LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9259 10.07.2015 Datum des Originals: 09.07.2015/Ausgegeben: 15.07.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3564 vom 11. Juni 2015 des Abgeordneten Gregor Golland CDU Drucksache 16/8956 Drei Bundesländer testen Bodycams für Polizeibeamte – Warum testet NRW nicht? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 3564 mit Schreiben vom 9. Juli 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Aachener Zeitung berichtet in ihrer Ausgabe vom 09.06.2015, dass die von SPD und Grünen regierten Länder Baden-Württemberg, Hamburg und Rheinland-Pfalz derzeit den Einsatz von Bodycams für Polizeibeamte testen. So laufen z.B. in Rheinland-Pfalz zwei Pilotprojekte mit jeweils 15 Kameras in Koblenz und Mainz. Ziel der Videotechnik ist eine vereinfachte Beweissicherung und auch eine Senkung von Übergriffen gegenüber Polizeibeamten. Experten und Polizeibeamte loben bereits jetzt den hohen Nutzen dieses Einsatzmittels. Attacken gegen Polizeibeamte gehen durch die Cams nachhaltig zurück. Mal wieder hinkt die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hinterher, verweigert sich modernen Einsatzmitteln und schaut stattdessen nahezu tatenlos zu, wie Übergriffe auf unsere Beamten immer weiter zunehmen (siehe hierzu auch Drucksache 16/8820). 1. Wann wird die Landesregierung endlich auch den Einsatz von Bodycams in Nordrhein-Westfalen testen? LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9259 2 2. Worin unterscheidet sich die Situation der Polizeibeamten in NordrheinWestfalen von denen in den oben genannten Bundesländern? 3. Welche objektiven Gründe führt die Landesregierung an, Bodycams in Nordrhein -Westfalen nicht einzusetzen? 4. Welche Alternativen bestehen, die stetig wachsende Anzahl an Übergriffen gegen Polizeibeamte zu verringern? Zu dem Gewaltphänomen gegenüber Polizeibeamtinnen und - beamten und den zum Schutz der Beamtinnen und Beamten getroffenen Maßnahmen hat die Landesregierung bereits ausführlich in den Antworten zu den Kleinen Anfragen 2219 (Drucksache 16/5854) und 3089 (Drucksache 16/8020) Stellung genommen. Zu den bisherigen Erfahrungen aus dem Pilotversuch in Hessen gilt es zu berücksichtigen, dass die sog. „mobilen Videoeinheiten“ der hessischen Polizei bislang nur zu bestimmten Uhrzeiten in begrenzten innerstädtischen Gebieten eingesetzt wurden. Aus Sicht der Landesregierung des Landes Nordrhein-Westfalen sind diese Ergebnisse derzeit nicht verallgemeinerungsfähig . Inwieweit mit einem Rückgang der Angriffe und Verletztenzahlen allgemein bei sichtbarem Mitführen von Body-Cams gerechnet werden kann, ist nach hiesiger Bewertung noch nicht eindeutig belegt. Diese Auffassung teilten in der Sachverständigenanhörung des Innenausschusses vom 26.02.2015 insbesondere der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit sowie die Vertreter der Hochschulen aus Berlin und Hamburg, aus deren Sicht jede wissenschaftliche und objektive Grundlage fehlt, um die behauptete Abschreckungswirkung zu belegen . Diese ohne wissenschaftliche Begleitung an ausgewählten Brennpunkten gewonnenen Erfahrungen sind als Grundlage für einen eigenen Versuch in NRW zurzeit nicht ausreichend. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Maßnahme in der öffentlichen Wahrnehmung ein anderes Bild von Polizei erzeugen könnte, als es die Bürgerinnen und Bürger in NRW bisher geschätzt haben. Ebenso wie die empirisch nicht nachgewiesene Abschreckungswirkung ist zurzeit noch unklar, wie sich die Präsenz einer potenziellen Videoüberwachung auf die Kontaktbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger gegenüber so ausgerüsteten Polizisten auswirkt. Die Polizei Nordrhein-Westfalen genießt in der Bevölkerung ein hohes Ansehen, welches durch eine Kultur des Vertrauens geprägt ist. Neben der unter wissenschaftlicher Begleitung zu prüfenden Schutzwirkung bedarf es einer gründlichen Analyse, welchen Einfluss ein solches Einsatzmittel auf diese Vertrauenskultur haben könnte. Darüber hinaus wäre die Schaffung einer Ermächtigungsgrundlage im Polizeigesetz für die Erprobung von Body-Cams erforderlich. Die Vielzahl der laufenden bzw. geplanten Pilotierungen erfordert zudem für jedes einzelne Land und den Bund einen erheblichen Ressourceneinsatz. Aus diesem Grund ist auf Vorschlag des Ministerium für Inneres und Kommunales NRW im Rahmen der 202. Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) beschlossen worden, dass der Arbeitskreis II „Polizei“ die aus diesen Pilotprojekten resultierenden Erfahrungen zusammenträgt, auswertet und der IMK berichtet. Es bleibt zunächst abzuwarten, welche Ergebnisse/Fallzahlen die weiteren - dann ggf. abgestimmten - breiter angelegten Testläufe in den verschiedenen Ländern ergeben werden und ob diese - auch unter wissenschaftlicher Betrachtung - die ersten Ergebnisse aus dem Pilot- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9259 3 projekt in Hessen zur möglichen Schutzwirkung für die Polizeibeamtinnen und - beamten bestätigen.