzkotten 20 Alleinhandelnder Tatverdächtiger 10.06.2010 Totschlag § 212 StGB Ja Hagen 34 Alleinhandelnder Tatverdächtiger 06.08.2010 Totschlag § 212 StGB Ja Dortmund 41 Alleinhandelnder Tatverdächtiger 18.08.2010 Mord § 211 StGB Ja Bonn 24 Alleinhandelnder Tatverdächtiger 28.08.2010 Totschlag § 212 StGB Ja Mönchengladbach 20 Alleinhandelnder Tatverdächtiger 28.01.2011 Totschlag § 212 StGB Ja Köln 55 Alleinhandelnder Tatverdächtiger 10.05.2011 Totschlag § 212 StGB Ja Mülheim 66 Alleinhandelnder Tatverdächtiger 20.05.2011 Mord § 211 StGB Ja Siegen 38 weiterer Tatverdächtiger 31.05.2011 Totschlag § 212 StGB Ja Düsseldorf 48 Alleinhandelnder Tatverdächtiger 18.06.2011 Totschlag § 212 StGB Ja Köln 50 Alleinhandelnder Tatverdächtiger 09.08.2011 Mord § 211 StGB Ja Gelsenkirchen 21 Alleinhandelnder Tatverdächtiger 03.09.2011 Totschlag § 212 StGB Ja Dortmund Tatverdächtiger unbekannt LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8995 3 Tatzeit (Beginn ) Text Versuch Tatort-Gemeinde TVAlter Tatbeteiligung 05.05.2012 Mord § 211 StGB Ja Bonn 25 Alleinhandelnder Tatverdächtiger 31.05.2012 Totschlag § 212 StGB Ja Lüdenscheid 23 Alleinhandelnder Tatverdächtiger 11.01.2013 Mord § 211 StGB Ja Lüdenscheid 16 Alleinhandelnder Tatverdächtiger 15.02.2013 Totschlag § 212 StGB Ja Herzogenrath 30 Alleinhandelnder Tatverdächtiger 10.05.2013 Totschlag § 212 StGB Ja Essen Tatverdächtiger unbekannt 17.05.2013 Mord § 211 StGB Ja Herzogenrath 69 Alleinhandelnder Tatverdächtiger 21.05.2013 Mord § 211 StGB Ja Mülheim 46 Alleinhandelnder Tatverdächtiger 08.10.2013 Totschlag § 212 StGB Ja Nettetal 49 Alleinhandelnder Tatverdächtiger 05.12.2013 Totschlag § 212 StGB Ja Düsseldorf 38 Alleinhandelnder Tatverdächtiger 08.05.2014 Totschlag § 212 StGB Ja Herzogenrath 23 Alleinhandelnder Tatverdächtiger 15.06.2014 Mord § 211 StGB Ja Herne 46 Alleinhandelnder Tatverdächtiger 26.06.2014 Mord § 211 StGB Ja Kamp-Lintfort 37 Gehilfe 31 weiterer Tatverdächtiger 23.08.2014 Mord § 211 StGB Ja Dortmund 17 weiterer Tatverdächtiger 29 weiterer Tatverdächtiger 06.09.2014 Mord § 211 StGB Ja Eschweiler 35 Alleinhandelnder Tatverdächtiger 27.10.2014 Totschlag § 212 StGB Ja Essen 35 Alleinhandelnder Tatverdächtiger 04.11.2014 Totschlag § 212 StGB Ja Dortmund 22 Alleinhandelnder Tatverdächtiger 14.11.2014 Totschlag § 212 StGB Ja Essen 22 Alleinhandelnder Tatverdächtiger 4. Warum ist die Selbstmordquote im PP Köln über-proportional (7 Fälle in 5 Jah- ren) hoch? Im Hinblick auf Suizide werden für die Kreispolizeibehörden keine Häufigkeitszahlen (z. B. Anzahl der Suizide/Anzahl der Bediensteten) in Zeitreihen erfasst. Eine gesonderte Recherche zur Erstellung einer spezifischen Zeitreihe war in der zur Beantwortung einer Kleiner Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich, so dass entsprechende Vergleiche und Bewertungen der einzelnen Kreispolizeibehörden nicht möglich sind. 5. Warum werden agT beim Verfassungsschutz und für V-Leute statistisch nicht erfasst? Der Begriff „außergewöhnlich“ ist kein polizeiliches Kriterium für die statistische Erfassung von Todesfällen. Für eine statistische Erfassung von Todesfällen beim Verfassungsschutz und für V-Leute bestand und besteht aus Sicht der Landesregierung keine Veranlassung. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/8995 4