LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9107 29.06.2015 Datum des Originals: 26.06.2015/Ausgegeben: 02.07.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3476 vom 1. Juni 2015 des Abgeordneten Christof Rasche FDP Drucksache 16/8817 Ausweitung der Lkw-Maut auf Bundesstraßen im Kreis Soest Der Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr hat die Kleine Anfrage 3476 mit Schreiben vom 26. Juni 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet . Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Ab dem 1. Juli 2015 wird die Maut-Pflicht für Lkw in Deutschland insgesamt auf weitere 1.100 Straßenkilometer vierstreifiger Bundesstraßen ausgeweitet. Erstmals werden dann auch Bundesstraßen im Kreis Soest in die Bemautung einbezogen. Hierbei handelt es sich allerdings um gerade einmal vier Bundesstraßen-Kilometer, die jeweils zur Autobahn führen, aber auch Regionalverkehr und im Falle der B 229 in Soest auch innerstädtischen Verkehr aufnehmen. In Verbindung mit der Absenkung der Maut-Pflicht auf LKW unter 7,5 Tonnen ab dem 1. Oktober 2015 hat dies zur Folge, dass insbesondere kleinere Fahrzeuge mit einem hohen administrativen Aufwand konfrontiert werden. Weil diese in der Regel noch über keine elektronische Erfassung (OBU) verfügen, müssen sie sich künftig bei Fahrten über extrem kurze Strecken per Terminal oder Internet für jede einzelne Fahrt in das Mautsystem einbuchen . Es stellt sich die Frage, inwieweit Kosten und Ertrag bei dieser Maut-Flickschusterei, die zu Verwirrung und Unsicherheit bei den Verkehrsteilnehmern führt, in einem angemessenen Verhältnis stehen. Zu Recht warnen Wirtschaft sowie die Industrie- und Handelskammer Arnsberg Hellweg-Sauerland vor einem völlig unverhältnismäßigen Aufwand. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9107 2 1. Welche Mauteinnahmen sind für die zukünftig bemauteten Streckenabschnitte mit einer Länge von gerade einmal vier Kilometern im Kreis Soest zu erwarten? 2. Welche Systemkosten fallen für die Ausweitung der Lkw-Maut bzw. die Überwa- chung der Nutzung mautpflichtiger Straßen im Kreis Soest an? (Bitte bei Beantwortung auch angeben, wie die Einhaltung der Mautpflicht konkret überwacht werden soll) Eine am aktuellen Verkehrsaufkommen orientierte Schätzung lässt durch die Ausweitung der Lkw-Maut auf weitere 1.100 km vierstreifig ausgebauter Bundesstraßenabschnitte ab 01.07.2015 und durch die Absenkung der Mautpflichtgrenze auf Fahrzeuge ab 7,5 t zulässigem Gesamtgewicht ab 01.10.2015 insgesamt Mehreinnahmen in Höhe von 115 Mio. Euro für 2015 und von jeweils 380 Mio. Euro für die Jahre 2016 und 2017 erwarten. Wie hoch die Mehreinnahmen konkret ausfallen werden, hängt von den Fahrleistungen der Lkw mit den entsprechenden Gewichts-, Achs- und Emissionsklassen auf den neu mautpflichtigen Bundesstraßenabschnitten ab. Den Erfüllungsaufwand für die Verwaltung schätzt die Bundesregierung beim Bundesamt für Güterverkehr auf einmalig 14,7 Mio. Euro (insbesondere für die Anschaffung weiterer für Mautkontrollen vorrangig einzusetzender Kontrollfahrzeuge) und jährlich auf rd. 15 Mio. Euro . Auf den Vergütungsanspruch des Mautbetreibers entfallen 23 Mio. Euro für einmalige Investitionen und jährlich rd. 33 Mio. Euro. Zu den Einzelheiten wird auf den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes (Bundesratsdrucksache 543/14) verwiesen. Über die Verteilung der erwarteten Mautmehreinnahmen und der System- und Verwaltungskosten auf einzelne Bundesstraßenabschnitte – zum Beispiel im Kreis Soest – liegen keine Erkenntnisse vor. 3. Wie bewertet die Landesregierung den administrativen Aufwand, der den Unter- nehmen für Fahrten im Kreis Soest auf den neu bemauteten Strecken entsteht? Es werden neue Informationspflichten eingeführt wie beispielsweise die Registrierung der Fahrzeuge beim Mautbetreiber. Für Unternehmen, die sich für den Einbau eines Fahrzeuggerätes für die automatisierte Mauterhebung entscheiden, entsteht ein einmaliger Aufwand von rd. 250 Euro für die Standzeit während des Einbaus pro Fahrzeug. Insgesamt schätzt die Bundesregierung die Bürokratiekosten auf einmalig 21 Mio. Euro und jährlich rd. 450.000 Euro. Auch insoweit wird bezüglich der Einzelheiten auf den Gesetzentwurf (Bundesratsdrucksache 543/14) verwiesen. Der individuelle Aufwand eines Unternehmens hängt allerdings von einer Vielzahl von Faktoren ab, z. B. von der Anzahl der mautpflichtigen Fahrzeuge. Eine Bewertung des administrativen Aufwands für Fahrten im Kreis Soest ist der Landesregierung daher nicht möglich. 4. Wie bewertet die Landesregierung das Verhältnis von Kosten und Einnahmen bei dieser minimalen Ausweitung der Lkw-Maut im Kreis Soest? LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9107 3 5. Gibt es weitere Streckenabschnitte vierstreifiger Bundesstraßen in NordrheinWestfalen , auf denen sich Fern- und Regional-/Stadtverkehr in ähnlicher Form mischen wie auf den zukünftig bemauteten Strecken im Kreis Soest und für die zukünftig auf kurzen Abschnitten die Mautpflicht mit einem entsprechenden bürokratischen Aufwand gilt? Insgesamt werden die Einnahmen die Kosten übersteigen. Dadurch kann zumindest ein Teil der Einnahmelücke von ca. 460 Mio. Euro im Zeitraum von 2015 bis 2017 geschlossen werden , die durch die Absenkung der Mautsätze mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes aufgrund der Wegekostenrechnung 2013 bis 2017 entsteht . Angesichts des Finanzbedarfs von 3 bis 4 Mrd. Euro jährlich allein für die nachholende Sanierung und Erhaltung der Bundesverkehrswege leisten die zu erwartenden Mehreinnahmen damit nur einen verschwindend geringen Beitrag für die Verkehrsinfrastrukturfinanzierung . Die Landesregierung befürwortet deshalb die Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Straßen, um die Mauteinnahmen künftig auf eine breitere Basis zu stellen. Bei der 2./3. Lesung des Gesetzentwurfs zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen (Pkw-Maut) hat der Deutsche Bundestag die Bundesregierung aufgefordert, bis zum 01.07.2016 hierzu die rechtlichen Grundlagen bis Mitte 2018 zu schaffen. Zu den Einzelheiten wird insoweit auf den beschlossenen Entschließungsantrag 18/4460 der Fraktionen der CDU/CSU und SPD verwiesen.