LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9644 31.08.2015 Datum des Originals: 28.08.2015/Ausgegeben: 03.09.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3659 vom 7. Juli 2015 des Abgeordneten Ralf Witzel FDP Drucksache 16/9254 Auswirkungen der Versorgungsrücklage des Landes auf den Landeshaushalt Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 3659 mit Schreiben vom 28. August 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Versorgungsbezüge sind bereits ohne die Berücksichtigung der aktuellen Besoldungsanpassungen in der aktuellen Mittelfristigen Finanzplanung wie folgt fortgeschrieben worden: Jahr Versorgungsbezüge (in Mio. Euro) 2015 6.202,5 2016 6.423,7 2017 6.647,4 2018 6.849,9 Die Ausgaben des Landes für die Beamtenversorgung insgesamt werden gemäß der Modellrechnung des Dritten Versorgungsberichts des Landes Nordrhein-Westfalen im Jahr 2040 rund 6,7 Mrd. Euro betragen (LT-DS 15/1239). Der Ausgaben-Höchststand mit rund 6,9 Mrd. Euro ist in den Jahren 2025 und 2026 zu erwarten. Um die Spitze der Versorgungslasten abzudämpfen, wurde durch zwei unterschiedliche Instrumente Vorsorge getroffen. Erstens existiert das Sondervermögen „Versorgungsrücklage des Landes NordrheinWestfalen “ nach dem Ersten Abschnitt des Gesetzes zur Errichtung von Fonds für die Versorgung in Nordrhein-Westfalen (Versorgungsfondsgesetz – EFoG) mit einem Vermögen in Höhe von 4.399,5 Mio. EUR zum 31.12.2013. Zweitens gibt es noch das Sondervermögen „Versorgungsfonds des Landes Nordrhein-Westfalen“ nach dem Zweiten Abschnitt des Ge- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9644 2 setzes zur Errichtung von Fonds für die Versorgung in Nordrhein-Westfalen (Versorgungsfondsgesetz – EFoG) mit einem Vermögen in Höhe von 1.993,8 Mio. EUR zum 31.12.2013. Laut LT-DS 16/6360 plant die Landesregierung, im Jahr 2017 letztmalig in die Versorgungsrücklage einzuzahlen und beabsichtigt ab dem Jahr 2018 die Ausschüttung aus diesem Sondervermögen in den Landeshaushalt. Die Einzahlungen in den Jahren 2015 bis 2018 sowie die Höhe des Sondervermögens stellen sich wie folgt dar: Jahr Zuführung (in Mio. €)* Vermögen (in Mio. €)* 2015 394 5.500 2016 453 6.200 2017 512 7.000 2018 - 7.300 *Quelle: Angaben (circa/voraussichtlich) gemäß Mittelfristiger Finanzplanung 2015-2018 und Entwurf des Finanzberichts 2015. Die Einstellung der Zahlungen in die Versorgungsrücklage bei zusätzlicher Entnahme aus diesem Sondervermögen hat Auswirkungen auf den Finanzierungssaldo – also die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben – des Landes. Die Maßnahmen führen einerseits zu einer Verringerung der Ausgaben und andererseits zu einer Erhöhung der Einnahmen ab dem Jahr 2018. Der Finanzminister Dr. Norbert Walter-Borjans hat in seiner Presseerklärung vom 23. Juni 2015 darauf hingewiesen, dass er ein Jahrzehnt nach Beschluss der neuen Schuldenbegrenzungsregelung diese erreichen werde, da 2019 ein Haushaltsüberschuss erwirtschaftet werden könne. Auf Bundesebene sind nach §2 Absatz 1 erster Halbsatz des Gesetzes zur Ausführung von Artikel 115 des Grundgesetzes Einnahmen und Ausgaben um finanzielle Transaktionen zu bereinigen. Auch die Systematik des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes sieht eine Bereinigung des Finanzierungssaldos um finanzielle Transaktionen vor. Ganz explizit sehen Regelungen im Landesrecht anderer Bundesländer – beispielsweise in Hessen – die Bereinigung des für die Einhaltung der Schuldenbremse ausschlaggebenden Finanzierungssaldos „um die Zuführungen zum und die Entnahmen aus dem Sondervermögen ‚Versorgungsrücklage des Landes Hessen‘“ vor (Gesetz zur Ausführung von Artikel 141 der Verfassung des Landes Hessen). In Nordrhein-Westfalen ist bislang keine neue landesrechtliche Regelung zur Begrenzung der Neuverschuldung des Landes beschlossen worden. Somit ist neben den vielen anderen Aspekten bisher unklar, ob die Landesregierung eine Bereinigung des für die Einhaltung der Schuldenbremse relevanten Finanzierungssaldos um die Zuführungen zum und die Entnahmen aus dem Sondervermögen „Versorgungsrücklage des Landes Nordrhein-Westfalen“ für sinnvoll erachtet. Ferner ist nicht bekannt, wie hoch die Ausschüttungen aus dem Sondervermögen „Versorgungsrücklage des Landes Nordrhein-Westfalen“ ab dem Jahr 2018 sein werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9644 3 Vorbemerkung der Landesregierung Entgegen der Behauptung des Fragestellers beabsichtigt die Landesregierung keine Ausschüttung aus der Versorgungsrücklage oder dem Versorgungsfonds. Die Vermögensbestände bleiben unangetastet. 1. Aus jeweils welchen Erwägungen heraus hält die Landesregierung die Bereinigung der für die Einhaltung der spätestens ab dem Jahr 2020 geltenden neuen Schuldenbegrenzungsregelung ausschlaggebenden Einnahmen und Ausgaben um Zuführungen zum und Entnahmen aus dem Sondervermögen „Versorgungsrücklage des Landes Nordrhein-Westfalen“ für sinnvoll? Unabhängig von der Existenz eines Versorgungsfonds haben Beamtinnen und Beamte gesicherte Versorgungsansprüche gegenüber ihrem Dienstherrn. Die in Bund und Ländern mittlerweile übliche Einrichtung von Fonds dient also nicht der Sicherung der Ansprüche, sondern der finanziellen Vorsorge im Haushalt. Mit anderen Worten: Ein Versorgungsfonds stellt sicher, dass die Pensionsansprüche der heutigen Beamten zum größten Teil während ihrer aktiven Dienstzeit finanziert und nicht auf künftige Steuerzahlergenerationen verschoben werden. Kredite, die zur Finanzierung der Zuführung zu einem Versorgungsfonds aufgenommen werden, sind keine strukturelle Belastung der Zukunft, sondern dienen gerade dazu , diese Belastung zu vermeiden. Deshalb hat der Stabilitätsrat festgelegt, dass der „Strukturelle Finanzierungssaldo“ und die „Kreditfinanzierungsquote“ um die Einnahmen und Ausgaben von Pensionsfonds bereinigt werden 2. Wie hoch werden nach heutigen Erkenntnissen des Finanzministers die Entnahmen aus der Versorgungsrücklage jeweils jährlich ab dem Jahr 2018 voraussichtlich sein? 3. Welchen strukturellen Finanzierungssaldo würde das Land Nordrhein-Westfalen im Jahr 2019 voraussichtlich ausweisen, wenn um die Entnahme aus der Versorgungsrücklage bereinigt werden würde? 4. Auf welche finanzielle Höhe belaufen sich die geplanten Zuführungen in und Entnahmen aus dem „Versorgungsfonds des Landes Nordrhein-Westfalen“ jeweils in den Jahren 2015 bis 2020? 5. Wie hoch wären die notwendigen Zuführungen des Landes in den Jahren 2018 und 2019 an die „Versorgungsrücklage des Landes Nordrhein-Westfalen“, wenn in diese weiterhin eingezahlt werden würde? Die Fragen 2 bis 5 werden zusammen beantwortet: Die Landesregierung hat am 18.08.2015 beschlossen, die Sondervermögen „Versorgungsrücklage des Landes Nordrhein-Westfalen“ und „Versorgungsfonds des Landes NordrheinWestfalen “ mit Ablauf des 31.12.2016 zu einem Sondervermögen „Pensionsfonds des Landes Nordrhein-Westfalen“ zusammenzuführen, um eine einheitliche und nachhaltige Basis zur Finanzierung zukünftiger Versorgungsansprüche gewährleisten zu können. Das entspricht der in Bayern bereits eingeführten Praxis. Allerdings beträgt das Volumen der Pensionsvorsorge in Bayern nur einen Bruchteil der in Nordrhein-Westfalen angesparten Mittel. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9644 4 Ausschüttungen der Sondervermögen an den Landeshaushalt sind in der Mittelfristigen Finanzplanung nicht vorgesehen. Im Haushaltsplan 2015 ist für die Zuführung an das Sondervermögen „Versorgungsfonds des Landes Nordrhein-Westfalen“ ein Ansatz i.H.v. 533 Mio. EUR etatisiert. Der Haushaltsplanentwurf 2016 sieht für die Zuführung an den Versorgungsfonds einen Betrag i.H.v. 635 Mio. EUR vor. Ab dem Haushaltsjahr 2017 erfolgt eine jährliche Zuführung an das Sondervermögen „Pensionsfonds des Landes Nordrhein-Westfalen“. Mit dieser Vorgehensweise wird das Land Nordrhein-Westfalen anders als andere Bundesländer , die zum Teil ihre Pensionsfonds bereits auflösen, auf eine schnelle Auszahlung der Beträge aus der Versorgungsrücklage, was nach 2017 möglich wäre, verzichten und stattdessen die Basis für die Zahlung zukünftiger Pensionen nachhaltig stärken.