LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9504 17.08.2015 Datum des Originals: 17.08.2015/Ausgegeben: 20.08.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3716 vom 23. Juli 2015 der Abgeordneten Susanne Schneider FDP Drucksache 16/9350 Verschlechterung der Versorgung in NRW durch die absehbaren Auswirkungen des Krankenhausstrukturgesetzes – Wie sieht dies die Landesregierung und wie will sie ihren Anteil am geplanten Strukturfonds finanzieren? Die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter hat die Kleine Anfrage 3716 mit Schreiben vom 17. August 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der Entwurf des Krankenhausstrukturgesetzes wurde am 2. Juli 2015 in den Deutschen Bundestag eingebracht. Dem Gesetzentwurf ist eine Bund-Länder-AG vorausgegangen, die sich abschließend über Eckpunkte zur Krankenhausreform geeinigt hatte. Eine Reihe der geplanten Neuregelungen ist aber bereits auf erhebliche Kritik auch von Seiten der Länder gestoßen. So hat der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 10. Juli 2015 entsprechende Kritikpunkte aufgeführt. Insbesondere die Änderungen bei der Krankenhausvergütung dürften erhebliche Auswirkungen haben. So soll der Versorgungszuschlag von 0,8 Prozent wegfallen, was zu einer generellen Mindereinnahme für alle Kliniken führen würde. Auch die Umgestaltung der Mengensteuerung mit Fixkostendegressionsabschlägen über fünf Jahre dürfte viele Kliniken finanziell belasten. Zudem sollen in den Jahren 2017 und 2018 die bisherigen Mehrleistungsabschläge und die künftigen Fixkostendegressionsabschläge parallel erhoben werden. Es ist fraglich, ob diese Mindererlöse in der Summe nicht sogar die vorgesehenen zusätzlichen Mittel des Pflegestellen-Förderprogramms übersteigen, selbst wenn diese Fördermittel gemäß den Empfehlungen des Bundesrates noch verdoppelt werden. Darüber hinaus bleiben die Probleme der Finanzierung der tariflichen Personalkostensteigerungen sowie einer angemessenen Vergütung der Notfallversorgung ungelöst. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9504 2 Daher ist abzusehen, dass auch die Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen durch die geplanten Neuregelungen finanziell erheblich belastet werden. Über zwei Drittel der 370 Kliniken in NRW schrieben bereits 2012 rote Zahlen. Der Gesamtverlust belief sich auf mindestens 150 Millionen Euro. 13 Prozent drohte nach den bisherigen Regelungen die Pleite bis 2020. Das Krankenhausstrukturgesetz dürfte deshalb zu zahlreichen Schließungen von Krankenhausstandorten oder einzelnen Abteilungen führen. Ankündigungen wie eine Reduzierung der Arbeitsbelastung des Pflegepersonals werden sich hingegen kaum erfüllen lassen . Mit dem Gesetz soll auch ein Strukturfonds eingerichtet werden, um Kliniken beispielsweise in nicht akutstationäre Versorgungseinrichtungen wie Pflegezentren oder stationäre Hospize umzuwandeln. Dafür sollen neben dem Bund auch die Länder entsprechende Mittel bereitstellen . Für Nordrhein-Westfalen würde der Landesanteil bei über 100 Millionen Euro liegen. Derzeit werden vom Land rund 500 Millionen Euro an Investitionsmitteln für die Kliniken zur Verfügung gestellt. 1. Welche Mindererlöse für die Krankenhäuser in NRW erwartet die Landesregierung aufgrund des vorgesehenen Wegfalls des Versorgungszuschlages, der Neugestaltung der Mengensteuerung sowie der Parallelität von „Mehrleistungsabschlag “ (aktuelle Gesetzeslage) und „Fixkostendegressionsabschlag“ (geplante zukünftige Gesetzeslage) in den Jahren 2017 und 2018? 2. Wie viele Stellen für Pflegekräfte könnten theoretisch über das PflegestellenFörderprogramm an den Kliniken in NRW zusätzlich finanziert werden (bitte jeweils landesweit und durchschnittlich je Krankenhaus sowie für das Fördervolumen nach dem Gesetzentwurf sowie nach den Empfehlungen des Bundesrates aufschlüsseln)? 3. Wie viele Stellen für Pflegekräfte können voraussichtlich tatsächlich geschaffen werden (bzw. müssten abgebaut werden) unter der Berücksichtigung von geringeren Erlösen der Krankenhäuser insbesondere durch den Wegfall des Versorgungszuschlages sowie bei der Umgestaltung der Mengensteuerung (bitte jeweils landesweit und durchschnittlich je Krankenhaus sowie für das Fördervolumen nach dem Gesetzentwurf sowie nach den Empfehlungen des Bundesrates aufschlüsseln)? Die Fragen 1 - 3 beziehen sich auf konkrete zukünftige Auswirkungen des Entwurfs eines Krankenhausstrukturgesetzes (KHSG), der sich derzeit noch im Gesetzgebungsverfahren befindet. Der Bundesrat hat zu dem Entwurf am 10. Juli 2015 Stellung genommen (BR-Drs. 277/15) und sich dabei insbesondere für Verbesserungen im Sinne der Krankenhäuser und der Patientenversorgung eingesetzt. Eine Rückäußerung der Bundesregierung hierzu steht aus (Stand 27. Juli 2015). Eine belastbare Einschätzung der mit einzelnen in dem Gesetzentwurf vorgesehenen Maßnahmen verbundenen finanziellen Auswirkungen auf die Krankenhäuser in NordrheinWestfalen (Frage 1) ist nicht möglich, da sich diese Maßnahmen sowohl erhöhend als auch absenkend auf die Erlöse auswirken können und sich auf die zukünftige Entwicklung der Budgetvereinbarungen und erbrachten Leistungen des einzelnen Krankenhauses beziehen. Dies gilt auch für die Fragen 2 und 3, wobei dort die der unternehmerischen Eigenverantwortung des jeweiligen Krankenhausträgers unterliegende zukünftige Personalplanung zusätzlich zu beachten ist. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9504 3 4. Wie will die Landesregierung den Landesanteil am geplanten Strukturfonds finanzieren und die entsprechenden zusätzlichen Mittel im Landeshaushalt darstellen ? Nach den Entscheidungen der Landesregierung über den Haushaltsentwurf 2016 und die Mittelfristige Finanzplanung bis 2019 sollen zur Finanzierung des Strukturfonds insgesamt rund 89 Mio. Euro Landesmittel bereitgestellt werden (siehe auch Pressemitteilung des Finanzministeriums vom 23. Juni 2015). Zusammen mit einem kalkulierten Trägeranteil im Volumen von rund 17 Mio. Euro ist ausreichend Vorsorge getroffen, um die für NordrheinWestfalen vorgesehenen „Strukturfondsmittel“ in Höhe von voraussichtlich ca. 106 Mio. Euro vollständig abrufen zu können. 5. Welche Auswirkungen der vorgesehenen neuen Ausgestaltung der Mindestmengenregelung erwartet die Landesregierung im Hinblick auf die Versorgungsangebote der Krankenhäuser in NRW? Durch das KHSG soll die sog. Mindestmengenregelung (§ 136b SGB V) modifiziert werden. Konkrete Auswirkungen sind erst abzuschätzen, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) entsprechende Beschlüsse gefasst hat. Es wäre unseriös, bereits heute über konkrete Auswirkungen auf die stationäre Versorgung in Nordrhein-Westfalen zu spekulieren. Die Länder behalten im Übrigen gem. § 137 Abs. 3 Satz 3 SGB V die Möglichkeit, zur Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung Ausnahmen zuzulassen.