LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9273 15.07.2015 Datum des Originals: 14.07.2015/Ausgegeben: 20.07.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3582 vom 16. Juni 2015 der Abgeordneten Angela Freimuth, Susanne Schneider und Marcel Hafke FDP Drucksache 16/9023 Wie ist aus Sicht der Landesregierung die Wirtschaftlichkeit der Fachabteilungen an den jeweiligen Universitätskliniken sicherzustellen? Die Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung hat die Kleine Anfrage 3582 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und der Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Leitung einer Universitätsklinik hat die Gesamtverantwortung über die wichtigen Bereiche von Forschung, Lehre und Krankenversorgung und eine Pflicht, die Wirtschaftlichkeit der Universitätsklinik sicherzustellen. Innerhalb der jeweiligen Fachabteilungen sind es die Chefärzte , die neben ihren Aufgaben in Forschung, Lehre und Krankenversorgung auch für den wirtschaftlichen Betrieb der Fachabteilung Sorge zu tragen haben. Die Chefärzte haben in der Regel zwei Dienstherren: Die Hochschule als Dienstherr im Bereich Forschung und Lehre und das Klinikum als Dienstherr in den Bereichen Krankenversorgung und Wirtschaftlichkeit . In der Praxis können sich dabei Zielkonflikte ergeben, wenn zum Beispiel Chefärzte die Belange der Wirtschaftlichkeit auch in den von ihnen geleiteten Fachabteilungen nicht im Blick behalten sollten. Möglichkeiten zur Durchsetzung der Wirtschaftlichkeit, z.B. arbeitsrechtliche Handhabungen, bestehen kaum, insbesondere dann, wenn die Chefärzte mit unbefristeten Verträgen ausgestattet oder gar verbeamtet sind. In seinem Jahresbericht 2014 hatte der Landesrechnungshof NRW nicht nur die großen Einkommensunterschiede zwischen den Chefärzten kritisiert, sondern auch, dass der überwiegende Anteil der Chefärzte meist 100 Prozent der vereinbarten leistungsabhängigen Bonus- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9273 2 zahlungen erhalten würde. Dies ließe darauf schließen, dass die vereinbarten Ziele nicht ambitioniert genug seien. Die Landesregierung hatte daraufhin angekündigt, eine Arbeitsgruppe einzurichten, die mit der Erstellung von Richtlinien für die künftigen Vertragsabschlüsse mit Chefärzten beauftragt wurde. Offen blieb dabei, ob auch die Herstellung der Wirtschaftlichkeit der Fachabteilung im Rahmen dieser Richtlinien berücksichtigt wird. 1. Wie ist aus Sicht der Landesregierung die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Fachabteilungen an Universitätskliniken sicherzustellen? Die Universitätskliniken sind seit dem Jahr 2001 rechtlich selbstständige Anstalten des öffentlichen Rechts. Dem Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung obliegt nach § 17 Abs. 1 Satz 1 der Rechtsverordnung für die Universitätskliniken Aachen, Bonn, Düsseldorf , Essen, Köln und Münster (Universitätsklinikum-Verordnung - UKVO) lediglich die Rechtsaufsicht. Der Vorstand leitet gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 UKVO das Universitätsklinikum und legt die betrieblichen Ziele fest. Damit hat der Vorstand sicherzustellen, dass die einzelnen Fachabteilungen wirtschaftlich arbeiten. Nach § 4 Abs. Satz 1 UKVO überwacht der Aufsichtsrat die Geschäftsführung des Vorstandes. Innerhalb der Jahresabschlussprüfung testiert der Wirtschaftsprüfer im Rahmen der Fragenkreise nach § 53 des Gesetzes über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder (Haushaltsgrundsätzegesetz - HGrG) die zutreffende Berichterstattung über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Universitätsklinikums gegenüber dem Aufsichtsrat. Die Landesregierung hat keine Anhaltspunkte dafür, dass die bestehenden Regeln nicht ausreichen, um die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Fachabteilungen sicherzustellen. 2. Wie hoch waren die Verluste bzw. Gewinne der Universitätskliniken jeweils in den vergangenen fünf Jahren (bitte für jede Universitätsklinik einzeln aufschlüsseln )? Die Jahresabschlüsse der Universitätskliniken weisen für die Jahre 2010 bis 2014 nachfolgende Jahresüberschüsse bzw. Jahresfehlbeträge in TEUR aus: UK 2010 2011 2012 2013 2014 Aachen -7.049 255 370 243 474 Bonn 698 1.628 -16.626 -12.033 -19.920 D'dorf 2.431 1.711 -15.860 -13.278 -11.987 Essen 1.826 927 -7.162 -3.743 -2.917 Köln 2.497 1.424 2.073 5.915 660 Münster 5.082 5.780 3.520 3.317 3.248 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9273 3 3. Wie sind die Arbeitsverträge der Chefärzte an nordrhein-westfälischen Universitätskliniken ausgestaltet (bitte prozentual nach befristeten bzw. unbefristeten Verträgen, nach Verbeamtung bzw. Anstellung und nach institutioneller Art des Arbeitgebers [Universitätsklinik bzw. Hochschule] aufschlüsseln)? 4. Welche Handlungsmöglichkeiten haben die Leitungen der Universitätskliniken, um die Wirtschaftlichkeit der Fachabteilung sicherzustellen? Nach § 5 Abs.1 Satz 1 UKVO obliegt dem Vorstand die Leitung des Universitätsklinikums. Er legt die betrieblichen Ziele fest. Im Rahmen der Budget- bzw. Zielverhandlung werden die Unternehmensziele auf die einzelnen Fachabteilungen/Kliniken heruntergebrochen. Jedes Universitätsklinikum verfügt über eine der Größe des Unternehmens entsprechende Controllingabteilung , die regelmäßig und unterjährig Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen und ggfs. Planabweichungsanalysen für alle Be- reiche des Klinikums vornimmt. Auf dieser Basis werden -soweit erforderlich- strukturelle und organisatorische Maßnahmen zur Verbesserung der Ertragslage eingeleitet. Die erfolgreiche Umsetzung wird durch ein Zielvereinbarungs- und Tantiemensystem unterstützt. Bei Verlusten , die aus dem Krankenhausfinanzierungsystem resultieren, wie die Kosten-Erlös-Schere (Kosten für Personal, Medikamente und Energie steigen permanent schneller als die Entgelte ) oder die unzureichende Vergütung von besonderen Leistungen in der Krankenversorgung (z.B. Extremkostenfälle, Notfallversorgung, Behandlung seltener Erkrankungen, Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, interdisziplinären Zentren, überproportionaler Anteil an der ärztlichen Weiterbildung), hat der Vorstand – wie die Leitung jeder Klinik - äußerst geringe Handlungsmöglichkeiten. 5. Welche Richtlinien für künftige Vertragsabschlüsse mit Chefärzten hat die von der Landesregierung angekündigte Arbeitsgruppe konkret erarbeitet? Bereits im Juli 2014 konnte sich die o.g. Arbeitsgruppe auf "Rahmenbedingungen für die Vertragsgestaltung mit Chefärzten und für AT-Verträge im ärztlichen Bereich im Universitätsklinikum " im Einvernehmen mit dem Landesrechnungshof verständigen. Wesentliche Bestandteile der Vereinbarung sind: unbefristet befristet Beamte Angestellte Hochschule Klinikum Aachen 90,48% 9,52% 40,48% 59,52% 92,86% 7,14% Bonn 100,00% 66,67% 33,33% 100,00% D'dorf 100,00% 60,50% 39,50% 100,00% Essen 100,00% 60,61% 39,39% 100,00% Köln 91,60% 8,40% 61,00% 39,00% 88,90% 11,10% Münster 100,00% 51,16% 48,84% 100,00% Standort Vertrag Status Dienstherr/Arbeitgeber LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9273 4  eine landeseinheitliche Gestaltung der Chefarztverträge,  eine einheitliche Obergrenze für den variablen Gehaltsbestandteil,  eine nachvollziehbare Dokumentation der vereinbarten Vergütungsbestandteile,  ein jährlicher Abschluss von Zielvereinbarungen und  eine Berichtspflicht gegenüber dem Aufsichtsrat.