LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9625 28.08.2015 Datum des Originals: 27.08.2015/Ausgegeben: 02.09.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3699 vom 20. Juli 2015 der Abgeordneten Ina Scharrenbach CDU Drucksache 16/9317 Soziale Folgekosten: Entwicklungen im Bereich der Kinder- und Jugendgesundheit Die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter hat die Kleine Anfrage 3699 mit Schreiben vom 27. August 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin, dem Finanzminister und der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend , Kultur und Sport beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Mit Datum vom 15. Februar 2011 veröffentliche die Prognos AG im Auftrag der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen das Gutachten „Soziale Prävention – Bilanzierung der sozialen Folgekosten in Nordrhein-Westfalen.“ Die Gutachter führten zur Kinder- und Jugendgesundheit aus, dass ein niedriger Sozialstatus der Eltern in erster Linie bei Adipositas und ADHS einen signifikanten Einfluss auf die Gesundheit der Kinder habe. So sind Kinder aus Elternhäusern mit niedrigem Sozialstatus dreimal so häufig von Adipositas betroffen, wie Kinder aus Elternhäusern mit hohem Sozialstatus . ADHS wird bei niedrigem Sozialstatus doppelt so häufig wie bei hohem Sozialstatus diagnostiziert. Die Herstellung der Ausbildungsfähigkeit im Übergangssystem schlug in der 2009er Jugendbilanz mit 509 Millionen Euro zu Buche. In Bezug auf die von der Prognos AG für 2009 ermittelten Daten wurde ferner festgestellt, dass die Kommunen mit 57 % der anfallenden sozialen Folgekosten die Hauptträger der Aufwendungen sind. Mit 21 % ist der Bund der zweitgrößte Kostenträger, gefolgt von der Sozialversicherung mit 13 %. Das Land Nordrhein-Westfalen trug rund 10 % der sozialen Folgekosten, die hier insbesondere für Folgekosten im Bereich der Jugendkriminalität und des Maßregelvollzugs sowie für einen Teil der Kosten im Übergangssystem anfielen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9625 2 Da seit der letzten Erhebung der Jugendbilanz fünf Jahre vergangen sind, frage ich daher die Landesregierung: Vorbemerkung der Landesregierung: Die Kleinen Anfragen 3677 (LT-Drs. 16/9286), 3698 (LT-Drs. 16/9316), 3699 (LT-Drs. 16/9317) und 3700 (LT-Drs. 16/9318) beziehen sich auf ein Gutachten der Prognos AG vom 15.02.2011. Das in 2011 veröffentlichte Gutachten „Soziale Prävention – Bilanzierung der sozialen Folgekosten in Nordrhein-Westfalen“ hat der Landesregierung entscheidende Grundlagen und wertvolle Impulse für eine vorbeugende Politik in Nordrhein-Westfalen geliefert . Vorbeugende Politik ist Kernanliegen der nordrhein-westfälischen Landesregierung und will jedem Kind ein gelingendes Aufwachsen ermöglichen. Vor diesem Hintergrund wurde gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung Anfang 2012 das Modellvorhaben „Kein Kind zurücklassen! Kommunen in NRW beugen vor“ auf den Weg gebracht. Das Modellvorhaben verfolgt das Ziel, in 18 nordrhein-westfälischen Städten und Kreisen kommunale Präventionsketten zu etablieren und anhand dieser eng verzahnten Präventionsangebote möglichst frühzeitige Hilfen zugunsten von Kindern und Jugendlichen anzubieten . Die Federführung für die operative Umsetzung hat das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend , Kultur und Sport, das eine Koordinierungsstelle in Trägerschaft des Instituts für soziale Arbeit e.V. in Münster eingerichtet hat. Aus der gut dreijährigen Arbeit der Koordinierungsstelle lassen sich bereits klare Schlussfolgerungen im Hinblick auf eine landesweite Umsetzung vorbeugender Politik ableiten. In der Zwischenbilanzveranstaltung zum Modellvorhaben am 29. August 2014 haben die 18 Modellkommunen bereits ihre Erfahrungen der Öffentlichkeit vorgestellt. Es hat sich gezeigt, dass Vorbeugung funktioniert. Das Modellvorhaben „Kein Kind zurücklassen! Kommunen in NRW beugen vor“ läuft noch bis Ende 2015. Damit sich Vorbeugung als Politikansatz im ganzen Land verbreitet, ist es das erklärte Ziel des Modellvorhabens, die gewonnenen Erkenntnisse in die Fläche zu bringen . Deshalb haben beide Kooperationspartner, das Land NRW und die Bertelsmann Stiftung , schon zu Beginn des Modellvorhabens erklärt, die Zusammenarbeit auch für den Zeitraum bis 2020 fortsetzen zu wollen. Aufgabe wird es sein, die Erfahrungen anderen Kommunen zur Verfügung zu stellen und weitere Kommunen beim Aufbau kommunaler Präventionsketten zu beraten und zu unterstützen. Die Beratung und Unterstützung wird sich dabei auf die federführend von der Bertelsmann Stiftung verantwortete Evaluation stützen können, die ab 2016 zur Verfügung stehen wird. Im Rahmen der Evaluation arbeitet die Bertelsmann Stiftung mit einer Reihe renommierter Forschungsorganisationen zusammen. Die Evaluation soll zeigen, welche Effekte eine kommunale Präventionskette für Kinder und Familien hat. Die weitere Präzisierung von Präventionsstandards und das Vorgehen der Landesregierung nach Beendigung des Modellvorhabens werden die Ergebnisse der Evaluation des Modellvorhabens einbeziehen. Eine neue Auftragsvergabe an die Prognos AG ist vor diesem Hintergrund derzeit nicht geplant und war auch zu keiner Zeit angekündigt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9625 3 1. Wie verteilt sich die Häufigkeit von ADHS und Adipositas bei Kindern im Alter von drei bis 17 Jahren nach dem Sozialstatus der Eltern (niedrig/mittel/hoch) seit 2010? Daten zur Verteilung der Häufigkeit von ADHS bei Kindern im Alter von drei bis 17 Jahren nach dem Sozialstatus der Eltern (niedrig/mittel/hoch) ab 2010 liegen der Landesregierung nicht vor. Für Nordrhein-Westfalen stehen Daten zur Häufigkeit von Adipositas bei Kindern im Einschulungsalter nach Bildungsstand der Eltern aus den Einschulungsuntersuchungen der Jahre 2010 bis 2013 zur Verfügung. Das Durchschnittsalter der Kinder beträgt ca. 5 Jahre und 8 Monate. Prozentualer Anteil der Kinder mit Adipositas insgesamt sowie nach Geschlecht und Bildungsstand der Eltern, Nordrhein-Westfalen, 2010-2013. Alle untersuchten Kinder Jahr gesamt geringer Bildungsstand mittlerer Bildungsstand hoher Bildungsstand 2010 4,5 7,4 4,3 2,2 2011 4,6 7,7 4,4 1,9 2012 4,7 8,0 4,7 2,2 2013 4,4 7,7 4,0 2,2 Jungen Jahr gesamt geringer Bildungsstand mittlerer Bildungsstand hoher Bildungsstand 2010 4,8 7,5 4,7 2,3 2011 4,7 8,0 4,5 2,0 2012 4,9 7,9 4,9 2,2 2013 4,5 7,5 4,3 2,3 Mädchen Jahr gesamt geringer Bildungsstand mittlerer Bildungsstand hoher Bildungsstand 2010 4,3 7,4 3,9 2,1 2011 4,4 7,3 4,3 1,9 2012 4,6 8,0 4,5 2,3 2013 4,3 7,9 3,8 2,2 In Nordrhein-Westfalen ist die Gesamtzahl der im Rahmen der Schul-eingangsuntersuchung festgestellten Kinder mit Adipositas im angefragten Zeitraum von 6.306 im Jahr 2010 auf 6.148 im Jahr 2013 zurückgegangen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9625 4 2. Wie hoch ist der absolute Bevölkerungsanteil von Kindern im Alter von drei bis 17 Jahren in den Jahren 2010 – 2014 in Nordrhein-Westfalen (Stichtag jeweils zum 31. Dezember eines Jahres)? Bevölkerungsanteil der 3 bis 17-Jährigen am 31.12. der Jahre 2010 bis 2013 in NordrheinWestfalen (IT.NRW, Fortschreibung des Bevölkerungsstandes auf Basis der Volkszählung vom 25.05.1987, Daten für 2014 liegen noch nicht vor)Fehler! Keine gültige Verknüpfung. 3. Wie hoch ist der absolute Anteil von sozialstatusbedingten Fällen von ADHS in Nordrhein-Westfalen in den Jahren 2010 – 2014 (Fortschreibung der Tabelle auf Seite 76 des im Vorwort genannten Gutachtens)? 4. Wie hoch ist der absolute Anteil von sozialstatusbedingten Fällen von Adipositas in Nordrhein-Westfalen in den Jahren 2010 – 2014 (Fortschreibung der Tabelle auf Seite 76 des im Vorwort genannten Gutachtens)? 5. Wie hoch sind die geschätzten sozialen Folgekosten im Bereich der Kinder- und Jugendgesundheit in Nordrhein-Westfalen für die sozialstatusbedingten Fälle von ADHS und Adipositas in Nordrhein-Westfalen in den Jahren 2010 – 2014? Hierzu wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung verwiesen.