LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/951 21.09.2012 Datum des Originals: 20.09.2012/Ausgegeben: 26.09.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 346 vom 21. August 2012 der Abgeordneten Kai Abruszat und Marc Lürbke FDP Drucksache 16/647 Neue Herausforderungen für die öffentliche Sicherheit in den Kommunen - Können Solarzellen auf Dächern zu einer Gefahr für die kommunalen Feuerwehren werden? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 346 mit Schreiben vom 20. September 2012 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr und dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der Landesfeuerwehrverband Bayern hat durch seinen Vize-Vorsitzenden Franz-Josef Hench jüngst darauf hingewiesen, dass Solarzellen auf Dächern, wenn ein Brand ausbricht, zur Gefahr für Feuerwehrleute werden. Dieses liege insbesondere daran, dass eine Solaranlage auch bei geringer Lichteinwirkung bereits Energie produziere und damit Strom über Leitungen leite, die erst separat abgeschaltet werden müssten. Die Löschtechnik sei deshalb eine andere. Ebenso weist Herr Hench darauf hin, dass bei einem Dachstuhlbrand solche Anlagen hinabrutschen könnten, da diese oft nur mit leichten Konstruktionen auf den Dächern befestigt seien. Auch hiervon gehe eine Gefahr aus. Zudem erschwerten die großflächigen Anlagen das Bekämpfen von Bränden im Dachstuhl, da das Löschwasser an den Solarplatten ablaufe und vielfach den Brandherd nicht erreiche. Herr Hench schlägt daher eine entsprechende Kennzeichnung von Häusern mit Solaranlagen vor, beispielsweise durch Aufkleber am Hauseingang. Hierdurch könnte die Feuerwehr auf bestehende Solaranlagen schneller aufmerksam werden. Zugleich könnten bei einem Feuer wertvolle Minuten gewonnen werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/951 2 1. Teilt die Landesregierung die Auffassung des in der Vorbemerkung dieser Kleinen Anfrage zitierten stellvertretenden Vorsitzenden des Landesfeuerwehrverbandes Bayern, dass von Solarzellen auf brennenden Dächern eine besondere Gefahr für Feuerwehrleute ausgeht? Die in der Kleinen Anfrage wiedergegebene Stellungnahme des stellvertretenden Vorsitzenden des Landesfeuerwehrverbandes Bayern, Herrn Franz-Josef Hench, hat dieser auf Nachfrage des MIK in dem dargestellten Zusammenhang nicht bestätigen können. Ungeachtet dessen weist das MIK darauf hin, dass bei Bränden von Solaranlagen, die elektrische Spannung erzeugen (Photovoltaikanlagen), ähnlich wie bei der Brandbekämpfung in unmittelbarer Nähe elektrischer Anlagen, Einrichtungen oder Fahrzeugen (Hochspannungsleitungen, Trafostationen, Bahnstromeinrichtungen), besondere Einsatzregeln im Hinblick auf Abstände, Löschmittel und Eigenschutz gelten. Zur Schaffung von Transparenz und Sachlichkeit haben der Deutsche Feuerwehrverband und der Bundesverband der Solarwirtschaft die „Handlungsempfehlungen Photovoltaikanlagen“ sowie das Handbuch „Einsatz an Photovoltaikanlagen“ zusammengestellt. Beide Publikationen wurden von Feuerwehrangehörigen mitentwickelt und sind somit praxisnah. Im Hinblick auf mögliche Gefährdungen für Einsatzkräfte wird außerdem die Aus- und Fortbildung auf kommunaler Ebene und am Institut der Feuerwehr Nordrhein-Westfalen laufend angepasst. Die ständige Fortschreibung der Gefährdungsbeurteilung findet - wie bei allen bekannten oder neuartigen Gefahren an Einsatzstellen - Niederschlag in Handlungsund Ausrüstungshinweisen sowie in Taktikregeln. Damit gehören solche Einsätze zum ständigen Aufgabenbestand der Feuerwehr. 2. Hält die Landesregierung eine entsprechende Kennzeichnung mit Hinweis auf eine vorhandene Solaranlage an Hauseingängen unter dem Gesichtspunkt einer effektiveren Brandbekämpfung für sinnvoll? Solaranlagen an oder auf Gebäuden stellen keine Ausnahmen mehr dar. Eine Kennzeichnung ist nach Auffassung der Landesregierung, wie auch nach Auffassung der Feuerwehrverbände in Nordrhein-Westfalen entbehrlich. 3. Wenn ja: Ist die Landesregierung der Auffassung, dass eine entsprechende Änderung bauordnungsrechtlicher Vorschriften sinnvoll ist, um eine solche Kennzeichnung umzusetzen? Siehe Antwort zu Frage 2. 4. Welche Erfahrungen oder sogar Statistiken liegen der Landesregierung vor, aus welchen die besonderen Herausforderungen bei der Bekämpfung von Bränden im Zusammenhang mit Solaranlagen hervorgehen? Insgesamt kam es in den letzten zehn Jahren in Nordrhein-Westfalen zu 27 Bränden in oder in der Nähe von Gebäuden oder baulichen Anlagen, an denen Photovoltaikanlagen montiert waren. Unterscheidungen nach Primär- oder Sekundärbränden der Photovoltaikanlagen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/951 3 wurden zum jeweiligen Ereigniszeitpunkt nicht getroffen. Dem MIK ist nur in einem dieser Fälle (aus dem Jahre 2009) bekannt geworden, dass ein Feuerwehrmann im Zuge der Brandbekämpfung durch stromführende Teile einer Photovoltaikanlage im Keller eines Einfamilienhauses leicht verletzt wurde. Er wurde nach kurzer Beobachtungszeit in einem Krankenhaus ohne Folgeschäden entlassen. Der Energieversorger hatte das Gebäude zuvor für stromlos erklärt. 5. Ist es nicht ein Gebot politischer Weitsicht, die mit der Gestaltung der Energiewende zusammenhängenden Herausforderungen, die die kommunalen Feuerwehren zum Beispiel dann betreffen, wenn Solaranlagen oder Windkraftanlagen in Brand geraten, durch entsprechende Regelungen, zum Beispiel in der Bauordnung, im Dialog mit der Feuerwehr rechtssicher und vorbeugend aufzugreifen? Der Bauministerkonferenz liegt aktuell ein Entwurf der Musterbauordnung vor, der Regelungen enthält, die neue Anforderungen an Bauart und Bauweise von Solaranlagen stellen. Diese Regelungen sind unter Beteiligung von Vertretern der Feuerwehrinteressen entstanden. Bei der anstehenden Novellierung der Bauordnung Nordrhein-Westfalen wird geprüft werden, ob diese Regelungen übernommen werden können.