LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9268 13.07.2015 Datum des Originals: 10.07.2015/Ausgegeben: 16.07.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3556 vom 9. Juni 2015 des Abgeordneten Dr. Björn Kerbein FDP Drucksache 16/8929 Geht der Volkssport Schwimmen in Nordrhein-Westfalen baden? Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 3556 mit Schreiben vom 10. Juli 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Familie , Kinder, Jugend, Kultur und Sport beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die individuelle Schwimmfähigkeit ist von großer Bedeutung. Sie kann über Leben und Tod entscheiden! Beim Schwimmen handelt es sich um eine Grundfertigkeit, die besonders für das Überleben am und auf dem Wasser wichtig ist. Insgesamt 49 Menschen sind im Jahr 2014 in Nordrhein-Westfalen ertrunken. Dem Schwimmenlernen muss deshalb ein höherer Stellenwert beigemessen werden. Der Lehrplan an nordrhein-westfälischen Grundschulen sieht vor, dass jedes Kind bis zum Ende der Grundschulzeit schwimmen können soll. Dieses Ziel wird laut Aussagen der DLRG von immer weniger Schülerinnen und Schülern erreicht. Rund ein Viertel der Kinder dieser Altersgruppe kann nicht schwimmen. Die Gründe hierfür sind vielfältig und liegen vor allem in den immer schlechter werdenden Rahmenbedingungen. Vorbemerkung der Landesregierung Das Bewegen im Wasser gehört zur Obligatorik der Kernlehrpläne für das Fach Sport in allen Schulformen. Der Schwimmunterricht ist im Verlauf der Grundschulzeit im Umfang eines vollen Schuljahres mit mindestens einer Wochenstunde zu erteilen. Spätestens bis zum Alter zwischen zehn und zwölf Jahren sollte jedes Kind sicher schwimmen können. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9268 2 In den letzten Jahren hat es unterschiedliche Erhebungen und Studien zur Erfassung der Schwimmfähigkeit gegeben. Der Schwimmverband NRW beispielsweise gibt die „Nichtschwimmerquote “ mit über 30% unter den Kindern und Jugendlichen an. Vereinzelt erfolgte Abfragen auf regionaler oder lokaler Ebene sind u. a. wegen sehr unterschiedlicher Fragestellungen und -methoden nicht vergleichbar. Mehrere Maßnahmen der Landesregierung verfolgen das Ziel, die Zahl der nicht sicher schwimmenden Kinder und Jugendlichen zu reduzieren. Seit 2008 wird beispielsweise mit Kooperationspartnern (u. a. DLRG, Schwimmverband NRW, DRK Wasserwacht, Bundesverband Deutscher Schwimmmeister, Landessportbund, AOK Rheinland/Hamburg, AOK NORDWEST, Unfallkasse NRW und Ministerium für Familie, Kinder, Jugend Kultur und Sport (MFKJKS) das Landesprogramm "NRW kann schwimmen!" durchgeführt. Diese schulischen Ferienschwimmangebote (Oster-, Sommer-, Herbstferien) richten sich aktuell an Schülerinnen und Schüler der Klassen 3 bis 6 an allen Schulformen. Sie stellen eine Ergänzung zum obligatorischen Schwimmunterricht der Grund- und weiterführenden Schulen dar. Eine Erweiterung des Programms auf die ältesten Jahrgänge im vorschulischen Bereich wird aktuell als Pilotmaßnahme im Rahmen des Landesprogramms erprobt. Darüber hinaus werden in NRW Maßnahmen für Kinder und Jugendliche im außerschulischen Bereich im Zuge der Umsetzung der Landesinitiative "QuietschFidel - Ab jetzt für immer : Schwimmer!" durchgeführt. 1. Was unternimmt die Landesregierung, um das im Lehrplan definierte Ziel kurzfristig zu erreichen? Im Bereich des Schwimmens sind die Bezirksregierungen im Zuge der Überarbeitung und von Konkretisierungen im Erlass zur „Sicherheitsförderung im Schulsport“ gehalten, die Qualifizierungs - und Fortbildungsangebote im Bereich „Methodik und Didaktik des Anfängerschwimmens (inkl. Rettungsfähigkeit)“ und „Auffrischung der Rettungsfähigkeit“ zu intensivieren . Seit dem Schuljahr 2015/16 wird ein mit den Bezirksregierungen und den Schwimmsport treibenden Verbänden sowie der Unfallkasse NRW entwickeltes, landeseinheitliches Konzept zur Qualifizierung und Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer im Bereich Schwimmen zur Erprobung umgesetzt. Darüber hinaus intensiviert das Ministerium für Schule und Weiterbildung (MSW) die Zertifizierungsmaßnahmen für fachfremd Sport unterrichtende Lehrerinnen und Lehrer der Grundund Förderschulen (Qualifikationserweiterung Sport, kurz QUEGS). Das Modul „Schwimmen – Bewegen im Wasser“ nimmt darin unter den obligatorischen Bewegungsfeldern und Sportbereichen den größten Raum ein. 2. Wie definiert die Landesregierung die Schwimmfähigkeit und wie wird diese am Ende der Grundschulzeit erfasst? Schülerinnen und Schüler gelten als Frühschwimmerinnen oder Frühschwimmer, wenn sie vom Beckenrand ins schwimmtiefe Wasser springen, ohne Unterbrechung 25 m weit schwimmen und einen Ge-genstand mit den Händen aus schultertiefem Wasser heraufholen können. Sie erhalten das "Seepferdchen"- Abzeichen, das auf den Erwerb der Schwimmabzeichen (Bronze, Silber, Gold) vorbereitet. Das MSW hat sich mit dem MFKJKS und den Schwimmsport treiben-den Organisationen (z. B. Schwimmverband NRW, DLRG Nordrhein und DLRG Westfalen und DRK Wasserwacht) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9268 3 darauf verständigt, dass in NRW als "schwimmsicher" gilt, wer mindestens das BronzeAbzeichen erworben hat. Zur Erfassung der Schwimmfähigkeit: Die Zeugnisse beschreiben in der Schuleingangsphase und in der Klasse 3 die Lernentwicklung und die Leistungen in den Fächern. Die Zeugnisse der Klasse 4 enthalten Noten für die Fächer. Im Fach Sport werden die Leistungen im Bereich „Schwimmen“ nicht getrennt ausgewiesen. Der Erwerb von Schwimmabzeichen kann im Feld Bemerkungen ausgewiesen werden. 3. Wie hoch war die Zahl der ausgefallenen Schwimmstunden an Grundschulen in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2014? Bei der Erhebung der Unterrichtserteilung und des Unterrichtsausfalls an allgemeinbildenden öffentlichen Schulen im Schuljahr 2014/15 wurden - ebenso wie bei den vorherigen Erhebungen - keine fächerspezifischen Daten erhoben. 4. Wie viele Grundschulen in Nordrhein-Westfalen haben keinen Zugang zu einer Schwimmhalle? Eine statistische Erhebung darüber, wie viele Schulen aktuell keine Wasserzeiten durch den Schulträger zur Verfügung gestellt bekommen, wird von der Landesregierung nicht geführt.