LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9355 24.07.2015 Datum des Originals: 24.07.2015/Ausgegeben: 29.07.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3650 vom 3. Juli 2015 des Abgeordneten Christof Rasche FDP Drucksache 16/9189 Zustand der B 55-Brücken in Lippstadt – wie ist die Lage denn nun wirklich? Der Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr hat die Kleine Anfrage 3650 mit Schreiben vom 24. Juli 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Sperrung von drei Brücken im Zuge der B 55 in Lippstadt für Lkw über 44 Tonnen sowie die geplante Ausweitung der Sperrung auf Fahrzeuge ab 7,5 Tonnen sorgen weiter für große Verunsicherung in der Region. Denn wenn die Lippe-Brücke, die Lippe-Umflutbrücke sowie die Brücke über den Boker-Kanal am Margaretensee nur noch beschränkt befahrbar sind, werden die Ausweichverkehre zu einer starken Belastung der Anwohner sowie der betroffenen Unternehmen und absehbar auch zu einem Verkehrschaos in Lippstadt und den angrenzenden Städten führen. Zum tatsächlichen Zustand der Brücken hatte der Fragesteller bereits die Kleine Anfrage 3477 an die Landesregierung gestellt. Eine abschließende Klärung der vor allem für die Betroffenen vor Ort offenen Fragen konnte damit allerdings nicht erreicht werden, da die Antwort der Landesregierung (Drucksache 16/9073) und die durch Straßen.NRW getätigten Aussagen im Zusammenhang mit einer Berichterstattung in Der Patriot am 1. Juli 2015 über die Beantwortung der Kleinen Anfrage neue Fragen aufgeworfen haben. So widersprechen sich die Aussagen des Sprechers von Straßen.NRW und die Antwort des zuständigen Verkehrsministers beispielsweise mit Blick auf die Überprüfung der drei Bauwerke . Während der Verkehrsminister auf die Frage nach dem Abstand der Brückenprüfung Daten aus den Jahren 2014 und 2011 genannt hat, erklärte der Sprecher von Straßen.NRW, die Prüfung erfolge sogar mehr als einmal im Monat. Unklar ist auch, welche Schäden mit welchen Konsequenzen an den Brücken auftreten können . Vor Ort wurde durch Straßen.NRW mehrfach der Eindruck vermittelt, dass eine Sperrung unausweichlich sei, weil die Kapazitäten der Brücken erschöpft seien und bei einer wei- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9355 2 teren Überlastung mit schlimmsten Folgen zu rechnen sei. In der Antwort auf die oben genannte Kleine Anfrage hat der Verkehrsminister grundsätzlich festgestellt, dass diese Aussagen allein auf theoretische Berechnungen zurückgehen und Schäden aktuell nicht festzustellen sind. In oben genanntem Bericht wird der Sprecher von Straßen.NRW zudem dahingehend zitiert, dass Spannstahl zwar jederzeit reißen könne, dies aber nicht bedeute, dass eine Katastrophe – also der Einsturz einer Brücke oder von Teilen einer Brücke – zu befürchten sei. Nachvollziehbarerweise fragen sich nun viele Menschen vor Ort, ob – wenn die Sicherheit der Brücke bei einem Reißen des Stahls nicht akut gefährdet ist – nicht eine regelmäßige , engmaschige Prüfung, die angeblich ja sogar schon durchgeführt wird, nicht ausreicht , um rechtzeitig einen gravierenden Schaden erkennen zu können und erst dann die Sperrung wie bereits jetzt geplant auszuweiten. Fragen ergeben sich zudem im Hinblick auf das beim Bau der Brücken verwendete und in der Antwort auf oben genannte Kleine Anfrage auch so beschriebene Material. Es wurden offensichtlich Spannstähle mit hoher Empfindlichkeit gegen Spannungsrisskorrosion verbaut. Entsprechende Materialdefizite sind jedoch bereits seit Anfang der 1990er-Jahre bekannt. Hierzu liegt sogar eine Handlungsanweisung Spannungsrisskorrosion vor. 1. An welchen Terminen wurden die drei Brückenbauwerke in diesem Jahr – wenn überhaupt bzw. anders als in der vorliegenden Antwort dargestellt – geprüft? An der Lippebrücke (BW 4316 528), der Lippeumflutbrücke (BW 4316 529) und der Brücke Margaretensee (BW 4216 528) wurden am 26.06.2015 aufgrund der Nachrechnungsergebnisse Sonderprüfungen durchgeführt. 2. Trifft die Aussage, dass selbst bei einem Reißen des Spannstahls nicht mit unmittelbaren , gravierenden Folgen zu rechnen ist, zu? Das Reißen von Spanngliedern infolge Spannungsrisskorrosion führt nicht zwangsläufig zum plötzlichen Einsturz eines Bauwerks. Gleichwohl muss damit gerechnet werden, dass in einem solchen Fall je nach Schadensbild eine Vollsperrung des Bauwerkes erforderlich werden kann. 3. Wie bewertet die Landesregierung vor diesem Hintergrund die Möglichkeit, eine Ausweitung der Sperrung der drei Brücken für Fahrzeuge ab 7,5 Tonnen erst dann zu veranlassen, wenn bei regelmäßigen Prüfungen der Bauwerke Schäden zu erkennen sind? Die Bauwerke weisen erhebliche Tragfähigkeitsdefizite auf. Eine Entlastung der Brücken ist daher sowohl im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht als auch zur Sicherung der kurzund mittelfristigen Netzverfügbarkeit erforderlich. Darüber hinaus verweise ich auf die Antwort zu Frage 2. 4. Wann haben Überprüfungen der drei Bauwerke, bezogen auf die bekannten Materialdefizite , stattgefunden? (Bitte Angabe zur jeweiligen Prüfmethode) Materialprüfungen haben nicht stattgefunden, da durch eine Probennahme eine Schwächung der Tragfähigkeit verursacht wird. Im Übrigen würde kein Erkenntnisgewinn bezüglich des Materialdefizites zu erwarten sein. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9355 3 5. In welchem Zeitraum ist nach Einschätzung der Landesregierung der Bau von Behelfsbrücken schnellstens möglich? (Bitte grobe Angabe von Beginn und Ende der jeweiligen Realisierungsphasen) Der Zeitraum für den Bau einer Behelfsbrücke wird bestimmt durch die jeweiligen Umstände des Einzelfalls, so dass generelle Angaben hierzu nicht möglich sind.