LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9340 23.07.2015 Datum des Originals: 23.07.2015/Ausgegeben: 28.07.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3632 vom 30. Juni 2015 der Abgeordneten Susanne Schneider FDP Drucksache 16/9134 Stehen Saunabesucher bald nackt da – schadet die Erhöhung der Umsatzsteuer auf Saunabesuche der Gesundheitsvorsorge in NRW? Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 3632 mit Schreiben vom 23. Juli 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport und der Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Mit einem Schreiben an die Obersten Finanzbehörden der Länder vom 28. Oktober 2014 hat das Bundesministerium der Finanzen vorgegeben, dass ab dem 1. Juli 2015 für die zu erhebende Umsatzsteuer auf Saunaeintritte statt des ermäßigten Steuersatzes in Höhe von 7 Prozent der Regelsteuersatz in Höhe von 19 Prozent angesetzt werden muss. Für eine Ansetzung des ermäßigten Steuersatzes sei die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Heilmittel -Richtlinie) in Verbindung mit dem Heilmittelkatalog maßgeblich. Nicht verordnungsfähige Anwendungen wie Sauna- oder Dampfbäder seien demnach mit dem regulären Satz von 19 Prozent zu besteuern. Demgegenüber unterliegt der Eintritt in Schwimmbäder als sportorientierte Einrichtungen weiterhin dem ermäßigten Steuersatz. Dies stellt die Betreiber von Schwimmhallen, die auch einen Saunabereich anbieten, bezüglich der Behandlung der Eintrittsgelder vor besondere Probleme. Soweit einheitliche Eintrittspreise verlangt werden, die sowohl den Eintritt in das Schwimmbad wie auch in den Saunabereich ermöglichen, muss eine entsprechende sachgerechte Aufteilung der Entgelte vorgenommen werden. Dies dürfte bei Prüfungen zu Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung führen. Saunabäder haben einen positiven Einfluss nicht nur auf das Wohlbefinden, sondern auch auf die Gesundheit und tragen somit zur allgemeinen Gesundheitsvorsorge bei. Rund 16 Millionen Besucher öffentlicher Saunabäder in Deutschland erbringen eine gesundheitsorien- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9340 2 tierte Eigenleistung. Eine mit der Umsatzsteuersatzerhöhung verbundene Kostensteigerung gefährdet diesen Beitrag zur Gesundheitsvorsorge. Vorbemerkung der Landesregierung Bereits mit Urteil vom 12. Mai 2005 hat der Bundesfinanzhof entschieden und zwischenzeitlich mehrfach bestätigt, dass auf Saunabesuche nicht der ermäßigte, sondern der allgemeine Umsatzsteuersatz anzuwenden ist. Eine Umsetzung dieser langjährigen Rechtsprechung war daher unvermeidlich. Die Landesregierung verkennt nicht, dass durch die Neuregelung neue Abgrenzungsschwierigkeiten – gerade auch im Bereich der Schwimmbäder mit Saunabetrieb - entstehen, die sich aber im Bereich des ermäßigten Umsatzsteuersatzes leider nicht vermeiden lassen. Die Abgrenzung im Bereich der Heilbäder erfolgt in Anlehnung an die Anerkennung nach der Heil- und Hilfsmittelrichtlinie der Krankenkassen. Die nach dieser Richtlinie der privaten Lebensführung zugeordneten und von dieser Richtlinie nicht als Heilmittel anerkannten Saunabesuche können nicht mehr dem ermäßigten Steuersatz unterworfen werden. 1. Wie viele Betriebe in NRW sind von dieser Regelung insgesamt betroffen? (Bitte nach Möglichkeit getrennt auflisten nach eigenständigen Saunabetrieben, Schwimmbädern mit Sauna, Fitnessstudios mit Sauna, etc.) Nach der jüngsten amtlichen Umsatzsteuerstatistik des Statistischen Bundesamtes für das Kalenderjahr 2013 gibt es deutschlandweit 2.737 Unternehmen in diesem Bereich. Nach dem aktuell vorliegenden Datenmaterial haben rund 25% der betroffenen Unternehmen ihren Sitz in Nordrhein-Westfalen. 2. Wie hoch schätzt die Landesregierung die Mehreinnahmen für den Landeshaushalt aufgrund der Umsatzsteuererhöhung auf Saunabesuche? Die sich in Folge der notwendigen Rechtsanpassung ergebenden zusätzlichen Steuereinnahmen schätzt die Landesregierung für den Landeshaushalt auf bis zu 3 Mio. € pro Jahr. 3. Welche Gespräche hat die Landesregierung im Vorfeld der Umstellung geführt, um die Auswirkungen dieser Regelung abschätzen zu können? Die Landesregierung wurde durch zahlreiche und umfangreiche Schreiben und Stellungnahmen der betroffenen Verbände und auch einzelner, betroffener Steuerpflichtiger umfassend über die zu erwartenden Auswirkungen informiert. Da es sich - wie in der Vorbemerkung erläutert - aber um eine Reaktion auf eine Rechtsprechung handelt, gab es hier keinen Ermessensspielraum. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9340 3 4. Wie bewertet die Landesregierung den bürokratischen Aufwand insbesondere für Betriebe wie Schwimmbäder mit Saunabereich, die ab dem 1. Juli 2015 unterschiedliche Steuersätze auf die jeweiligen Bereiche ansetzen müssen? Der Aufwand für die betroffenen Betriebe wird sich in Grenzen halten. Nachdem die Entscheidung getroffen wurde, in welchem Verhältnis ein einheitlicher Eintrittspreis aufzuteilen ist (z.B. Gesamtpreis für Sauna und Schwimmbad wird im Verhältnis der vorhandenen Einzelpreise aufgeteilt), ist eine entsprechende Änderung der Buchführung vorzunehmen. Hierbei handelt es sich um einen einmaligen Vorgang, nach dessen Abschluss das elektronische Kassensystem eigenständig die Aufteilung bzw. Zuweisung der Eintrittspreise vornehmen wird. Da bereits im Vorfeld des BMF-Schreibens vom 28.10.2014 bekannt war, dass es einen erhöhten Steuersatz geben wird, und dieses Schreiben eine Übergangsregelung bis zum 01.07.2015 enthält, hatten die betroffenen Betriebe genügend Zeit, sich auf diese Umstellung vorzubereiten. Eine Differenzierung zwischen Sauna/Schwimmbad und Gastronomie muss auch heute schon berücksichtigt werden und ist technisch machbar. 5. Wie bewertet die Landesregierung den Saunabesuch als Maßnahme der aktiven Gesundheitsvorsorge und die Auswirkungen der mit der Umsatzsteuersatzerhöhung verbundenen Kostensteigerung? Das Saunieren kann auch medizinischen Zwecken dienen. Es wird u.a. zur Behandlung von Herz-Kreislaufbeschwerden, Stoffwechselstörungen, Muskulaturverspannungen, chronischen Schmerzen, Durchblutungsstörungen und asthmatischen, rheumatischen sowie nervösen Erkrankungen eingesetzt. Ob die Änderung zu einem Rückgang der Saunabesuche führt, bleibt abzuwarten.