LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9260 10.07.2015 Datum des Originals: 08.07.2015/Ausgegeben: 15.07.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3561 vom 10. Juni 2015 der Abgeordneten Josef Hovenjürgen und Rainer Deppe CDU Drucksache 16/8946 Hintergrund der Genehmigung des Grubenwasseranstiegs in der Zeche Walsum und dem fehlenden Gutachten zur Risikobewertung Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 3561 mit Schreiben vom 8. Juli 2015 namens der Landesregierung im Eivernehmen mit dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Nach Informationen aus den Medien beabsichtigt die RAG den Wasserspiegel in stillgelegten Zechen steigen zu lassen, um dieses stark mineralisierte Grubenwasser zentral abzupumpen und direkt in den Rhein zu entsorgen. Weiterhin wird berichtet, dass für die erste Region , die Region Niederrhein mit dem zentralen Förderpunkt Zeche Walsum, dieses Verfahren von den zuständigen Landesbehörden genehmigt worden sei. Andererseits hat die Landesregierung stets berichtet, dass die Auswirkungen und Gefahren, die mit einem Grubenwasseranstieg verbunden sein können, zunächst anhand einer Studie bewertet würden. Zur Ausschusssitzung am 22.04.2015 hat die Landesregierung mitgeteilt, dass das vom Ausschuss geforderte Gutachten zur „Prüfung möglicher Umweltauswirkungen des Einsatzes von Abfall- und Reststoffen zur Bruch-Hohlraumverfüllung in Steinkohlenbergwerken in Nordrhein-Westfalen", für das zurzeit das Vergabeverfahren durchgeführt werde, um Betrachtungen zum Thema PCB erweitert würde. Die Erstellung eines solchen Gutachtens war bereits am 18.09.2013 zugesagt worden. Die Vergabe sollte nach Aussage der Landesregierung im April/Mai 2015 erfolgen. Seit der Ankündigung eines Gutachtens sind nun mehr als 20 Monate vergangen. Daher ist die Erteilung einer Genehmigung zum Anstieg des Grubenwassers ohne angekündigtem Gutachten dringend erklärungsbedürftig. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9260 2 Vorbemerkung der Landesregierung Mit Bericht vom 23.04.2014 an den Landtag (Vorlage 16/1804) hat die Landesregierung ausführlich über den aktuellen Stand und die Grundlagen der Planungen für die langfristige Wasserhaltung in der Steinkohle berichtet. Die Grubenwassersituation des stillgelegten Steinkohlenbergwerkes Walsum und der weiteren Zechen der RAG und die von der RAG AG beabsichtigte zukünftige Ausrichtung der Grubenwasserhaltung bezüglich der Hebungsstandorte und -niveaus ist in dem „Konzept zur langfristigen Optimierung der Grubenwasserhaltung der RAG Aktiengesellschaft für Nordrhein -Westfalen“ dargelegt (Bericht der Landesregierung - Vorlage 16/2134). Demnach sind in der Region „Westliches Ruhrgebiet“ in den Jahren 2008 und 2009 die Pumpstandorte Voerde und Walsum des ehemaligen Bergwerkes Walsum stillgelegt und der Standort Walsum zum Schutz des Bergwerkes Prosper–Haniel zur Zentralen Wasserhaltung für das westliche Ruhrgebiet ausgebaut worden. Bisher hat das dort ansteigende Grubenwasser das Pumpniveau -746 m NN jedoch noch nicht erreicht. Dies wird entsprechend den bisherigen Beobachtungen und Prognosen ab Ende 2015 erwartet. Bei dem in dieser Kleinen Anfrage angesprochenen fehlenden Gutachten zur Risikobewertung handelt es sich um das von der Landesregierung vorgesehene und zu beauftragende Gutachten zur „Prüfung möglicher Umweltauswirkungen des Einsatzes von Abfall- und Reststoffen zur Bruch-Hohlraumverfüllung in Steinkohlenbergwerken in Nordrhein-Westfalen“, das um Betrachtungen zum Thema PCB erweitert wurde und für das zurzeit das Vergabeverfahren durchgeführt wird (im Folgenden erweitertes Versatzgutachten). Einzelheiten über die Ziele und die vorgesehenen Gutachteninhalte enthalten die Vorlage an den Landtag 16/2143 vom 22.08.2014, die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2467 vom 07.08.2014 (Drucksache 16/6506) und die Vorlage an den Landtag 16/2791 vom 25.03.2015 über „Erkenntnisse der Landesregierung zum Einsatz PCB-haltiger Betriebsstoffe im Steinkohlenbergbau in Nordrhein-Westfalen und etwaigen Umweltauswirkungen “. Demnach ist im Rahmen des erweiterten Versatzgutachtens die in der Vergangenheit im untertägigen Grubengebäude in Betriebsmitteln eingesetzte PCB-Stoffgruppe im Hinblick auf deren Mobilisierbarkeit und mögliche Stofftransporte gutachtlich zu untersuchen und mögliche Auswirkungen auf Grund- und Oberflächengewässer sowie Trinkwasser unter der Berücksichtigung vorliegender Ergebnisse von Messprogrammen zur PCB-Belastung in Gewässern und in Grubenwässern und in Bezug zu den Grubenwasserhaltungsmaßnahmen zu bewerten. Zur Klarstellung wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass Gegenstand des vorgesehenen erweiterten Versatzgutachtens die Risikobewertung unter Berücksichtigung sämtlicher Grubenwasseranstiegsphasen, also bereits abgelaufene, kontrolliert stattfindende bzw. von der RAG AG zukünftig geplante sein wird. 1. Auf welcher Grundlage erfolgte die Genehmigung, das Grubenwasser in der Zeche Walsum ansteigen zu lassen? Am Niederrhein wird das Grubenwasser der stillgelegten Bergwerke Niederberg, WilhelmineMevissen , Rheinpreussen, Wehofen, West und Walsum von der Zentralen Wasserhaltung Walsum im Niveau -746 m NN gehoben werden. Die Zulassungsentscheidung der Bergbehörde (Bezirksregierung Arnsberg, Abteilung 6 - Bergbau und Energie in NRW) erfolgte bereits vor der Entscheidung der Landesregierung über die Vergabe des Versatzgutachtens im Herbst 2013 mit der Zulassung des Abschlussbetriebsplans für das Bergwerk Walsum unter Tage am 22.12.2008. Im Rahmen dieses Abschlussbetriebsplanverfahrens wurde bereits festgelegt, dass auch die Grubenwässer des später stillgelegten Bergwerks West dem Wasserhaltungsstandort Walsum untertägig zugeführt werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9260 3 2. Für welche weiteren Standorte von Steinkohlenbergwerken beabsichtigt die Landesregierung einen gezielten Grubenwasseranstieg zuzulassen (Bitte einzeln mit Standort und Zeitpunkt angeben)? Zuständige Zulassungsbehörde ist die Bergbehörde. Eine Einzelaufstellung mit Standort und beabsichtigtem Zulassungszeitpunkt eines gezielten Grubenwasseranstiegs ist zur Zeit nicht möglich, da gegenwärtig keine für solch eine Erhebung erforderlichen Betriebspläne der RAG AG auf Zulassung eines gezielten bzw. kontrollierten Grubenwasseranstiegs bei der Bergbehörde vorliegen. In folgenden 9 Wasserprovinzen des Ruhrreviers finden derzeit aufgrund bereits erteilter Zulassungen Grubenwasseranstiege statt: - Walsum, - Lohberg, - Fürst Leopold, - Teilprovinz Emschermulde Ost, - Carolinenglück, - Waltrop, - Teilprovinz Monopol, - Königsborn, - Westfalen. 3. Welche jährliche Schadstofffracht wird mit dem genehmigten Grubenwasseranstieg zusätzlich in die aufnehmenden Oberflächengewässer eingeleitet (Bitte Schadstoffgruppen getrennt aufführen)? Auf die Auswirkungen der Maßnahmen zur Optimierung der Grubenwasserhaltung wurde bereits in Kap.7 des Berichts der Landesregierung vom 21.01.2015 (Vorlage 16/2631) sowie in Kap. 3 des Berichts der Landesregierung an den Landtag vom 25.03.2015 (Vorlage 16/2791) eingegangen. Insoweit wird auf die dortigen Ausführungen verwiesen. Bei der Durchführung der wasserrechtlichen Verfahren werden die Rahmenbedingungen, welche durch das Hintergrunddokument Steinkohle zur Konkretisierung der Bewirtschaftungsplanung für den ersten respektive zweiten Bewirtschaftungszyklus gemäß Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und zur Anwendung der Gewässerqualitätsziele nach Oberflächengewässerverordnung (OGewV) beschrieben sind, zugrunde gelegt. Darin wird nicht nur PCB, sondern es werden alle als relevant anzusehenden Inhaltsstoffe des Grubenwassers betrachtet und im Hinblick auf die Erreichung der Gewässerqualitätsziele bewertet. Das Hintergrunddokument Steinkohle (1. Fortschreibung), in dem die zu erwartenden Veränderungen der Gewässerbelastungen in den Blick genommen werden, befindet sich zurzeit in der Schlussbearbeitung beim Umweltministerium. Das Konzept der RAG AG zum Grubenwasseranstieg geht in der Zielsetzung von einer Verringerung der Einleitschadstofffrachten durch den Grubenwasseranstieg aus. 4. Wann wurde bzw. wird das angekündigte Gutachten vergeben? Die Ergebnisse des im Vergabeverfahren befindlichen „erweiterten Versatzgutachtens“ werden für die mit dem Grubenwasseranstieg und den hieraus resultierenden potenziellen Beeinflussungen des Trink- und Grundwassers und der Oberflächengewässer befassten Ver- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9260 4 waltungsbehörden von entscheidender Bedeutung für Zulassungen und Überwachung sein. Das Gutachten wird in fachlicher wie in politischer Hinsicht eine hohe Bedeutung gewinnen. Aufgrund des Auftragswertes war die Vergabe europaweit auszuschreiben. Die Anforderungen an die Leistung des zukünftigen Auftragnehmers bzw. an die Angebote der Bieter sind daher entsprechend hoch und bedürfen einer zeitintensiven Prüfung. Eine Vergabe wird nach jetzigem Kenntnisstand im Sommer 2015 erfolgen. 5. Welches Ministerium ist federführend bei der Vergabe des Gutachtens? Federführend ist das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW (MKULNV).