LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9561 24.08.2015 Datum des Originals: 21.08.2015/Ausgegeben: 27.08.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3732 vom 22. Juli 2015 des Abgeordneten Klaus Voussem CDU Drucksache 16/9391 Bei welchen Projekten liegt überhaupt vollziehbares Baurecht vor? Der Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr hat die Kleine Anfrage 3732 mit Schreiben vom 21. August 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Nach der Ankündigung von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt, ein Investitionspaket für den Verkehrsbereich in Höhe von beachtlichen 2,7 Mrd. Euro für die Bundesländer zur Verfügung zu stellen, ist das Ergebnis für Nordrhein-Westfalen ernüchternd. Gerade 128 Mio. fließen nach Nordrhein-Westfalen. Das sind knapp 21% von dem, was in die Verkehrsinfrastruktur in Bayern fließt. Sogar das benachbarte Rheinland-Pfalz bekommt mit 293 Mio. Euro mehr als das Doppelte als Nordrhein-Westfalen, das Stauland Nr. 1. Die Landesregierung versuchte, die für unser Bundesland ernüchternde Verteilung mit einer Presseinformation vom 20.07.2015 zu erklären. Inhalt dieser Presseinformation war unter anderem eine Liste mit 4 Großprojekten, für die Nordrhein-Westfalen dringend auf die Finanzierungszusage des Bundes warte. Vorbemerkung der Landesregierung Bundesverkehrsminister Dobrindt hat als Anlage zu seinem „Investitionspaket“ am 20.07.2015 eine „Projektliste Neubeginne Bundesfernstraßen“ veröffentlicht. Laut seiner Pressemitteilung enthält das Paket „Projekte für Bundesfernstraßen, die sofort gestartet werden können.“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9561 2 In dieser Liste finden sich fünf Maßnahmen in mehreren Bundesländern mit dem Vermerk „Voraussetzung: Vorlage von vollziehbarem Baurecht“ oder „Voraussetzung: Klage wird zurückgezogen “. Die hier nachgefragten vier Baumaßnahmen in NRW sind zwar planfestgestellt, es sind aber noch Klagen gegen Teilaspekte anhängig, die die Projekte jedoch nicht substantiell in Frage stellen. Eine rechtssichere Anordnung des Sofortvollzuges durch die Planfeststellungsbehörde setzt aber eine Finanzierungszusage des Baulastträgers voraus. Bei Gleichbehandlung Nordrhein-Westfalens hätte der BMVI für die vier hier in Rede stehenden Maßnahmen mit einem Volumen von 242 Mio. Euro eine Finanzierungszusage mit dem oben zitierten Vorbehalt wie in anderen Bundesländern machen können. Das hätte die Planfeststellungsbehörde in die Lage versetzt, die sofortige Vollziehbarkeit anzuordnen und damit den sofortigen Baubeginn zu ermöglichen. Offensichtlich hat der BMVI sich aber nicht von dem Wunsch nach Gleichbehandlung der Bundesländer sondern von anderen Kriterien leiten lassen. In einem Schreiben an den Bundesverkehrsminister habe ich am 6.8.2015 diese Gleichbehandlung eingefordert und die Aufnahme der genannten Maßnahmen in die Projektliste erbeten . Zur rechtlichen Bewertung des Planungsstandes der vier Maßnahmen ist vorauszuschicken : Bei den in der Anfrage angesprochenen vier Vorhaben handelt es sich um solche des vordringlichen Bedarfs, bei denen Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss gemäß § 17e Absatz 2 Bundesfernstraßengesetz von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung haben . Nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 31.03.2011, 9 VR 2/11) fehlt es abweichend von diesem gesetzlichen Regelfall aber an einem aktuellen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung eines fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses , wenn bei Erlass des Beschlusses absehbar war, dass mit einem baulichen Vollzug des festgestellten Plans erst zu einem deutlich späteren Zeitpunkt zu rechnen ist. Für die sofortige Vollziehung fordert das Oberverwaltungsgericht für das Land NordrheinWestfalen (Beschluss vom 10.08.2011, 11 B 189/11.AK), dass das Vollzugsinteresse über einen Nachweis der für die bauliche Realisierung zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel belegt sein muss. Für alle vier angesprochenen Bundesfernstraßenprojekte liegen keine Zusagen des Bundes für einen Baubeginn, und damit für die Einstellung in den Straßenbauplan des Bundes vor. Vor diesem Hintergrund mussten die Planfeststellungsbehörden hier und in allen Fällen, in denen Planfeststellungsbeschlüsse für Maßnahmen des vordringlichen Bedarfs beklagt worden sind, von Amts wegen die sofortige Vollziehbarkeit aussetzen. Sobald die Finanzierungszusage des Bundes vorliegt, können die Planfeststellungsbehörden dies rückgängig machen und die sofortige Vollziehbarkeit läge wieder vor. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9561 3 1. Liegt vollziehbares Baurecht für das Vorhaben A 1 - AS Lengerich/Tecklenburg – AK Lotte/Osnabrück vor? Es sind zwei Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss anhängig. Die sofortige Vollziehbarkeit ist daher ausgesetzt worden. Vollziehbares Baurecht könnte zum jetzigen Zeitpunkt nur durch eine Finanzierungszusage des Bundes hergestellt werden. Ausgenommen ist der Abschnitt von Bau-km 6+880 bis 10+410 mit großen Brückenbauwerken , für deren Sanierung Haushaltsmittel zur Verfügung stehen. 2. Liegt vollziehbares Baurecht für das B 66 - OU Barntrup vor? Es ist eine Klage anhängig. Die sofortige Vollziehbarkeit ist daher ausgesetzt worden. Vollziehbares Baurecht könnte zum jetzigen Zeitpunkt nur durch eine Finanzierungszusage des Bundes hergestellt werden. 3. Liegt vollziehbares Baurecht für das Vorhaben B 66 - BI/Hillegossen – Lepoldshöhe /Asemissen vor? Es ist eine Klage anhängig. Die sofortige Vollziehbarkeit ist daher ausgesetzt worden. Vollziehbares Baurecht könnte zum jetzigen Zeitpunkt nur durch eine Finanzierungszusage des Bundes hergestellt werden. 4. Liegt vollziehbares Baurecht für das Vorhaben B 481 - OU Münster vor? Der Planfeststellungsbeschluss für die B 481 bezieht auch einen Abschnitt der B 51 ein, für den aufgrund der Bereitstellung von Haushaltsmitteln durch den Bund seit Mitte 2014 vollziehbares Baurecht besteht. Für den Teilabschnitt der B 481n ist jedoch die sofortige Vollziehbarkeit weiterhin ausgesetzt. Zwei noch nicht erledigte Klagen, die sich inhaltlich allerdings auf den Teilabschnitt der B 51n beziehen, sind inzwischen jeweils durch Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zurückgewiesen worden. Da jedoch noch die Erhebung einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision möglich ist, dauert formal die auch hier verfügte Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit noch an. Vollziehbares Baurecht könnte zum jetzigen Zeitpunkt auch hier nur durch eine Finanzierungszusage des Bundes hergestellt werden.