LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9542 21.08.2015 Datum des Originals: 20.08.2015/Ausgegeben: 26.08.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3721 vom 24. Juli 2015 des Abgeordneten Kai Abruszat FDP Drucksache 16/9365 Gewalthandlungen gegen Polizeidienstkräfte im Kreis Minden-Lübbecke Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 3721 mit Schreiben vom 20. August 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Personalsituation im Bereich der Polizei in Nordrhein-Westfalen ist angespannt und stets im Fokus der öffentlichen Diskussion. Polizeidienstkräfte leisten einen wertvollen und unverzichtbaren Beitrag zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Dem Polizeiberuf kann im Grunde nicht genug Wertschätzung entgegengebracht werden. Dennoch kommt es nicht selten zu Attacken und Angriffen, denen sich Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte im Dienst ausgesetzt sehen. Gerade dieses ist mit aller Konsequenz des Rechtsstaates zu bekämpfen. Vor diesem Hintergrund ist es dem Fragesteller ein Anliegen, zu erfahren , wie sich in diesem Zusammenhang die Situation im Bereich der Polizei im Kreis Minden -Lübbecke darstellt. Vorbemerkungen der Landesregierung Datenquelle für die Beantwortung der Fragen ist die Polizeiliche Krimi-nalstatistik (PKS). Die Erfassung von Delikten erfolgt in der PKS nach bundeseinheitlichen, jährlich mit den beteiligten Gremien abgestimmten Richtlinien. Damit sind die Delikte definiert, zu denen Daten von Opfern erfasst werden. Zu anderen Delikten, darunter Beleidigungen, erfolgt keine entsprechende Erfassung. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9542 2 1. Wie viele körperliche Angriffe oder Attacken gegen Dienstkräfte der Polizei im Kreis Minden-Lübbecke hat es seit 2012 konkret gegeben (bitte jahresbezogen und nach einzelnen Deliktsarten aufgelistet aufführen)? Anlage 1 stellt für die nachgefragten Zeiträume die Anzahl der bekanntgewordenen Fälle für den Bezirk der Kreispolizeibehörde Minden-Lübbecke dar. 2. Wie viele verbale Angriffe oder Attacken gegen Dienstkräfte der Polizei im Kreis Minden-Lübbecke hat es seit 2012 konkret gegeben (bitte jahresbezogen und nach einzelnen Deliktsarten aufgelistet aufführen)? Siehe Vorbemerkung. 3. Wie viele Polizeidienstkräfte wurden aufgrund der zu Ziffer 1 und 2 nachgefragten Handlungen derart beeinträchtigt beziehungsweise verletzt, dass es zu einer zumindest teilweisen Dienstunfähigkeit gekommen ist? Im Zeitraum vom 01.01.2012 bis 31.07.2015 waren in Folge von körperlicher Gewalt bei Widerstandshandlungen 21 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte der KPB Minden-Lübbecke insgesamt 1.405 Tage dienstunfähig erkrankt. Während ein Beamter seit 971 Tagen (02.12.2012 bis 31.07.2015) dauerhaft erkrankt ist, waren die übrigen Beamtinnen und Beamten zwischen einem Tag und 126 Tagen abwesend. Betrachtet man die Entwicklung mit Ausnahme des dauerhaft erkrankten Beamten, summierten sich die Tage von Dienstunfähigkeit auf insgesamt 246 Tage Jahr 2012, auf 104 Tage im Jahr 2013, 54 im Jahr 2014 und in dem Zeitraum 01.01.2015 bis 31.07.2015 auf 30 Tage. 4. Welche Möglichkeiten werden den Dienstkräften der Polizei im Kreis MindenLübbecke , die Opfer von den zu Ziffer 1 und 2 nachgefragten Handlungen geworden sind, geboten, um die im Polizeidienst erlebten Vorkommnisse zu verarbeiten ? Grundsätzlich werden solche Einsätze durch den jeweiligen Dienstvorgesetzten mit den am Einsatz beteiligten Beamtinnen und Beamten nachbereitet. Dies erfolgt unabhängig von einer bereits erfolgten Nachbesprechung in der jeweiligen Basisorganisationseinheit. Umfang und Intensität der Nachbesprechung richten sich nach den Erfordernissen des Einzelfalls. In herausragenden Fällen erfolgt mit Einrichtung einer Nachbereitungsgruppe und unter Beteiligung der Fortbildungsstelle eine umfassende Nachbereitung. Bei besonders belastenden Einsätzen wird den beteiligten Beamtinnen und Beamten eine Betreuung durch das Psychosoziale Unterstützungsteam der Polizei NRW (PSU-Team) angeboten , die ggf. unverzüglich wiederholt wird. Das PSU-Team besteht aus Polizeiärzten und psychologisch fortgebildeten Polizeivollzugsbeamten des höheren Dienstes. Die Mitglieder des PSU-Teams sind nach dem SbE/CISMStandard (Stressbearbeitung nach belastenden Ereignissen/ Critical lncident Stress Management) fortgebildet und zertifiziert. Das PSU-Team wird bei Bedarf durch regionale Polizeiseelsorger, die ebenfalls nach dem SbE/CISM-Standard fortgebildet und zertifiziert sind, oder weiteren Spezialisten unterstützt. In Zweifelsfällen wird die Notwendigkeit der Intervention durch das PSU-Team mit der/dem Betroffenen und/ oder Vorgesetzten abge- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9542 3 stimmt. Bei Ereignissen unter gleichzeitiger Beteiligung mehrerer Betroffener ist auch die Betreuung der Gesamtgruppe durch das PSU-Team möglich. Dies kann in Form eines „Defusings" oder „Debriefings" erfolgen; hierzu stehen darüber hinaus die Psychologinnen des Sozialwissenschaftlichen Dienstes (SwD) des Landesamtes für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW (LAFP) zur Verfügung, die z. B. Einzel- oder Gruppensupervisionen anbieten. Wird die Anforderung des PSU-Teams nach Rücksprache mit der/dem Betroffenen für nicht erforderlich gehalten, wird mit dieser/diesem geklärt, ob trotzdem weitere Gespräche hilfreich sein könnten. Hierzu stehen die Sozialen Ansprechpartner (SAP) der Kreispolizeibehörde (KPB), die Polizeiseelsorger und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kriminalkommissariats kriminalpolizeiliche Prävention/Opferschutz (KK KP/O) beratend zur Verfügung. Für eine weitergehende Nachbereitung bzw. Betreuung im Anschluss an eine akute Einsatznachsorge nach Widerstandshandlungen/Angriffen gegen Polizeivollzugsbeamtinnen und - beamte werden durch den zuständigen polizeiärztlichen Dienst ärztliche bzw. fachärztliche (z. B. psychotherapeutische) Hilfestellung/-en -sowie durch das LAFP Nachbereitungsseminare angeboten. Der/dem Betroffenen steht ferner die Inanspruchnahme eigener ärztlicher und/oder psychologischer Hilfe u. a. im Rahmen der Freien Heilfürsorge zur Verfügung. Eine weitere Aufarbeitung des Erlebten in taktischer Hinsicht erfolgt im Rahmen der Fortbildung durch Trainingsbausteine innerhalb des Einsatztrainings NRW. Zu diesem Zweck werden der Fortbildungsstelle der KPB Minden-Lübbecke nachrichtlich alle Strafanzeigen mit Angriffen auf Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten (Widerstandshandlungen etc.) und Ergebnisse der Einsatznachbereitungen übersandt. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Kreispolizeibehörde Minden-Lübbecke werden regelmäßig im Rahmen der Fortbildung (z. B. Dienstbesprechungen, Dienstunterricht) auf die entsprechenden Hilfsangebote hingewiesen. Gewalt gegen Polizeivollzugsbeamte in Minden-Lübbecke Kleine Anfrage 3721 LKA NRW, SG 31.6 (PKS) Stand: 05.08.2015 LR Minden-Lübbecke Delikt Delikt-Text 2012 2013 2014 210040 Räuberischer Diebstahl 1 0 1 217010 Raub auf Straßen, Wegen oder Plätzen 1 0 0 222010 Gefährliche Körperverletzung 1 1 0 222110 Gefährliche Körperverletzung auf Straßen, Wegen oder Plätzen 1 0 1 224000 Vorsätzliche Körperverletzung 3 0 1 232201 Nötigung im Straßenverkehr gemäß § 240 Abs. 1 StGB 0 2 232279 Sonstige Nötigung 0 1 3 232300 Bedrohung 2 2 1 621021 Widerstand gegen Polizeivollzugsbeamte 49 45 54 9542 Anlage.pdf Tabelle1