LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9269 13.07.2015 Datum des Originals: 10.07.2015/Ausgegeben: 16.07.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3595 vom 17. Juni 2015 der Abgeordneten Petra Vogt, Gregor Golland und Klaus Kaiser CDU Drucksache 16/9041 Finanzierung OGS Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 3595 mit Schreiben vom 10. Juli 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister, dem Minister für Inneres und Kommunales, dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales und er Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im vergangenen Schuljahr (2013/2014) gab es in NRW 2.928 offene Ganztagsgrundschulen. Dies führt der aktuelle Bildungsbericht Ganztag aus. Für das laufende Schuljahr erhalten die Kommunen Landesförderung pro Ganztagskind von 730 Euro bzw. für Kinder mit besonderem Förderbedarf 1.456 Euro. Der gleiche Bericht stellt ein grundsätzliches Defizit in der OGS-Finanzierung des Landes dar: Lagen die durchschnittlichen Kosten pro OGS-Platz 2010/2011 noch bei 1.650 Euro so beliefen sich die Durchschnittkosten 2013/2014 bereits auf 1.750 Euro. Über ein Fünftel der Kommunen im Land haben sogar Durchschnittkosten von über 2.000 Euro pro Platz. Der durchschnittliche Eigenanteil der Kommunen pro OGS-Platz steigt von Schuljahr zu Schuljahr: 2011/12: ca. 670 Euro; 2012/13: ca. 700 Euro; 2013/14: ca. 790 Euro. Rund ein Fünftel alle Kommunen haben ein Defizit zur Landesförderung von über 1.000 Euro zu stemmen. Der Bericht belegt zudem, wie die vorhergehenden Berichte auch, einen gravierenden Fachkräftemangel : „Weiterhin gibt die Mehrheit der Träger an, einen eher oder sogar sehr großen Fachkräftemangel zu beobachten, dies trifft zusammengenommen auf rund 60% zu. Und auch mit Blick auf die Zukunftsaussichten ist die Stimmung recht konstant, die Mehrheit der LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9269 2 Träger befürchtet weiterhin eine Verstärkung des Fachkräftemangels.“ Dieser Fachkräftemangel liegt auch in den unattraktiven Beschäftigungsbedingungen begründet: Vollzeitbeschäftigungen sind die Ausnahme (2013/14: 8,8%). Im Primarbereich können 40,2% der Kommunen den OGS-Bedarf nicht vollständig abdecken . Zieht man den Fachkräftemangel und die chronische Unterfinanzierung durch das Land in Betracht, verwundert dieses Angebotsdefizit nicht. Die Landesregierung hat zwar ihre Anteile leicht erhöht. Der enorme Anstieg des kommunalen Eigenanteils von über 13% alleine im vergangenen Schuljahr beweist aber, dass die Kommunen nicht einmal im Ansatz ausreichend ausgestattet und von Jahr zu Jahr sogar schlechter gestellt werden. Vorbemerkung der Landesregierung Die Bereitstellung von Ganztagsangeboten in der OGS orientiert sich grundsätzlich an den Vorgaben des SGB VIII. Die Gewährleistung eines bedarfsgerechten Angebots ist Aufgabe der Träger der öffentlichen Jugendhilfe. In Nordrhein-Westfalen kann diese Aufgabe gemäß § 5 Abs. 1 KiBiZ auch an Schulen erfüllt werden. Die Finanzierung eines OGS-Platzes setzt sich aus einem Landeszuschuss und kommunalen Eigenmitteln zusammen. Das Land gibt den Kommunen die Möglichkeit, ihre Eigenmittel vollständig über Elternbeiträge zu erwirtschaften. Die Kleine Anfrage referiert Ergebnisse der vom Ministerium für Schule und Weiterbildung sowie dem Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport in Auftrag gegebenen Bildungsberichterstattung Ganztag. Grundlage ist der Bildungsbericht 2014, der Erhebungen aus dem Schuljahr 2013/2014 dokumentiert. Die Kleine Anfrage geht bei der Bewertung der Ergebnisse des Bildungsberichts 2014 von einer falschen Voraussetzung aus: Die Bildungsberichterstattung hat nicht die Kosten der OGS erhoben, sondern die Träger der OGS nach der Höhe der Mittel gefragt, die ihnen aus Landesmitteln, kommunalen Mitteln und aus Elternbeiträgen zur Verfügung stehen. Sie hat auch nicht erhoben, wie hoch der Anteil erwirtschafteter Elternbeiträge an den nach Kenntnis der Träger zur Verfügung gestellten kommunalen Eigenmitteln ist. Daher sind aus der Bildungsberichterstattung nur begrenzt Aussagen über die tatsächliche kommunale Belastung ableitbar. Die Landesförderung zum Berichtszeitraum des Bildungsberichts 2014 (Schuljahr 2013/2014) betrug im Übrigen nicht 730 EUR bzw. 1.465 EUR. Sie betrug pro Platz und Schuljahr 1.140 EUR (700 EUR Grundförderung + 235 EUR für kapitalisierbare Lehrerstellenanteile + 205 EUR für nicht kapitalisierbare Lehrerstellenanteile) bzw. 2.320 EUR (1.400 EUR Grundförderung + 490 EUR für kapitalisierbare Lehrerstellenanteile + 430 EUR für nicht kapitalisierbare Lehrerstellenanteile). Der kommunale Pflichtanteil betrug 410 EUR. 1. Plant die Landesregierung die Erhöhung der Förderung von OGS-Plätzen? Im Jahr 2010 waren im Landeshaushalt rund 247,9 Mio. EUR für die OGS veranschlagt. Die Landesregierung hat diese Mittel bis 2015 auf 362,9 Mio. EUR erhöht. Sie hat die Fördersätze zum 1.2.2011 erstmals seit ihrer Einführung im Jahr 2003 um 14 % erhöht, zum 1.2.2015 um weitere 1,5 %. Sie erhöht die Fördersätze ab dem 1.8.2015 regelmäßig zum Schuljah- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9269 3 resbeginn jeweils um weitere 1,5 %. Für die Erhöhungen der Fördersätze im Jahr 2011 wurden im Haushalt des Ministeriums für Schule und Weiterbildung insgesamt 28.566.000 EUR veranschlagt, für die Erhöhungen im Jahr 2015 insgesamt 6.668.600 EUR. Damit wird die Landesregierung die Fördersätze für die OGS im Zeitraum von 2011 bis 2017 um insgesamt rund 21 % erhöht haben. 2. Welche Investitionszuschüsse zur Schaffung von OGS-Plätzen existieren oder sind geplant? Investitionen zur Schaffung von OGS-Plätzen können aus der den Kommunen vom Land zur Verfügung gestellten Bildungspauschale finanziert werden. Über die Prioritäten bei der Nutzung der Bildungspauschale entscheiden die Kommunen im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung. 3. Wie steht die Landesregierung dazu, dass der kommunale Anteil an der OGSFinanzierung im Vergleich zu dem der Landesregierung erheblich stärker ansteigt ? Ein flächendeckender Anstieg der kommunalen Eigenanteile an der OGS-Finanzierung kann, anders als in der Frage angenommen, durch die Daten des Bildungsberichts Ganztagsschule NRW nicht belegt werden, weil die Zuwächse laut Bericht statistisch nicht signifikant sind. Verzerrungen sind somit nicht ausgeschlossen. Der Pflichtanteil der Kommunen ist zwischen 2003 und 2014 nicht erhöht worden und betrug durchgehend 410 EUR pro Kind und pro Platz. Im Rahmen der Beschlüsse des Landtags über den Haushalt 2015 wurde mit den kommunalen Spitzenverbänden vereinbart, dass auch der kommunale Eigenanteil in Zukunft analog zum Landesanteil dynamisiert wird. Zum 1.2.2015 wurden die pflichtigen Eigenanteile der Schulträger erstmals um 1,5 % erhöht. Sie steigen ab dem 1.8.2015 jeweils zum Schuljahresbeginn regelmäßig um weitere 1,5 %. Dies ergibt im Zeitraum vom 1.2.2015 bis zum 1.8.2017 eine Erhöhung des kommunalen Pflichtanteils um 6 %. In diesem Zusammenhang wurde auch verabredet, die Höchstgrenze für Elternbeiträge um 20 EUR von 150 EUR auf 170 EUR pro Monat und pro Platz zu erhöhen. Die Finanzierungsanteile der Kommunen können in der OGS über Elternbeiträge refinanziert werden. Das Land sieht für OGS-Plätze keine Trägerbeiträge vor. 4. Welche Strategien verfolgt die Landesregierung gegen den Fachkräftemangel an Ganztagsgrundschulen? Die Bildungsberichterstattung Ganztag hat festgestellt, dass die Möglichkeit zur Finanzierung von Sozialarbeit an Schulen aus Mitteln des SGB II gerade in der OGS intensiv genutzt wurde . Die Landesregierung hat sich bereits mehrfach und nachdrücklich, zuletzt im Dezember 2014 im Bundesrat, für die Perspektive einer Schule mit multiprofessionellen Teams und für ein umfassendes Kooperationsgebot zwischen Bund, Ländern und Kommunen eingesetzt. Die Bundesregierung hat sich bisher nicht bereitgefunden, ihre Verantwortung für eine Mitfinanzierung des Ganztags an Schulen wahrzunehmen und damit die sozialpolitische Dimension von Bildung anzuerkennen. Sie hat bisher abgelehnt, sozialpädagogisches Personal über das Jahr 2014 hinaus weiterzufinanzieren. Die Finanzierungsverantwortung liegt daher nach wie vor ausschließlich bei den Ländern und den Kommunen. Das Land hat seine Verantwortung wahrgenommen, indem es für den LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9269 4 eigentlich zuständigen Bund ein Programm zur Weiterfinanzierung von Sozialarbeit in Schulen nach Auslaufen der Bundesfinanzierung im Jahr 2014 aufgelegt hat. 5. Welche Alternativen haben Eltern, die keinen OGS-Platz erhalten, aber zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf darauf angewiesen sind? Das Land hat bisher in jedem Jahr alle von den Schulträgern beantragten Plätze für die offene Ganztagsschule im Primarbereich (OGS) und alle Anträge der Schulträger auf Einrichtung einer Ganztagsschule in der Sekundarstufe I genehmigt. Eine darüber hinaus gehende bedarfsgerechte Sicherstellung der Betreuung von Schulkindern außerhalb der Unterrichtszeiten ist keine Landesaufgabe, sondern eine Aufgabe der Kommunen als Träger der öffentlichen Jugendhilfe.