LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9564 24.08.2015 Datum des Originals: 21.08.2015/Ausgegeben: 27.08.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3667 vom 14. Juli 2015 der Abgeordneten Marcel Hafke und Dr. Björn Kerbein Drucksache 16/9274 Wie viel Geld geben die Kommunen zusätzlich für die Finanzierung von Kindertageseinrichtungen aus? Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 3667 mit Schreiben vom 21. August 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die sogenannten Kindpauschalen bilden die Grundlage für die Finanzierung der Kindertageseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen. Die Kindpauschalen setzen sich dabei aus einem Anteil der Kommunen, des Landes und der Träger zusammen, die Höhe der jeweiligen Anteile variiert dabei trägerabhängig. Die Kindpauschalen werden jährlich um 1,5 Prozent erhöht , das heißt sowohl Land, Kommunen als auch Träger müssen jährlich 1,5 Prozent mehr für die Finanzierung der Kindpauschalen aufbringen. Diese Dynamisierung der Kindpauschalen entspricht jedoch nicht der durchschnittlichen Lohnkostenentwicklung für Erzieherinnen und Erzieher, die Tarifabschlüsse lagen in den letzten Jahren deutlich über 1,5 Prozent. Die Kindertageseinrichtungen sind deshalb über die Kindpauschalen nicht mehr ausreichend finanziert und die Träger müssen für die zusätzlichen Kosten aufkommen. Die Träger der Jugendhilfe warnen derzeit deshalb auch nachdrücklich davor, dass sie aufgrund der Anhäufung von Defiziten Kitas notfalls schließen bzw. die Trägerschaft an die Kommunen abgeben müssen. Für einige Kitas ist die finanzielle Situation bereits so prekär, dass die jeweiligen Kommunen die Trägeranteile an den Kindpauschalen übernehmen. So berichtete die Westfälische Nachrichten am 3. Juli 2015, dass beispielsweise im Falle der Anna-Katharina-Kirchengemeinde in Coesfeld die Stadt die Trägeranteile für 185 Plätze finanziert . Da die Kindpauschalen jedoch insgesamt nicht ausreichend sind, erwirtschaftet die Kirchengemeinde mit diesen Plätzen trotzdem einen jährlichen Verlust von 100.000 Euro. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9564 2 Vorbemerkung der Landesregierung Seit 2010 arbeitet diese Landesregierung im Rahmen der stufenweisen Revision des Kinderbildungsgesetzes an der Verbesserung der Rahmenbedingungen der Kindertagesbetreuung in Nordrhein-Westfalen. Viele wichtige Verbesserungen wie z.B. die Unterstützung und Entlastung des Personals in allen Kindertageseinrichtungen durch zusätzliche Personalstunden, die Neuausrichtung der Sprachförderung sowie die deutlich erhöhte finanzielle Unterstützung von Kindertageseinrichtungen in Sozialräumen mit besonderen Herausforderungen konnten bereits erreicht werden. Alle Verbesserungen werden ausschließlich aus zusätzlichen Landesmitteln finanziert. Insgesamt stellt das Land über 390 Mio. Euro zusätzlich pro Kindergartenjahr zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund hat die Landesregierung immer wieder deutlich gemacht, dass weitere Veränderungen und Korrekturen an dem von der damaligen Landesregierung verabschiedeten Gesetz, wie z.B. die Anpassung der jährlichen Anhebung der Kindpauschalen, nur im Zusammenwirken mit allen Beteiligten geklärt werden können. 1. Wie viel Geld geben die Kommunen in Nordrhein-Westfalen zusätzlich für Kindertageseinrichtungen aus, ohne dass sie dazu durch das Kinderbildungsgesetz verpflichtet wären (bitte ohne die Mittel für den U3-Ausbau, die ursprünglich aus dem Sondervermögen Kindertagesbetreuung stammen, für die Jahre seit 2012 nach Jugendämtern und Trägerform aufschlüsseln)? 2. In wie vielen Fällen übernehmen die Kommunen explizit Trägeranteile von Kirchen , freien Trägern oder Elterninitiativen (bitte für die Jahre seit 2012 nach Jugendämtern und Trägerform aufschlüsseln)? Im Rahmen des Verwaltungs- und Finanzierungsverfahrens des Kinderbildungsgesetzes werden landesseitig die Summen der Kindpauschalen einschließlich der unterschiedlichen Bestandteile (Trägeranteile, Kommunal- und Landesanteile) erfasst. Eine Erfassung eventueller freiwilliger Leistungen der Kommunen durch das Land erfolgt nicht. 3. Wie viele Kommunen haben die Trägerschaft einer Kindertageseinrichtung übernommen (bitte für die Jahre seit 2012 nach Jugendämtern und Trägerform aufschlüsseln )? Insgesamt haben in 16 Fällen Kommunen die Trägerschaft von Kindertageseinrichtungen übernommen. Die Einzelheiten sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9564 3 In kommunale Trägerschaft übernommene Einrichtungen1 Kindergartenjahr 2011/2012 2012/2013 2013/2014 2014/2015 2015/2016 Kommune Anzahl der übernommenen Einrichtungen Anzahl der übernommenen Einrichtungen Anzahl der übernommenen Einrichtungen Anzahl der übernommenen Einrichtungen Anzahl der übernommenen Einrichtungen Gelsenkirchen 4 aus kirchlicher Trägerschaft 2 aus kirchlicher Trägerschaft Münster 1 aus anderer freier Trägerschaft Arnsberg 1 aus anderer freier Trägerschaft Kreis Soest 1 aus anderer freier Trägerschaft Bonn 2 aus anderer freier Trägerschaft Köln 1 aus anderer freier Trägerschaft Ratingen 1 aus kirchlicher Trägerschaft 3 aus kirchlicher Trägerschaft 4. Wie hat sich der KiBiz-Rücklagenstand seit dem Kindergartenjahr 2010/2011 entwickelt (bitte nach Trägerform und Kindergartenjahren aufschlüsseln)? Die Entwicklung des KiBiz-Rücklagenstandes ist in der nachfolgenden Tabelle dargestellt. 1 Quelle: KiBiz.web, Stammdaten der Einrichtungen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9564 4 Entwicklung der KiBiz-Rücklagen2 31.07.2010 31.07.2011 31.07.2012 31.07.2013 Elterninitiativen 17.898.767,00 € 20.558.541,00 € 22.660.638,00 € 15.999.985,00 € Andere freie Träger 53.662.216,00 € 65.138.907,00 € 74.713.337,00 € 58.506.352,00 € Kirchliche Träger 119.532.172,00 € 127.630.547,00 € 128.400.920,00 € 87.887.129,00 € Kommunale Träger 11.157.958,00 € 11.957.071,00 € 12.328.733,00 € 7.247.676,00 € Gesamt 202.251.113,00 € 225.285.066,00 € 238.103.628,00 € 169.641.142,00 € Zahl der ausgewerteten Einrichtungen 8.375 8.375 7.798 6.324 5. Wie wird es sich nach Ansicht der Landesregierung langfristig auf die Trägerlandschaft in Nordrhein-Westfalen auswirken, wenn die Dynamisierung der Kindpauschalen weiterhin hinter der tatsächlichen Kostenentwicklung zurückbleibt? Für die Landesregierung war und ist die Revision des Kinderbildungsgesetzes eines der vorrangigen Vorhaben. Mit dem „Ersten Änderungsgesetz“ und dem „Gesetz zur Änderung des Kinderbildungsgesetzes und weiterer Gesetze“ sind deshalb in den Jahren 2011 und 2014 die Rahmenbedingungen für die Kindertagesbetreuung verbessert worden. Hierfür stellt das Land jährlich zusätzlich über 390 Mio. Euro zu Verfügung. Die seit dem Jahr 2010 eingeführten Verbesserungen wurden im Gegensatz zum KiBizFinanzierungssystem , an dem Kommunen und Träger beteiligt sind, ausschließlich aus Landesmitteln finanziert. Vor diesem Hintergrund hat die Landesregierung immer wieder deutlich gemacht, dass weitere Veränderungen und Korrekturen an dem von der damaligen Landesregierung verabschiedeten Gesetz nur im Zusammenwirken mit allen Beteiligten geklärt werden können. Dabei steht eine Anpassung der jährlichen Anhebung der Kindpauschalen im besonderen Fokus der Diskussion. Insgesamt befindet sich die Landesregierung hierzu mit den Beteiligten in einem guten Arbeitsprozess, der zum Ziel hat, die auskömmliche Finanzierung der Kindertageseinrichtungen sicherzustellen. 2 Quelle: KiBiz.web, Verwendungsnachweise, die allerdings noch nicht in allen Fällen vorliegen.