LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9618 27.08.2015 Datum des Originals: 26.08.2015/Ausgegeben: 01.09.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3740 vom 31. Juli 2015 der Abgeordneten Ilka von Boeselager CDU Drucksache 16/9418 Aktuelle Polizeiliche Kriminalitätsstatistik, PKS, im Juli 2015: Aus welchen Gründen erhielt der landespolitische Raum die Informationen oft verzögert? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 3740 mit Schreiben vom 26. August 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 22. Juli 2015 berichteten verschiedene Zeitungen über einen dramatischen Anstieg der Wohnungseinbruchskriminalität in nordrhein-westfälischen Großstädten innerhalb des ersten Halbjahres 2015. Ebenfalls wurde über ein alarmierendes Absinken von polizeilichen Aufklärungsquoten berichtet. Eine Woche später, Ausgabe vom 29. Juli 2015, berichtet die Rheinische Post in dem Beitrag „Einbruchszahlen wieder stark gestiegen“ auf der Basis einer „Umfrage in den Polizei-Dienststellen“ von einer nahezu landesweiten Dimension des Befundes. Den politischen Bereich, die Abgeordneten des Landtags, erreichten die Zahlen oft nur über die Vermittlung der Presse – im Gegensatz zu dem dringenden Erkenntnisinteresse, das sich mit der politischen Aufgabenstellung verbindet. Auf fernmündliche Anfrage beim Ministerium für Inneres und Kommunales, dem Büro des Ministers und der Pressestelle, wurde ein Auskunftsersuchen am 24. Juli 2015 zu den aktuellen Daten für den Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Bonn beispielsweise mit dem Hinweis auf eine ‚just auf den Weg gegebene ‘ Antwort der Landesregierung/des Ministeriums auf die Kleine Anfrage 3648 [des Abgeordneten Marc Lürbke, Drs. 16/9174] beschieden, die den Landtag nach Auskunft der Pressestelle eventuell noch am 24. Juli selber erreichen sollte. Diese in Aussicht gestellte Antwort werde die gewünschten Daten präsentieren. Ein Verfügbarmachen der Zahlen für den Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Bonn vorab wurde abgelehnt. Auf Nachfrage, warum die Presse die Daten zum Teil schon kenne, wurde sinngemäß die Auskunft erteilt: ‚woher auch immer, von uns nicht‘. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9618 2 Eine fernmündliche Rücksprache mit dem Polizeipräsidium Bonn, dem Büro der Polizeipräsidentin , ergab am 27. Juli 2015 – die in Aussicht gestellte Antwort der Landesregierung hatte den Landtag bis dahin nicht erreicht –, dass das Datenmaterial für den Zuständigkeitsbereich des PP Bonn nur schriftlich zu erfragen und eine Überantwortung dann an die vorherige Zustimmung des Ministeriums gebunden sei. Im Saldo ergibt sich mit dieser Praxis weithin eine verzögerte, mittelbare und nur „scheibchenweise“ Information des landespolitischen Raums über den dramatischen Anstieg der Wohnungseinbruchskriminalität in weiten Teilen Nordrhein-Westfalens, die der Informiertheit der Presse tendenziell nacheilt. Vorbemerkungen der Landesregierung Die PKS ist eine bundesweit gültige und länderübergreifend nach ein-heitlichen Grundsätzen geführte Jahresstatistik. Mit der PKS werden die behördlich registrierten Kriminalitätsdaten des Landes NRW abgebildet . Das Landeskriminalamt stellt dem Bundeskriminalamt diese Daten zur Aufnahme in die Bundes-PKS zur Verfügung. Die PKS dient insbesondere der Beobachtung der Kriminalität und einzelner Deliktsarten, des Umfangs und der Zusammensetzung des Tatverdächtigenkreises, der Veränderung von Kriminalitätsquotienten sowie zur Erlangung von Erkenntnissen zur präventiven und repressiven Kriminalitätskontrolle sowie für kriminologisch-soziologische Forschungen und kriminalpolitische Maßnahmen. Daher sind Datenintegrität und Datenvalidität für die veröffentlichte PKS von besonderer Bedeutung. Da die PKS-Daten „unterjährig“, z. B. auf Grund fortschreitender oder veränderter Ergebnisse einzelner Ermittlungsverfahren, noch vielfältigen Nacherfassungen und Korrekturen unterliegen , können erst mit dem statistischen Jahresabschluss zum Ablauf des Kalenderjahres sämtliche in der PKS erfassten Datensätze einer abschließenden Qualitätssicherung durch das Landeskriminalamt unterzogen werden. Das Landeskriminalamt führt dazu u. a. weitreichende Plausibilitätskontrollen durch. Daraus leiten sich regelmäßig spezifische Rücksprachen mit den Erfassungsbehörden sowie spezifische qualitätssichernde Maßnahmen ab, die in der Regel im März des an das PKS-Berichtsjahr anschließenden Jahres abgeschlossen werden können. Erst mit Abschluss dieser Maßnahmen ist die PKS zur Veröffentlichung statistisch konsolidiert. Eine unterjährige Veröffentlichung von Daten der PKS ist insoweit problematisch, weil nicht konsolidierte PKS-Daten in ihrer Aussage und Bedeutung statistisch nur bedingt belastbar und damit auch nur eingeschränkt verwertbar sind. Dies gilt für die statistische Bewertung kleiner Bezirke und Räume im besonderen Maße. Die Innenminister- und -senatoren haben daher bereits aus Anlass ihrer Herbsttagung am 5.12.2002 vereinbart, Daten der polizeilichen Kriminalstatistik grundsätzlich nur jährlich zu veröffentlichen. Die Entwicklung der Wohnungseinbruchkriminalität hat für die Landes-regierung hohe Bedeutung . Die Bekämpfung dieser Delikte ist ein Schwerpunkt der Kriminalstrategie des Landes Nordrhein-Westfalen. Daher veröffentlicht die Landesregierung - abweichend von der vorgenannten Vereinbarung der Länder und des Bundes - Daten zur Entwicklung der Wohnungseinbruchkriminalität jeweils auch schon für das erste Halbjahr des PKS-Berichtsjahres. Sie nimmt insoweit die sta- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9618 3 tistischen Unschärfen dieser Daten in Kauf, um damit aktuelle Strategien und Maßnahmen zur präventiven und repressiven Reduzierung dieser Delikte informationell zu unterstützen. Angesichts der inzwischen über die ursprünglichen Ziele der PKS Veröffentlichung hinausgehenden Informationsbedarfe hat das Ministerium für Inneres und Kommunales das Landeskriminalamt zudem nunmehr gebeten, über die dafür zuständigen Bund-Länder Gremien prüfen zu lassen, ob und ggf. mit welchen Erläuterungen zur eingeschränkten statistischen Aussagekraft eine unterjährige Publikation von PKS-Daten abgestimmt werden kann. 1. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über die Informationsquellen zu den genauen Zahlen, die zahlreiche Zeitungen am 22. Juli 2015 veröffentlicht haben (z. B. die Westfälische Rundschau in dem Beitrag: Dramatisch mehr Einbrüche, Anstieg in NRW-Großstädten um bis zu 50 Prozent. Polizei ist alarmiert)? Der Landesregierung sind diese Informationsquellen nicht bekannt. 2. Welche Maßstäbe haben interne Richtlinien, Erlasse oder vergleichbare Instruktionen des Ministeriums für Inneres und Kommunales für den Umgang der Polizeidienststellen mit einschlägigen Anfragen zu den aktuellen kriminalitätsstatistischen Daten – zum Beispiel seitens der Presse oder seitens der Abgeordneten – ggf. detailliert gesetzt? Siehe Vorbemerkungen. 3. Wie bewertet das Ministerium für Inneres und Kommunales die de facto nachzeitige und mosaikhafte Information der Landesparlamentarier über die sprunghafte Kriminalitätsentwicklung in Nordrhein-Westfalen im Zeitraum nach der Veröffentlichung der letzten PKS im März 2015 vor dem besonderen Hintergrund der einschlägigen parlamentarischen Aufgaben? Siehe Vorbemerkungen. 4. Welche Gründe haben das Ministerium für Inneres und Kommunales zumindest bis zum 29. Juli 2015 davon Abstand nehmen lassen, den Forderungen u. a. der CDU zu entsprechen und die aktuellen Statistiken für alle Kreise und kreisfreien Städte zeitnah offenzulegen oder zumindest den landespolitischen Mandatsträgern – ggf. auf Anfrage und im interessierenden Umfang – konsequent zur Verfügung zu stellen? Siehe Vorbemerkungen.