LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9627 31.08.2015 Datum des Originals: 28.08.2015/Ausgegeben: 03.09.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3722 vom 24. Juli 2015 der Abgeordneten Yvonne Gebauer und Ingola Schmitz FDP Drucksache 16/9375 Da Ministerin Löhrmann in Parlamentsdebatten plötzlich doch ausführlich Zahlen nennen kann, die kurzfristig nicht zu erheben seien: Wie viele Anträge auf Einleitung eines AO-SF-Verfahrens zur Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs sind seit Inkrafttreten des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes zur Inklusion gestellt worden? Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 3722 mit Schreiben vom 28. August 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Mit der Drucksache 16/8693 hat die Ministerin am 18.05.2015 auf die Nachfrage nach der Anzahl gestellter AO-SF-Verfahren erklärt: „Die Zahl der Verfahren zur Feststellung des Bedarfs an sonderpädagogischer Unterstützung wird im Rahmen der Amtlichen Schuldaten nicht erhoben. Eine solche Erhebung kann auch nicht innerhalb der Zeit geleistet werden, die für die Antwort auf eine Kleine Anfrage zur Verfügung steht; sie müsste sich auf 58 Schulaufsichtsbehörden (alle Schulämter und alle Bezirksregierungen) erstrecken.“ Eine solche Auskunft ist inhaltlich selbstverständlich unbefriedigend. Dennoch muss von Seiten des Parlaments grundsätzlich die Begründung des Ministeriums für Schule und Weiterbildung als zutreffend akzeptiert werden, wonach in einem vierwöchigen Zeitraum die Erhebung dieser Zahlen nicht möglich sei. Umso verblüffender wirkte nach der nicht erfolgten Übermittlung erfragter Zahlen und der genannten Begründung allerdings die Plenarrede der Schulministerin zum Tagesordnungspunkt 5, „Sonderpädagogische Förderung jetzt sicherstellen !“ in der Plenarsitzung am 25. Juni 2015. Während die Ministerin zuvor erklärt hatte, dass eine Erhebung entsprechender Zahlen zu AOSF-Anträgen nicht innerhalb der Zeit geleistet werden könne, die für die Antwort auf eine Kleine Anfrage zur Verfügung stünde, erklärte die Ministerin in ihrer Rede vor dem Parlament erstaunlicherweise: „Bei der Bezirksregierung Münster sind 462 Anträge mit einem vermuteten Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung in den Lern- und Entwicklungsstörungen eingegangen; davon wurden 458 von den Eltern gestellt, ganze vier Anträge kamen also von den Schulen. 402 der insgesamt 462 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9627 2 Anträge gingen von einem vermuteten Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung in den Lern- und Entwicklungsstörungen aus. Das sind 87 %.“ Da sowohl die dem Antrag zugrunde liegende Information als auch der gestellte Antrag offenkundig eines geringeren zeitlichen Vorlaufs bedurften als die Beantwortungsfrist einer Kleinen Anfrage, verwunderten die plötzlich offenbar doch sehr zeitnah zu ermittelnden Zahlen . Daher wäre es interessant zu erfahren, durch welche glücklichen Umstände sich der Ermittlungszeitraum offenkundig massiv verkürzt hat, als die Ministerin die Zahlen für Ihre Plenarrede benötigte. Da darüber hinaus nun die damals erfragten Zahlen erfreulicherweise doch bekannt bzw. zeitnah zu ermitteln sind, besteht selbstverständlich auch die Bitte um die Übermittlung der entsprechenden Informationen. 1. Warum lagen der Ministerin sehr kurzfristig die genannten Zahlen plötzlich doch vor, obwohl deren kurzfristige Erhebung wenige Wochen zuvor als in einem vierwöchigen Zeitraum zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage nicht möglich bezeichnet wurde? Die Antwort auf die Kleine Anfrage 3301, aus der die Fragestellerinnen zitieren, bezieht sich auf landesweite Zahlen, die durch eine Erhebung bei 58 Schulaufsichtsbehörden zu ermitteln gewesen wären. Insofern liegt hier möglicherweise ein Missverständnis vor. Die von mir in der Plenarsitzung des Landtags am 25. Juni 2015 genannte Zahl von 462 Anträgen bezieht sich nicht auf den gesamten Regierungsbezirk Münster, sondern nur auf eine einzige obere Schulaufsichtsbehörde, die Bezirksregierung Münster. Deren Zuständigkeit für AO-SF-Verfahren ist begrenzt auf Schülerinnen und Schüler der Realschule, des Gymnasiums , der Gesamtschule, der Sekundarschule, des Berufskollegs und der Förderschulen, die ihrer Aufsicht unterliegen. Damit sind in der Zahl von 462 Anträgen die Anträge aus den 425 Grundschulen und den 88 Hauptschulen im Regierungsbezirk Münster nicht enthalten. Sie hätten von den Schulämtern in Borken, Bottrop, Coesfeld, Gelsenkirchen, Münster, Recklinghausen , Steinfurt und Warendorf ermittelt und danach nach einem gleichen Maßstab ausgewertet werden müssen. Die Zahl der Anträge bei der Bezirksregierung Münster wurde aus einem aktuellen Anlass genannt, auf den ich am 25. Juni 2015 im Landtag ausführlich eingegangen bin: den durch einen personellen Engpass begründeten Antragsstau, angesichts dessen sich die Bezirksregierung veranlasst sah, bei der Bearbeitung Prioritäten zu setzen. Diese besondere Situation lässt sich nicht auf die übrigen 57 Schulaufsichtsbehörden des Landes übertragen. 2. Wie viele Anträge auf eine Einleitung eines AO-SF-Verfahrens sind im Schuljahr vor dem Inkrafttreten des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes insgesamt gestellt worden (bitte in absoluten Zahlen sowie für die Antragsstellung durch Schulen sowie durch Eltern aufgeschlüsselt darstellen)? 3. In wie vielen Fällen ist als Folge der in Frage 2 genannten Anträge ein entsprechendes Verfahren eingeleitet worden, bei dem ein sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt wurde (bitte in absoluten Zahlen sowie für die Antragsstellung durch Schulen sowie durch Eltern aufgeschlüsselt darstellen)? LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9627 3 4. Wie viele Anträge auf Einleitung eines AO-SF-Verfahrens sind nach dem Inkrafttreten des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes insgesamt gestellt worden (bitte in absoluten Zahlen aufgeschlüsselt darstellen für die Antragsstellung durch Schulen sowie durch Eltern)? 5. In wie vielen Fällen ist als Folge der in Frage 4 genannten Anträge ein entsprechendes Verfahren eingeleitet worden, bei dem ein sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt wurde (bitte in absoluten Zahlen sowie für die Antragsstellung durch Schulen sowie durch Eltern aufgeschlüsselt darstellen)? Die Fragen 2 bis 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Bereits in der Antwort auf die Kleine Anfrage 3301 habe ich dargelegt, dass die Zahl der Verfahren zur Feststellung des Bedarfs an sonderpädagogischer Unterstützung im Rahmen der Amtlichen Schuldaten nicht landesweit erhoben wird und eine solche gesonderte Erhebung bei allen Schulaufsichtsbehörden nicht innerhalb der Zeit geleistet werden könnte, die für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung steht. Auch wäre der Aussagewert einer Erhebung gestellter Anträge sowie daraufhin eingeleiteter Verfahren nach der Ausbildungsordnung sonderpädagogische Förderung gering. Von Interesse ist vielmehr die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit einem festgestellten Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung. Im Schuljahr 2014/2015 (2013/2014) betrug sie in der Primarstufe und der Sekundarstufe I 122.073 (120.100); bezogen auf alle Schülerinnen und Schülern ergibt sich ein Anteil in Höhe von 7,3% (7,1%).