LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9509 17.08.2015 Datum des Originals: 14.08.2015/Ausgegeben: 20.08.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3668 vom 15. Juli 2015 des Abgeordneten Kai Abruszat FDP Drucksache 16/9275 SüdLink-Stromtrasse durch OWL – was sagt die Landesregierung zu den aktuellen energiepolitischen Beschlüssen im Bund? Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 3668 mit Schreiben vom 14. August 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin, dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz und dem Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Bekanntlich war für das sogenannte Projekt SüdLink bislang ein Trassenkorridor in Rede, der auf einer Strecke von rund 50 Kilometern auch durch den Regierungsbezirk Detmold führt und damit einige Kommunen in Ostwestfalen-Lippe betrifft. Zu den Einzelheiten verweist der Fragesteller auf seine Kleinen Anfragen zu dieser Thematik (Drucksachen 16/6840; 16/6078; 16/5171; 16/4966). Presseveröffentlichungen zufolge haben sich die Koalitionsspitzen in Berlin darauf verständigt, dass insgesamt zwei sogenannte Gleichstromleitungen in Richtung Süden gebaut werden sollen. Der genaue Trassenverlauf soll aber noch offen sein (vgl. Rheinische Post vom 03.07.2015). Zur Stärkung der Akzeptanz für den Netzausbau sollen die Möglichkeiten der Erdverkabelung verstärkt werden. Das Bundesministerium für Wirtschaft soll dabei deutlich gemacht haben, dass auch für die SüdLink-Trasse die Erdverkabelung als Regelfall vorgesehen werden soll. Die FAZ vom 26.06.2015 zitiert den Bundeswirtschaftsminister Gabriel (SPD) wie folgt: „Bei geplanten HGÜ-Leitungen (konkret insbesondere SüdLink) würde das BMWi Erdkabel als Regelfall vorsehen.“ Demgegenüber äußert der Netzbetreiber Tennet durch seinen Chef Urban Keussen die Sorge, dass es wegen der Änderungen nunmehr „faktisch zu einem Reset unserer ganzen Bemühungen führen wird“ (vgl. FAZ vom 26.06.2015). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9509 2 Vorbemerkung der Landesregierung Für das Projekt „SuedLink“ haben die Übertragungsnetzbetreiber Tennet und TransnetBW im Frühjahr des vergangenen Jahres einen Vorschlag für einen Trassenkorridor veröffentlicht , der auf einer Strecke von etwa 50 km auch nordrhein-westfälisches Gebiet in Ostwestfalen -Lippe berührt. Zum Inhalt und einzelnen Aspekten des Vorhabens wird auf die Antworten zu den vier Kleinen Anfragen 1962 (LT-Drs. 16/5235), 2076 (LT-Drs. 16/5462), 2207 (LT-Drs. 16/5859), 2381 (LT-Drs. 16/6352) und 2706 (LT-Drs. 16/7101) Bezug genommen. Die aktuelle Diskussion zum Netzausbau auf Bundesebene bezieht sich im Wesentlichen auf das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie veröffentlichte Papier „Eckpunkte für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende“ (Politische Vereinbarungen der Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD vom 1. Juli 2015), das die drei Vorsitzenden der Bundesparteien im Rahmen eines Koalitionsgipfels vereinbart haben. Unter Punkt 4 „Bürgerfreundlicher Netzausbau“ dieses Eckpunktepapiers sind Aussagen zum Netzausbau enthalten . Konkrete Entwürfe für Änderungen der gesetzlichen Grundlagen des Energieleitungsbaus auf Basis des Eckpunktepapiers liegen bislang nicht vor. Eine Wiedergabe des gesamten Eckpunktes 4 würde den Umfang der Beantwortung einer Kleinen Anfrage übersteigen. Das Eckpunktepapier ist auf der Internetseite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie für jedermann abrufbar. Die Bundesregierung hatte in Ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrats vom 8. Mai zu BR-Drs. 129/15 lediglich angekündigt, dem Anliegen des Bundesrats zur Erdverkabelung von Gleichstromtrassen in der grundsätzlichen Zielrichtung zuzustimmen und hierzu einen eigenen Formulierungsvorschlag zu entwickeln, der allerdings noch nicht vorliegt. 1. Vor dem Hintergrund, dass die bisherigen Planungen der Stromtrassen auf der Basis von Freileitungen erfolgt sind: Wird durch die geplante Vorrangigkeit der Erdverkabelung aus Sicht der Landesregierung ein vollständiger Neustart bei den Stromtrassenplanungen auch für Ostwestfalen-Lippe erforderlich sein? Voraussetzung für eine Änderung des Verfahrens wäre zunächst die konkrete Umsetzung der Eckpunkte in den einschlägigen Bundesgesetzen, insbesondere im Bundesbedarfsplangesetz . Dies vorausgesetzt müsste die zuständige Bundesnetzagentur anschließend entscheiden , ob aufgrund der Änderungen der gesetzlichen Grundlagen Anpassungen der Antragsunterlagen erforderlich werden. Erfahrungsgemäß muss davon ausgegangen werden, dass die zu erwartenden Gesetzesänderungen umfangreiche Überarbeitungen der Antragsunterlagen für das Bundesfachplanungsverfahren zur Folge haben werden. Zu beachten ist allerdings, dass laut Eckpunktepapier nur bei neuen Gleichstromtrassen der Erdverkabelung ein Vorrang vor Freileitungen eingeräumt werden soll, nicht bei der Bündelung von Leitung in bestehenden Trassen. Gleichzeitig sollen noch stärker als bisher bestehende Trassen genutzt werden und neue Trassen somit möglichst vermieden werden. Nach derzeitigem Kenntnisstand soll der SuedLink in den Kreisen Höxter und Lippe in einer Bestandstrasse mit einer bestehenden Leitung gebündelt werden. Insofern wäre ein möglicher Erdverkabelungsvorrang hier nicht oder nur bedingt anwendbar. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9509 3 2. Welche Position hat die Landesregierung im Hinblick auf mögliche rechtliche Änderungen, die den Energieleitungsausbau betreffen? Die Landesregierung erachtet die Erdverkabelung von Höchstspannungsleitungen grundsätzlich als geeignetes Mittel zur Verbesserung der Akzeptanz des notwendigen Leitungsbaus . Die Erdverkabelung von Höchstspannungsleitungen in Gleichstromtechnik ist technisch ausgereifter und kostengünstiger als die Erdverkabelung von Höchstspannungsleitungen in Drehstromtechnik (Wechselstrom). Insofern setzt das Eckpunktepapier aus Sicht der Landesregierung die richtigen Prioritäten. Denn Verzögerungen des Netzausbaus sind grundsätzlich kritisch, soweit sie die Energiewende insgesamt in Frage stellen würden. Hinsichtlich der Ankündigung, bestehende Trassen noch stärker als bisher zu nutzen, ist festzustellen, dass dieses raumordnerische Bündelungsprinzip in Nordrhein-Westfalen beim Leitungsbau bereits Anwendung findet. Zu möglichen Änderungen der gesetzlichen Grundlagen des Energieleitungsbaus wird sich die Landesregierung dann positionieren, sobald entsprechende Vorschläge der Bundesregierung vorliegen. 3. Vor dem Hintergrund, dass in Bayern offensichtlich erheblicher Einfluss auf die Streckenführung der Stromtrassen genommen wird: Welche Positionierungen beziehungsweise Einflussnahmen wird die Landesregierung bezüglich des durch Ostwestfalen-Lippe möglicherweise führenden Trassenausbaus unter Berücksichtigung der derzeitigen, energiewirtschaftsgesetzlichen Vorgaben einnehmen? Siehe Antwort zu Frage 2. Im Übrigen hat sich die Landesregierung bisher schon gegenüber dem Bund bzw. der Bundesnetzagentur fortlaufend dafür eingesetzt, dass zum Schutz der von SuedLink betroffenen Anwohner in den Kreisen Höxter und Lippe Erdverkabelungsoptionen Anwendung finden können. 4. Vor dem Hintergrund, dass bei einer Vorrangigkeit der Erdverkabelung die Bodenbeschaffenheiten und geologischen Formationen zentrale Voraussetzungen bei der Planung von Stromtrassen darstellen: Sieht die Landesregierung aus ihrer Sicht die Region Ostwestfalen-Lippe für eine Trassenführung mit unterirdischer Verkabelung als grundsätzlich geeignet an? Sollte auf einem nordrhein-westfälischen Teilstück des SuedLink-Projekts eine Erdverkabelung aufgrund geänderter gesetzlicher Grundlagen in Betracht kommen, wäre es zunächst Aufgabe des Vorhabenträgers, einen Trassenkorridor zu ermitteln, der für ein Erdkabel unter verschiedensten Gesichtspunkten, darunter auch die Bodenbeschaffenheit, geeignet wäre. Die Landesregierung sieht keine Veranlassung, schon jetzt abstrakt über die grundsätzliche Geeignetheit des Erdbodens in der Region Ostwestfalen-Lippe für die Aufnahme von Hochspannungs -Gleichstromkabeln zu spekulieren. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9509 4 5. Vor dem Hintergrund, dass das letzte deutsche Atomkraftwerk im Jahre 2022 vom Netz gehen soll: Hält es die Landesregierung nach ihren eigenen klimaschutzpolitischen Zielen für realistisch, dass bis zum Jahre 2022 eine SuedLink-Leitung in Form einer Erdverkabelung Betrieb genommen werden kann? Die Landesregierung ist weder Vorhabenträger des SuedLink-Leitung noch werden die erforderlichen Planungs- und Planfeststellungsverfahren von nordrhein-westfälischen Behörden durchgeführt. Vor diesem Hintergrund enthält sich die Landesregierung jeglicher Spekulation über die zeitliche Realisierung des Projekts.