LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9385 28.07.2015 Datum des Originals: 28.07.2015/Ausgegeben: 31.07.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3622 vom 24. Juni 2015 des Abgeordneten Gregor Golland CDU Drucksache 16/9118 Polizeipannen und SEK-Skandale: Was wusste der Kölner Polizeipräsident wann? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 3622 mit Schreiben vom 28. Juli 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Justizminister beantwortet . Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Ein junger Polizist ist offensichtlich über mehrere Tage von seinen SEK-Kollegen misshandelt worden. Offenbar ist es in Köln üblich, neue Kollegen einem Aufnahmeritual zu unterziehen . Der dahinter stehende falsch verstandene Corpsgeist ist nun Bestandteil einer Überprüfung der Vorgänge. Die Rheinische Post (23.06.2015) schildert die Vorfälle so „Ein SEK-Anwärter wurde demnach von seinen Mannschaftskameraden über mehrere Tage hinweg gefesselt - überwiegend an einen Kollegen. Auch, als das mutmaßliche Opfer massiv gegen das Ritual protestierte und um seine Freilassung bat, ließen die angeblichen Täter es nicht frei. Stattdessen sollen sie den Mann auch Wochen später noch massiv gemobbt haben.“ Polizeipräsident Wolfgang Albers zeigte sich nach Bekanntwerden der Vorwürfe erschüttert. In der Kölnischen Rundschau und anderen Medien wird er wortgleich in den Ausgaben vom 24.06.2015 zitiert: „Die Vorwürfe treffen mich zutiefst. Ich werde ein solches Verhalten niemals dulden.“ Und weiter: „Er habe weder gewusst noch habe er sich vorstellen können, dass es derartige Aufnahmerituale gebe.“ Trotz der öffentlichen Erschütterung des Polizeipräsidenten hat er erst nach dem öffentlichen Bekanntwerden die Ermittlungen in externe Hände gelegt. Dieses Verhalten ist unsensibel und erinnert stark an den Umgang mit vielen anderen Skandalen der letzten Monate: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9385 2 - Die schleppende und lückenhafte Aufklärung des fehlgeschlagenen HoGeSaEinsatzes . - Der Hundeführer-Skandal, der massive personelle Versetzungen zur Folge hatte und in dem die Mobbing-Vorwürfe nicht verstummen. - Das SEK-Abschiedsfoto auf Steuerkosten hoch oben auf der Severinsbrücke. Es erfolgt immer erst eine Reaktion, wenn die Vorwürfe öffentlich werden. Es wird Aufklärung versprochen, aber dann nur spärlich geliefert. 1. Wann hat der junge Polizist erstmalig die zuständigen Stellen über das inakzeptable „Aufnahmeritual“ informiert? (Bitte genaues Datum und die entsprechende Dienststelle nennen.) Der Beamte wandte sich am 27. Mai 2015 telefonisch an das für Disziplinarangelegenheiten zuständige Sachgebiet des Polizeipräsidiums Köln (ZA 2) und teilte zu diesem Zeitpunkt wesentliche Inhalte der Vorwürfe mit. Er wurde dort am 16. Juni 2015 zum Sachverhalt vernommen . Das Anhörungsprotokoll ist von ihm am 18. Juni unterzeichnet worden. 2. Wann hat das PP Köln von den Vorwürfen des jungen Polizisten erfahren? (Bitte genaues Datum nennen.) Siehe hierzu Antwort auf Frage Nummer1. 3. Wann hat der Polizeipräsident von den Vorwürfen des jungen Polizisten erfahren? (Bitte genaues Datum nennen.) Auf Grundlage der vorliegenden Berichtslage des Polizeipräsidiums Köln wurde Herr Polizeipräsident Albers am 11. Juni 2015 mündlich über den Vorgang in Kenntnis gesetzt. Der Gesamtsachverhalt mit dem Protokoll der Anhörung wurde ihm am 18. Juni 2015 vorgelegt. 4. Was haben interne Stellen und der Polizeipräsident nach dem Bekanntwerden konkret unternommen? Das von dem Beamten kontaktierte Sachgebiet ZA 2 informierte den Leiter der Spezialeinheiten (L/SE) am 28. Mai 2015 über die am Vortag geäußerten Vorwürfe. Am 29. Mai 2015 untersagte der L/SE informelle Veranstaltungen zur Aufnahme neuer Kollegen unter Androhung beamtenrechtlicher Schritte bei Zuwiderhandlung. Parallel dazu initiierte er einen internen Aufarbeitungsprozess unter Einbeziehung von Polizei-seelsorgern. Am 2. Juni 2015 ersuchte der L/SE das Personaldezernat des Polizeipräsidiums Köln um Prüfung des Sachverhaltes unter beamtenrechtlichen und strafrechtlichen Gesichtspunkten. Hierüber wurde der Leiter der Direktion Zentrale Aufgaben beim Polizeipräsidium Köln informiert . Mit Vorliegen des unterzeichneten Protokolls der Anhörung des Beamten am 18. Juni 2015 ordnete Herr Polizeipräsident Albers an, dass das die Vorwürfe betreffende Spezialeinsatzkommando bis auf Weiteres nicht für die Wahrnehmung von Einsätzen zur Verfügung stehe. Zudem übergab er den Vorgang zur kriminalpolizeilichen Sachbearbeitung dem für Beamtendelikte zuständigen Kriminalkommissariat des Polizeipräsidiums Köln. Die Zuständigkeit LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9385 3 für die weitere kriminalpolizeiliche Bearbeitung des Vorgangs übertrug das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen mit Verfügung vom 22. Juni 2015 auf Anordnung des MIK NRW vom 19. Juni 2015 an das Polizeipräsidium Düsseldorf. Dort ist derzeit eine Ermittlungskommission eingesetzt. Die Ermittlungsführung obliegt der Staatsanwaltschaft Aachen. Der ehemalige Direktor des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen wurde am 23. Juni 2015 von Herrn Polizeipräsident Albers vor dem Hintergrund der erhobenen Vorwürfe gebeten , die Wertevorstellungen bei den Spezialeinsatzkommandos Köln zu untersuchen. Er soll überprüfen, inwieweit die Strukturen des Spezialeinsatzkommandos Köln die etwaigen Missstände begünstigt haben. Zusätzlich habe ich das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste Nordrhein-Westfalen und das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen gebeten, gemeinsame Inspektionen aller übrigen Standorte mit Spezialeinheiten durchzuführen. Diese Inspektionen erfolgen vorsorglich, insbesondere auch, um diejenigen Beamten vor ungerechtfertigten Verdächtigungen zu schützen, die zuverlässig und engagiert bei den Spezialeinsatzkräften der Polizei im Einsatz sind. Am 24. Juni 2015 leitete das Polizeipräsidium Köln elf Disziplinarverfahren gegen beteiligte Beamte der SE ein. 5. Zu welchem Zeitpunkt wurde das Innenministerium über die Folter-Vorwürfe informiert ? Das Polizeipräsidium Köln informierte mein Haus am 18. Juni 2015 fernmündlich vorab und am 19. Juni 2015 schriftlich über den Vorgang.