LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9337 23.07.2015 Datum des Originals: 21.07.2015/Ausgegeben: 28.07.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3462 vom 26. Mai 2015 des Abgeordneten Henning Höne FDP Drucksache 16/8787 Sieben Bundesländer informieren Bürger aktiv über Naturgefahrenschutz – Wann beginnt die NRW-Landesregierung damit? Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 3462 mit Schreiben vom 21. Juli 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister, dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Immer wieder kommt es zu großen Naturereignissen, die in vielen Fällen Haus und Grund der Bürgerinnen und Bürger beschädigen. Oft stellt die Wiederherstellung von beschädigten Immobilien nach Sturm- und Hochwasserschäden die Besitzer vor enorme finanzielle Belastungen , die dabei die finanziellen Belastungsgrenzen der Hausbesitzer übersteigen. Familien verlieren ihr Zuhause und stehen vor dem Verlust ihrer Existenz. Bei nahezu jedem Großereignis erfolgt dankenswerterweise eine große Spendenbereitschaft aus der Bürgerschaft, um Geschädigte entsprechend zu unterstützen und Solidarität mit ihnen zu zeigen. Das letzte Ereignis dieser Art in Nordrhein-Westfalen war das Starkregenereignis im Münsterland im Juli 2014. Experten prognostizieren, dass in den nächsten Jahrzehnten immer häufiger und immer heftigere Wetterextreme auftreten werden. Dabei können viele Folgen von Wetterextremen (Überschwemmung, Rückstau, Erdbeben, Erdsenkung, Erdrutsch, Schneedruck) über eine freiwillige Elementarschadenversicherung aufgefangen werden. Soweit ersichtlich gehen die Bundesländer Bayern, Brandenburg, Niedersachsen , Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz proaktiv voran und informieren die Bürgerinnen und Bürger im Rahmen einer entsprechenden Informations- und Aufklärungskampagne über die individuellen Risikopotenziale und Gefahren von Großwetterereignissen und die Möglichkeit, präventiv vorzubeugen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9337 2 Im Entwurf des NRW-Klimaschutzplans ist zwar im Handlungsfeld Finanz- und Versicherungswirtschaft ein „Versicherungscheck für Privatpersonen und Unternehmen zum Versicherungsbedarf gegen Elementarschäden“ zu finden (Vgl. Entwurf zum NRWKlimaschutzplan , S. 195 f.). Dieser ist jedoch in der letzten Kategorie (3) und der Finanzierungsklasse (C) eingruppiert. Dies lässt vermuten, dass es, bis es zu einer Realisierung dieser Maßnahme kommt, noch lange dauern wird. Vor dem Hintergrund, dass vergleichbare Maßnahmen in sieben anderen Bundesländern bereits heute existieren, muss man hinterfragen , wie lange das Land Nordrhein-Westfalen noch wartet, bis es zu diesem präventiven Programm in unserem Bundesland kommt. 1. Welchen Ansatz verfolgt die Landesregierung aktuell bei der Information der Bevölkerung über Naturgefahrenschutz? Zu Naturgefahren werden im Allgemeinen Sturm, Hagel, Überschwemmung, Starkregen, Erdrutsch, Erdsenkung / Erdfall, Erdbeben, Schneedruck, Lawinen und Vulkanausbruch gezählt . Nordrhein-Westfalen kann von diesen im Wesentlichen durch Auswirkungen von Überschwemmungen , Starkregen und Sturm betroffen sein. Die Landesregierung setzt insbesondere auf vorsorgende Planung, Unterstützung und Befähigung zur eigenverantwortlichen Vorsorge. Im Bereich des vorsorgenden Hochwasserschutzes liegen mit den seit Ende 2013 zur Verfügung stehenden Hochwassergefahren- und Hochwasserrisikokarten flächendeckend wichtige Informationen insbesondere für Bauleitplanung, Raumplanung, Ver- und Entsorgung, Denkmalschutz und Katastrophenschutz vor. Stürme und Starkregen sind Ereignisse, die räumlich sehr begrenzt auftreten können und schwer vorherzusagen sind. Umso wichtiger ist es, die mögliche lokale Gefahrenlage abzuschätzen . Die Landesregierung unterstützt Kommunen bei Überflutungsvorsorge infolge von Starkregen. In dem Informationssystem „Gefährdungspotenziale des Untergrundes“ sind geogen und anthropogen bedingte Gefährdungspotenziale des Untergrundes erfasst, u.a. Gebiete mit Erdbebengefährdung und seismisch aktiven Störungen, Gebiete mit verkarstungsfähigen oder auslaugungsfähigen Gesteinen und zu Eintrittswahrscheinlichkeiten von Karsterscheinungen , Erdfälle und Höhlen, verlassene Tagesöffnungen des Bergbaus, Verbreitungsgebiete des oberflächennahen und des möglichen tagesnahen Bergbaus. Planungsbehörden und den Stellen der Gefahrenabwehr steht eine parzellenscharfe Behördenversion zur Verfügung , Bürgern aus Datenschutzgründen eine generalisierte Version. Auf Anfrage können Privatpersonen, Planungsträger usw. mit entsprechender Legitimation grundstücksbezogene Auskünfte erhalten. Neben der vorsorgenden Planung und der Unterstützung ist auch auf die Möglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger hinzuweisen, sich eigenverantwortlich auf Naturgefahren vorzubereiten und gegen Schäden abzusichern. Die Hochwassergefahren- und Hochwasserrisikokarten stehen über das Internetangebot des MKULNV allen Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen sowie Kulturinstituten und Hausbesitzern zur Verfügung. Über zeitnah bevorstehende Extremereignisse informiert zudem unter anderem der Deutsche Wetterdienst mit amtlichen Warnungen auf seiner Internetseite. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9337 3 Mit dem Klimawandel ist davon auszugehen, dass Extremereignisse in Häufigkeit und Intensität in Zukunft zunehmen werden. Vor diesem Hintergrund hat die Landesregierung in ihrem Klimaschutzplan mehrere Maßnahmen aufgenommen, die Bürger und Bürgerinnen noch besser informieren und zum eigenverantwortlichen Handeln befähigen. Dazu zählen insbesondere die Maßnahmen „Einrichtung eines Internetportals Klimaanpassung NordrheinWestfalen “, „Versicherungscheck für Privatpersonen und Unternehmen zum Versicherungsbedarf gegen Elementarschäden“ und „Integrierte Beratungs- und Informationsangebote zum Klimawandel“. 2. Wie viele große Naturereignisse in Nordrhein-Westfalen, bei denen die Bevölkerung mit Schäden konfrontiert wurde, die durch eine entsprechende Elementarschadenversicherung hätten aufgefangen werden können, sind der Landesregierung in den letzten 15 Jahren bekannt (Bitte einzeln auflisten)? Es ist keine Aussage zu Naturereignissen möglich, bei denen die Bevölkerung mit Schäden konfrontiert wurde, die durch eine entsprechende Elementarschadenversicherung hätte aufgefangen werden können, denn die Landesregierung führt keine zentrale statistische Erfassung von Naturereignissen mit Schadenfolge. Folgende Aussagen zu großen Naturereignissen der letzten 15 Jahre können getroffen werden:  In den letzten 15 Jahren gab es keine überregionalen Hochwasserereignisse. Zu regionalen Ereignissen bzw. lokalen Starkregen liegen keine Statistiken vor. Das letzte Starkregenereignis mit erheblichen Schäden ereignete sich im Juli 2014 in Münster.  Aus der jüngeren Vergangenheit sind beispielhaft die Sturmtiefs „Kyrill“ (2007), „Xynthia“ (2010), „Ela“ (2014) und „Niklas“ (2015) mit erheblichen Sach- und Personenschäden zu nennen.  In den letzten 15 Jahren hat der Landeserdbebendienst des Geologischen Dienstes NRW ein Erdbeben registriert, das zu leichten Sachschäden geführt hat.  Zu Hagel, Schneedruck, Lawinen und Vulkanausbruch liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Zu Erdrutschen und Erdsenkungen liegen dem Geologische Dienst NRW vereinzelt geotechnische Informationen vor, jedoch nicht über deren Versicherungsrelevanz . 3. Inwieweit ist die Landesregierung über die Informationskampagnen der o.g. sieben Bundesländer informiert? Die Informationskampagnen aus den anderen Bundesländern sind bekannt. Die Landesregierung berücksichtigt die bestehenden Ansätze und gemachten Erfahrungen bei der Ausgestaltung eines eigenen Informationsangebotes. Diese Vorgehensweise ist auch bereits in der Maßnahmenformulierung des „Versicherungscheck für Privatpersonen und Unternehmen zum Versicherungsbedarf gegen Elementarschäden“ beschrieben. 4. Welche Kosten entstehen dem Land Nordrhein-Westfalen für eine Realisierung einer entsprechenden Aufklärungs- und Informationskampagne für das Land Nordrhein-Westfalen? Die drei oben genannten Maßnahmen sind Bestandteil des Klimaschutzplans, der aktuell dem Landtag zur Beschlussfassung zugeleitet wurde. Eine konkrete Kostenplanung ist für eine weitere Umsetzung der nächsten Schritte vorgesehen, wenn die Einplanung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel möglich ist. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9337 4 5. Wann startet die Landesregierung eine solche eigene Aufklärungs- und Informationskampagne zum Naturgefahrenschutz? Die Maßnahme „Einrichtung eines Internetportals Klimaanpassung Nordrhein-Westfalen“ ist in Kategorie 1 eingeordnet und startet damit unmittelbar, nachdem der Klimaschutzplan durch den Landtag beschlossen wurde. Der Versicherungscheck wurde aktuell im Zuge der Stellungnahme der Verbände von Kategorie 3 in die Kategorie 2 hochgestuft, um einen besseren Anschluss an andere Maßnahmen zu gewährleisten. Auch die Maßnahme „Integrierte Beratungs- und Informationsangebote zum Klimawandel“ ist in Kategorie 2 eingestuft. Damit ist vorgesehen, dass alle für das Anliegen relevanten Maßnahmen innerhalb von 3 Jahren nach Beschlussfassung des Landtags starten werden.