LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9438 06.08.2015 Datum des Originals: 06.08.2015/Ausgegeben: 11.08.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3609 vom 23. Juni 2015 des Abgeordneten Michele Marsching PIRATEN Drucksache 16/9087 Wird mit Geld vom Land Religionsfreiheit unterdrückt? Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 3609 mit Schreiben vom 6. August 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Religionsfreiheit ist unumstritten ein wichtiges Gut unserer modernen Gesellschaft, und ist es wert von ihrer Regierung verteidigt zu werden. Uns haben Zuschriften von Schülern aus Nordrhein-Westfalen erreicht, welche staatlich geförderte konfessionelle Privatschulen besuchen . Diese Schüler berichten, dass ihnen der Schulverweis droht, wenn diese von ihrer Religionsfreiheit Gebrauch machen und ihre Religion wechseln oder aus der Kirche austreten würden. Dabei heißt es im Grundgesetz Artikel 3 Abs.3 ,,Niemand darf wegen […] seines Glaubens, seiner religiösen […]Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Angesichts dieser staatlich finanzierten Grundrechtsverletzung frage ich die Landesregierung : 1. Wie viele Schulen in Nordrhein-Westfalen, die vom Land mitfinanziert werden, sind der Landesregierung bekannt, in denen diese Praxis durchgeführt wird oder wurde (bitte im Einzelnen nach religiöser Ausrichtung und Ort auflisten)? Der Landesregierung sind keine Schulen bekannt, in denen diese Praxis durchgeführt wird oder wurde. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9438 2 2. Auf welcher Rechtsgrundlage können Schulen nach einem Religionswechsel wie beschrieben verfahren? Aus der Privatschulfreiheit (Artikel 7 Absatz 4 Satz 1 GG in Verbindung mit Artikel 8 Absatz 4 Satz 1 Landesverfassung NRW) ergibt sich das Recht der Ersatzschulträger zur freien Schülerauswahl . Dies ergibt sich aus der Berechtigung der Ersatzschulen, sich eine besondere pädagogische, religiöse oder weltanschauliche Prägung zu geben (vgl. § 101 Absatz 3 Schulgesetz NRW). Der Ersatzschulträger ist demnach frei, für seine Schule die Schülerinnen und Schüler so auszuwählen, dass ein seinen Vorstellungen entsprechender Unterricht durchgeführt werden kann. So kann z. B. für einen kirchlichen Ersatzschulträger auch die Konfessionszugehörigkeit („Tendenzbetrieb“) maßgeblich sein, die – mit Ausnahme der Bekenntnisschulen – bei öffentlichen Schulen für die Aufnahmeentscheidung keine Rolle spielt. Grundlage des Beschulungsverhältnisses ist allein der zivilrechtliche Beschulungsvertrag zwischen Ersatzschulträger und Eltern. Die Gewährleistung des Rechts zur freien Schülerauswahl bedeutet, dass dem Ersatzschulträger auch das Recht zu Kündigung des Schulvertrages zustehen muss, und zwar nicht nur zu den erschwerten Bedingungen, die für die öffentlichen Schulen gelten (vgl. § 47 Schulgesetz NRW). Die Refinanzierung der Personal- und Sachausgaben der (kirchlichen) Ersatzschulen durch das Land steht dem auch nicht entgegen: ein Anspruch auf Bezuschussung besteht, wenn und soweit eine Ersatzschule genehmigt worden ist. Im Hinblick auf die Zusammensetzung und Auswahl der Schülerschaft wäre die Genehmigung dann zu versagen oder zu widerrufen , wenn die Sonderung der Schülerinnen und Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern gefördert würde (Sonderungsverbot des § 101 Absatz 1 Schulgesetz NRW). Eine Zweckentfremdung von Landesmitteln, wie sie in der Kleinen Anfrage 3609 anklingt, liegt nicht vor. 3. Wie viele Gelder aus Landesmitteln wurden seit 2010 für die Unterstützung dieser Schulen ausgegeben (bitte im Einzelnen nach Schulform und Ort auflisten)? Da keine Schulen bekannt sind, in denen die beschriebene Praxis durchgeführt wird (vgl. Antwort zur 1. Frage), bestehen keine Angaben darüber, wie viele Gelder aus Landesmitteln seit 2010 für die Unterstützung dieser Schulen ausgegeben werden. 4. Sind der Landesregierung Fälle bekannt, in denen Schüler wegen Religionswechsel oder Kirchenaustritt der Schule verwiesen wurden bzw. diese verlassen mussten (bitte im Einzelnen nach Schulform und Ort auflisten)? Der Landesregierung sind keine Fälle bekannt, in denen Schülerinnen und Schüler wegen Religionswechsel oder Kirchenaustritt der Schule verwiesen wurden bzw. diese verlassen mussten.