LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9501 17.08.2015 Datum des Originals: 17.08.2015/Ausgegeben: 20.08.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3683 vom 15. Juli 2015 des Abgeordneten Hanns-Jürg Rohwedder PIRATEN Drucksache 16/9292 Was sind die positiven Auswirkungen der angekündigten 22 Mio. t CO2-Einsparungen für NRW? Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 3683 mit Schreiben vom 17. August 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittestland und Handwerk und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Um bis 2020 eine Minderung des CO2-Ausstoßes um 40 Prozent verglichen mit 1990 und damit das deutsche Klimaschutzziel zu erreichen, muss der CO2-Ausstoß bis dahin noch um 22 Millionen Tonnen verringert werden. Darüber hinaus wurde auf dem letzten G7-Treffen sogar der komplette Ausstieg aus der Carbon-Wirtschaft bis Ende dieses Jahrhunderts als Zielvorgabe verabschiedet. Allerdings wirken die Akteure, Landes- wie Bundesregierung und Kohleverstromer, wie Chaospiloten im Nebel, betrachtet man zum Beispiel die aktuellen Diskussionen um UraltKraftwerke . Erst sollte eine millionenschwere Klimaschutzabgabe die Kraftwerksbetreiber zu einem sanften Ausstieg bewegen, nun dürfen RWE und Co ausgediente Kraftwerke in eine neu zu schaffende Kapazitätsreserve überführen. Diesen Kuhhandel werden die Verbraucher mit Mehrkosten in Milliardenhöhe bezahlen, falls die EU-Kommission nicht noch dazwischen grätscht. Gutorganisierte Lobbies wie die IGBCE wussten ihre Interessen mittels massiven Drucks durchzusetzen. Die vielen kleinen und mittelständischen Betriebe, lokalen Handwerker, die an der Energiewende mitarbeiten, verfügen über keine derartig durchschlagskräftigen Organisationen . LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9501 2 Auch Effizienzverbesserungsmaßnahmen, Kraft-Wärme-Kopplung, wie schon im Landtag diskutiert, sollen zur Minderung beitragen. Laut Beschluss der Bundesregierung sollen auf diesem Weg allein 6 der 22 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. In Politik und Medien wird verbreitet der Eindruck erweckt, als sei der unvermeidliche und schon begonnene Strukturwandel mit einem Strukturbruch und Schäden an der Wirtschaft gleichzusetzen. Aber vielleicht bringt eine konsequente, vorausschauende und zielgerichtete Begleitung und Formung des Strukturwandels ja auch messbare Vorteile? 1. Kann trotz der neu zu schaffenden Kapazitätsreserve davon ausgegangen werden , dass die Emissionen in NRW zumindest proportional zu Deutschlands angestrebtem CO2-Minderungsbeitrag abgesenkt werden und folglich von NRW keine negativen Auswirkungen hinsichtlich der Erreichung des o.a. Zieles einer 40 %igen Minderung bis 2020 zu erwarten sind? Das Bundeswirtschaftsministerium hat eine Übersicht erstellt, nach der die den Klimabeitrag ersetzenden Einzelmaßnahmen dasselbe Minderungsvolumen generieren sollen. Eine länderscharfe Aufschlüsselung der Emissionsminderungseffekte war weder mit dem Konzept des Klimabeitrages noch mit den Einzelmaßnahmen verbunden. Solange die konkrete Ausgestaltung der Maßnahmen über Grobkonzepte hinaus unklar ist, können landesspezifische Auswirkungen auch noch nicht näher beurteilt werden. 2. Welche qualitativen und quantitativen Auswirkungen über die Zeitachse bis 2020 hat die im NRW Klimaschutzplan angestrebte Emissionsminderung auf die Anzahl der Arbeitsplätze in der konventionell degenerativen - versus die in der erneuerbar generativen & regenerativen Energieproduktion? Bis zum Zeithorizont 2020 lassen sich keine belastbaren Aussagen über die Entwicklung der Arbeitsplätze machen. Mittel- und langfristig (ab ca. 2030) zeigt die von der prognos AG und Partnern erstellte Impactanalyse (Vorlage 16/2131) zu den Szenarien des Klimaschutzplans, dass ambitionierter Klimaschutz einen leicht positiven Effekt auf die Gesamtbeschäftigung in NRW hat. Diese Entwicklung wird unabhängig vom ambitionierten Klimaschutz von einer Reihe von Faktoren - wie z.B. den demographischen Wandel - beeinflusst, welche die Effekte des Klimaschutzplans überlagern. 3. Wie hoch schätzt die Landesregierung, über die Zeitachse bis 2020, die positiven Effekte der konventionell degenerativen - versus die in der erneuerbar generativen & regenerativen Energieproduktion mit Blick auf die Wertschöpfung auf kommunaler und auf regionaler Ebene ein? Seit 2009 ist jährlich im Auftrag der Landesregierung der Bericht "Zur Lage der Regenerativen Energiewirtschaft in Nordrhein-Westfalen", vom Internationalen Wirtschaftsforum Regenerative Energien erstellt und herausgegeben worden. Nach dem letzten veröffentlichten Bericht für das Jahr 2013 beliefen sich die NRW-Beschäftigungseffekte im Bereich der regenerativen Energiewirtschaft auf knapp 34.000 Arbeitsplätze, die Umsatzeffekte auf rd. 7,2 Mrd. Euro. Angesichts der industriellen Stärke des Bundeslandes NRW auf dem Windsektor könne das Bundesland im Ausblick auf dem industriewirtschaftlichen Feld vom Ausbau der On- und Offshore-Windenergie am stärksten profitieren. Nach der Prognose zur Anzahl der Beschäftigten allein im Teilsegment des regenerativen Anlagen- und Systembaus bis zum Jahr 2020 könnte dann die Zahl der in diesem Bereich Beschäftigten von zuletzt rd. 26.000 auf 30.000 bis 45.000 wachsen. Die Bandbreite ergibt sich aus Unsicherheit über die weite- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9501 3 ren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Die landesweiten IWR-Studien beinhalten keine Regionalisierung oder Kommunalisierung der Ergebnisse. Eine Erhebung über eventuelle Beschäftigungs- und Wertschöpfungsverluste in der konventionellen Energiewirtschaft und deren Saldierung mit den Beschäftigungs- und Wertschöpfungsgewinnen im Bereich der Erneuerbaren Energien ist im Rahmen der Studie nicht erfolgt . 4. In welchen Industrien und Regionen strebt die Landesregierung vorrangig KWKMaßnahmen an? Die Landesregierung strebt einen landesweiten Ausbau der KWK an. So hat das MKULNV im Jahr 2013 das über mehrere Jahre angelegte KWK-Impulsprogramm NRW gestartet. Hierin werden Beratungsinstrumente, Förderungs- und Finanzierungsmöglichkeiten, durch die Investitionen in die KWK forciert werden sollen, gebündelt. Der Ausbau der Fernwärmeinfrastruktur ist ein weiterer Themenschwerpunkt. Neben der Vernetzung und Verdichtung der örtlichen Nah- und Fernwärmenetze sollen nach dem Koalitionsvertrag die Fernwärmeschienen Niederrhein und Ruhr im Dialog mit den Kommunen verbunden werden. Auf Basis einer vom MKULNV beauftragten Machbarkeitsstudie planen mehrere Unternehmen die Verbindung bestehender Fernwärmeschienen vom Süden Bottrops bis zum Duisburger Norden. Die STEAG Fernwärme GmbH, die Fernwärmeversorgung Niederrhein und die Energieversorgung Oberhausen haben zu diesem Zweck im März 2015 eine neue Gesellschaft, die „Fernwärmeschiene Rhein-Ruhr GmbH“ gegründet. 5. Lässt sich mit den KWK-Maßnahmen der Anteil, den NRW am Minderungsziel der Bundesregierung zu erbringen hat, erreichen oder gar übererfüllen, wenn Frage 1 verneint beantwortet werden muss? Die Voraussetzungen zur Erreichung der Ziele sind in unserem Land gut, NordrheinWestfalen bietet für den Einsatz von KWK große Potenziale. Das ist das Ergebnis einer vom NRW-Umweltministerium in Auftrag gegebenen und 2011 vom Bremer Energie Institut erstellten Potenzialstudie zur Kraft-Wärme-Kopplung. Die Studie errechnete ein wirtschaftliches KWK-Potenzial in NRW von 79 TWh pro Jahr. Das entspricht rund 36 % des landesweiten Nutzwärmebedarfs. Dieses Potenzial entspräche einer durch Neuanlagen erzeugbaren Strommenge in der Größenordnung von 80 TWh/a.