LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9073 23.06.2015 Datum des Originals: 23.06.2015/Ausgegeben: 29.06.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3477 vom 2. Juni 2015 der Abgeordneten Christof Rasche FDP Drucksache 16/8825 Zustand und Neubau der B 55-Brücken in Lippstadt Der Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr hat die Kleine Anfrage 3477 mit Schreiben vom 23. Juni 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In der vergangenen Woche ist bekannt geworden, dass drei Brücken im Zuge der B 55 in Lippstadt – die Lippe-Brücke, die Lippe-Umflutbrücke sowie die Brücke über den BokerKanal am Margaretensee – nach einer aktuellen Nachrechnung nicht mehr als ausreichend tragfähig angesehen werden. Kurzfristig und zur Überraschung der Stadt und der Betroffenen vor Ort wurde die Strecke für Lkw über 44 Tonnen gesperrt. Muss die Sperrung der Hauptverkehrsroute auf weitere Lkw ausgeweitet werden, wird dies für die Unternehmen und die regionale Wirtschaft sowie vor allem auch für die Anwohner an Ausweichrouten erhebliche negative Folgen haben, da eine untragbare Verlagerung des Verkehrs auf innerstädtische Straßen zu befürchten ist. Aufgrund dieser weitreichenden Konsequenzen sind die aktuell eingeleiteten Maßnahmen für viele Firmen und die Bevölkerung nicht nachvollziehbar – insbesondere, da – soweit sichtbar – keine Schäden erkennbar sein sollen und sich die Sperrung auf theoretische Berechnungen stützt, die nicht einsehbar sind. Viele Betroffene vor Ort stellen aus diesen Gründen und auch aufgrund der schlechten Informationspolitik der Landesregierung und des Landesbetriebs Straßen.NRW die Notwendigkeit einer kurzfristigen Sperrung in Frage – insbesondere da sich die Landesregierung, anders als beispielsweise bei der Leverkusener Rheinbrücke, scheinbar nicht über die gravierenden Folgen einer Sperrung im Klaren ist. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9073 2 Ausweislich der Presseberichterstattung kann seitens Straßen.NRW noch keine Aussage dazu gemacht werden, wann mit dem Neubaubeginn, geschweige denn mit der Fertigstellung der Ersatzneubauten zu rechnen ist. Vorbemerkung der Landesregierung Bei der Lippebrücke (BW 4316528) im Zuge der B 55 in Lippstadt handelt es sich um eine Spannbetonbrücke aus dem Jahr 1960. Beim Bau dieser Brücke wurden Spannstähle mit – wie heute bekannt – hoher Empfindlichkeit gegen Spannungsrisskorrosion verwendet. Bei diesem Materialdefizit ist ein plötzliches Reißen des Spannstahles nicht auszuschließen. Daher wurde das Bauwerk auf der Grundlage der Nachrechnungsrichtlinie von Straßenbrücken im Bestand des BMVBS, Ausgabe 05/2011 untersucht und die aktuelle Tragfähigkeit ermittelt. Zeitgleich wurden auch die Brücken Lippeumflut (BW 4316529) und Margaretensee (BW 4216528) nachgerechnet, da sich diese im weiteren Verlauf der B 55 in unmittelbarer Nähe der Lippebrücke befinden und sie ein ähnliches Alter aufweisen. Aufgrund der Ergebnisse der Brückennachrechnung mussten die drei genannten Brücken für den genehmigungspflichtigen Schwerverkehr über 44 Tonnen gesperrt werden. 1. In welchen Abständen wurde der Zustand der drei nun gesperrten Brücken mit jeweils welchem Ergebnis geprüft? (Bitte genaue Prüfungstermine für jede Brücke angeben.) Die Bauwerksprüfung an Brücken und Ingenieurbauwerken erfolgt regelmäßig gemäß DIN 1076. Danach führt der Landesbetrieb Straßenbau NRW, Betriebssitz Gelsenkirchen im Abstand von sechs Jahren Hauptprüfungen der Bauwerke durch. Jeweils drei Jahre nach der Hauptprüfung (HP) erfolgt die Einfachprüfung (EP) durch die zuständige Niederlassung. Auf der Grundlage der Prüfergebnisse wird eine Zustandsnote des Bauwerks ermittelt. Die letzten Prüfungen der betroffenen Bauwerke wurden zu folgenden Zeitpunkten abgeschlossen : Lippebrücke (BW 4316528): EP 08.09.2014, Zustandsnote: 2,4 HP 25.05.2011, Zustandsnote: 2,3 Lippeumflut (BW 4316529): EP 08.09.2014, Zustandsnote: 2,3 HP 25.05.2011, Zustandsnote: 2,3 Brücke Margaretensee (BW 4216528): EP 15.09.2014, Zustandsnote: 2,2 HP 28.06.2011, Zustandsnote: 2,2 2. Ist die Tonnagebegrenzung bei den drei Brücken aufgrund konkret festgestellter Schäden oder der Nachrechnung erfolgt? (Bitte ggf. genaue Schäden angeben.) Die Tonnagebegrenzung ist aufgrund bekannter Materialdefizite im Wege der Nachrechnungsergebnisse erfolgt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9073 3 3. Wer wurde wann in welcher Weise durch Straßen.NRW über eine drohende Sperrung der drei Brücken für Lkw über 44 Tonnen sowie die Notwendigkeit eines Ersatzneubaus informiert? Streckensperrungen für genehmigungspflichtige Transporte erfolgen grundsätzlich über ein standardisiertes Verfahren mittels sogenannter Sperrmeldungen per Mail. Die für die Genehmigung und Begleitung von Schwertransporten zuständigen Behörden wurden am 26. Mai 2015 über die Sperrung der drei Brücken im Zuge der B 55 für den genehmigungspflichtigen Schwerverkehr über 44 Tonnen informiert. Im Verteiler der Sperrmeldungen sind alle Anhörungs- und Genehmigungsbehörden in Nordrhein -Westfalen enthalten. Neben den 5 Bezirksregierungen sind dies alle Kreise und Kreisfreien Städte innerhalb des Landes sowie die Großraum- und Schwertransportstellen der Polizei NRW. Ergänzend werden regelmäßig auch das Verkehrsministerium des Landes und die Bundeswehr informiert. Darüber hinaus haben am 21.05., 03.06. und 09.06.2015 Informationstermine in Lippstadt stattgefunden, bei denen die Stadt, der Kreis Soest, die zuständigen Polizeibehörden, der Verkehrsbetrieb RLG, die IHK Arnsberg sowie anliegende Städte und Gemeinden und die wesentlich betroffenen Firmen im Raum Lippstadt über die Nachrechnungsergebnisse, die sich daraus ergebenden möglichen verkehrlichen Einschränkungen und die erforderlichen Ersatzneubauten informiert wurden. 4. Wird die Sperrung der drei Brücken absehbar auch für Lkw mit einem Gewicht unterhalb von 44 Tonnen ausgeweitet? 5. Vor dem Hintergrund, dass die drei Brücken bisher auch von Lkw über 44 Ton- nen genutzt wurden und die Tragfähigkeit aufgrund entsprechender Berechnungen vor der nicht veröffentlichen Neuberechnung der Brücken nicht bezweifelt worden ist: Gibt es Alternativen, beispielsweise kurzfristige Verstärkungen der Brücken, die eine Sperrung für Lkw über 44 Tonnen bzw. eine weitere Ausweitung der Sperrungen verzichtbar machen? (Bitte ggf. konkrete Beschreibung der Möglichkeiten unter Angabe der jeweiligen Zeitplanungen für die Umsetzung der Verstärkungsmaßnahmen und die Dauer bis zu einem jeweiligen Ersatzneubau.) Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 4. und 5. gemeinsam beantwortet: Zurzeit wird untersucht, inwieweit weitere Gewichtsbeschränkungen für LKW oder Fahrstreifenreduzierungen auf den betroffenen Brückenbauwerken durch temporäre Maßnahmen bis zum erforderlichen Ersatzneubau soweit als möglich minimiert werden können. Konkrete Ergebnisse liegen noch nicht vor.