LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9388 29.07.2015 Datum des Originals: 28.07.2015/Ausgegeben: 03.08.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3641 vom 30. Juni 2015 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/9143 GFG 2016 - Überdecken die Steuermehreinnahmen die systematischen Schwächen bei der Verteilung der Schlüsselzuweisungen? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 3641 mit Schreiben vom 28. Juli 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am Montag, 29.Juni 2015 veröffentlichte das Innenministerium eine Pressemitteilung zu den vom Landeskabinett beschlossenen Eckpunkten des Gemeindefinanzierungsgesetzes 2016 (GFG 2016). Die mit der Umstellung der Methodik auf eine Mehrjahresdatenbasis verbundene Grunddatenaktualisierung diene dazu, eine bedarfsgerechte interkommunale Verteilung zu gewährleisten und den verfassungsrechtlichen Vorgaben nachzukommen. Maßgebliche Verfassungsnorm für den kommunalen Finanzausgleich bildet dabei Art. 79 Landesverfassung NRW, dass die Gemeinden zur Erfüllung ihrer Aufgaben das Recht auf Erschließung eigener Steuerquellen haben, das Land aber auch verpflichtet ist, diesem Anspruch bei der Gesetzgebung Rechnung zu tragen und im Rahmen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit einen übergemeindlichen Finanzausgleich zu gewährleisten. Laut den Eckpunkten zum GFG 2016 wird der für die interkommunale Verteilung der Schlüsselzuweisungen fiktiv festzulegende Bedarf anhand des einwohnerbezogenen Hauptansatzes sowie ergänzender Nebenansätze, wie dem Soziallastenansatz, ermittelt. Dabei wird jeder Einwohner je nach Größe der Gemeinde gewichtet. Nach den Eckpunkten ist nun eine Staffel von 15 Klassen vorgesehen, dadurch sind wesentlich mehr Einwohner einer Gemeinde notwendig, um eine größere Staffelklasse zu erreichen. So sind für die Staffel Nr. 5 (112%) nun nicht mehr 106.000 Einwohner notwendig, sondern 123.000 Einwohner und für die Staffel 10 (127%) 350.000 Einwohner, anstatt wie im Vorjahr 286.000 Einwohner. Darüber hinaus wird der prägende Soziallastenansatz weiter verstärkt durch die Anhebung von 15,76 auf nun 17,63. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9388 2 Für die Ermittlung der fiktiven Steuerkraft der Kommunen wird weiterhin mit fiktiven Hebesätzen gearbeitet. Anstatt die Einnahmen auf Basis der realen Hebesätze zu berücksichtigen, werden diese anhand der fiktiven Hebesätze gebildet, die aus einem um 5% reduzierten gewogenen Landesdurchschnitt der tatsächlichen Hebesätze aus einer Mehrjahresbetrachtung der Jahre 2009 bis 2012 bestehen. Die fiktiven Hebesätze werden gegenüber den Festlegungen des Vorjahres abermals erhöht: Der Hebesatz der Grundsteuer A steigt auf 217 (213), der Hebesatz der Grundsteuer B auf 429 (423) und der Hebesatz der Gewerbesteuer auf 417 (415). 1. Wie beurteilt die Landesregierung die neue Einwohnerstaffelung vor dem Hintergrund , dass dadurch größere Kommunen mit mehr Einwohnern wesentliche Verbesserungen bei der Bedarfsermittlung zu erwarten haben? Die Ermittlung des fiktiven Finanzbedarfs im kommunalen Finanzausgleich basiert auf einer Regressionsanalyse, bei der die im finanzwissenschaftlichen Gutachten des FiFo-Instituts der Universität zu Köln empfohlene Methodik angewandt wurde. Die veränderte Spreizung und sonstige Gestaltung der Hauptansatzstaffel ergibt sich aufgrund der Verwendung der Datenjahrgänge 2009 bis 2012 im Rahmen der sog. „Pooled OLS“. Die Hauptansatzstaffel gibt hierbei bekanntlich eine Orientierungshilfe zur besseren Übersicht im Gesetz, während der konkrete Hauptansatz für die Gemeinden exakt errechnet, auf eine Stelle hinter dem Komma gerundet und in der Regel bei einem zwischen den Staffelklassen liegenden Wert auskommen wird. 2. Im Rahmen des Soziallastenansatzes werden SGB-II-Bedarfsgemeinschaften der Jahre 2009 bis 2012 als Maßstab genommen. Wie werden dabei aber die Entlastungswirkungen bei den kommunalen Sozialaufwendungen zum Beispiel durch die schrittweise Übernahme der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung durch die Bundesregierung in Höhe von rund 400 Millionen Euro im Jahr 2012 berücksichtigt? Die Ermittlung des Parameters für den Soziallastenansatz ist ebenfalls ein Ergebnis der bereits angesprochenen Regressionsanalyse. Einen weiteren Bestandteil der Regression stellen die sog. „Auszahlungen aus allgemeinen Deckungsmitteln (Auszahlungen aaD)“ dar, die auch die Erstattungsleistungen des Bundes für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung berücksichtigen, soweit sie in den Jahren der verwendeten Grunddaten erfolgten. 3. Welche Erwartungen hat die Landesregierung an die Entwicklung der fiktiven Hebesätze , wenn weiterhin der Jahresdurchschnitt der gewogenen Hebesätze zukünftig im Mehrjahresdurchschnitt berücksichtigt werden soll, angesichts der starken Anhebung der Kommunalen Steuern in den Jahren seit Beginn des Stärkungspaktes ? Für die Landesregierung besteht keine gesicherte Möglichkeit, eine entsprechende Prognose abzugeben. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9388 3 4. Wie hoch ist aktuell die Differenz jeweils in den Kommunen zwischen den realen Steuereinnahmen der Kommunen und der fiktiv errechneten Steuerkraft der Kommunen? Eine Vergleichsrechnung zwischen den tatsächlichen Steuereinnahmen der Kommunen und der für die Realsteuern fiktiv errechneten Steuerkraft in der entsprechenden Referenzperiode liegt der Landesregierung nicht vor. 5. Aus welchem Grund ist kein sog. Breitbandansatz in die Eckpunkte zum Gemeindefinanzierungsgesetz 2016 aufgenommen worden, den doch die Fraktion der Grünen eingefordert hatte? Die Landesregierung folgt bei der Festlegung der Bedarfsansätze für den kommunalen Finanzausgleich grundsätzlich finanzwissenschaftlichen Erkenntnissen und aktuell insoweit Empfehlungen des finanzwissenschaftlichen Gutachtens des FiFo-Instituts. Ein Breitbandansatz sowie entsprechende Parameter wurden bekanntlich bislang gutachterlich nicht untersucht .