LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9671 02.09.2015 Datum des Originals: 01.09.2015/Ausgegeben: 07.09.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3746 vom 4. August 2015 der Abgeordneten Ina Scharrenbach CDU Drucksache 16/9435 Flüchtlingshilfe: Auf welcher Rechtsgrundlage bewegt sich die Landesregierung bei der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen durch anerkannte Hilfsorganisationen ? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 3746 mit Schreiben vom 1. September 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer der anerkannten Hilfsorganisationen, der Freiwilligen Feuerwehren und des Technischen Hilfswerkes in Nordrhein-Westfalen bilden die Basis für einen gut funktionierenden Zivil- und Katastrophenschutz in unserem Land und zur Abwehr alltäglicher Gefahren für unsere Bevölkerung. Die Struktur der inneren Sicherheit, von der örtlichen Gefahrenabwehr bis zum Einsatz im Katastrophenschutzfall, vertraut auf die Einsatzbereitschaft und -fähigkeit unserer zig Tausend ehrenamtlich Helfenden. Die Personaldecke ist noch ausreichend, aber vielerorts aufgrund der Änderung gesellschaftlicher Rahmenbedingungen mit Blick auf das Ehrenamt kleiner werdend. Im Zuge des hohen Flüchtlingszustroms wurden bereits in 2014 in einigen Landeseinrichtungen bei der Unterbringung und Betreuung auf anerkannte Hilfsorganisationen zurückgegriffen und auf die Einsatzbereitschaft hunderter Ehrenamtlicher gesetzt. Angesichts einer in 2014 noch nicht verstetigten landesseitigen Organisation bei der Flüchtlingsunterbringung, konnte dies als Ausnahme durchaus vertreten werden. Aber dieser Rückgriff auf die anerkannten Hilfsorganisationen und deren ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer setzt sich auch in 2015 fort: Mit heutigem Tage schlug der Katastrophenschutzbeauftragte des DRK Alarm: „Das Ehrenamt kommt an seine Grenzen.“ (Aachener Zeitung, 4. August 2015). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9671 2 Da es sich bei der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen in den Landeseinrichtungen wohl kaum um einen Fall des Zivil- und Katastrophenschutzes handelt, stellt sich die Frage, auf welcher rechtlichen Basis die Landesregierung auf die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer der anerkannten Hilfsorganisationen zurückgreift. Vorbemerkung der Landesregierung Die im Katastrophenschutz mitwirkenden Hilfsorganisationen von Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), Deutschem Roten Kreuz (DRK), Johanniter-Unfallhilfe (JUH) und Malteser-Hilfsdienst (MHD) übernehmen in zahlreichen Einrichtungen die Betreuung von Flüchtlingen. Sie leisten hierbei eine hervorragende Arbeit. Ohne ihre jederzeitige Bereitschaft die Betreuung von Einrichtungen mit fachlich geeignetem Personal zu übernehmen, wäre es nicht möglich, eine oft auch sehr kurzfristige Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen in NordrheinWestfalen zu gewährleisten. Die Landesregierung dankt den Hilfsorganisationen und ihren ehren- und hauptamtlichen Helferinnen und Helfern für ihren Einsatz und ihr großes Engagement . 1. Auf welcher Rechtsgrundlage bewegt sich der Einsatz der Ehrenamtlichen der anerkannten Hilfsorganisationen bei der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen? Für die Hilfsorganisationen von ASB, DRK, JUH und MHD ist die Mitwirkung in der Betreuung von Flüchtlingen eine humanitäre Hilfe für Menschen in einer Notlage, die sie als originäre Aufgabe im Rahmen ihres Auftrags wahrnehmen. Ihr Auftrag ergibt sich aus ihren Satzungen bzw. beim Deutschen Roten Kreuz aus seiner Eigenschaft als Hilfsgesellschaft nach § 2 des DRK-Gesetzes. Die Einbindung der Hilfsorganisationen in die Betreuung von Flüchtlingen erfolgt als sog. "organisationseigener Einsatz“, d.h. es erfolgt ein Rückgriff auf die hauptund ehrenamtliche Helferinnen und Helfer in den eigenen Organisationsstrukturen. Die Übertragung der Betreuung der einzelnen Einrichtungen erfolgt durch einen zivilrechtlichen Vertrag mit dem Land. 2. Wie viele Einsatzstunden haben die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer der anerkannten Hilfsorganisationen seit 2013 jährlich abgeleistet (unterteilt nach Hilfsorganisationen und Regierungsbezirken)? Der Landesregierung liegen keine Daten zu den jährlichen Einsatzstunden der im Katastrophenschutz mitwirkenden Helferinnen und Helfer vor. Eine landesweite Abfrage der Daten bei den kommunalen Aufgabenträgern ist mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden und in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht durchführbar. 3. Nach welchen Grundsätzen findet eine Kostenerstattung an die anerkannten Hilfsorganisationen im Zusammenhang mit der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen statt? Die Bezahlung der Hilfsorganisationen erfolgt im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9671 3 4. Ist sichergestellt, dass die im Wege der Amtshilfeersuchen eingebundenen Kommunen ebenfalls die womöglich zunächst bei ihnen anfallenden Kosten für den Einsatz der Hilfsorganisationen erstattet bekommen? Ja. 5. Wie stellt sich die Landesregierung zu dem Anwurf, dass es sich bei dem dauerhaften Rückgriff auf ehrenamtliche Helferstrukturen im Rahmen der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen um eine missbräuchliche Verwendung der Einsatzbereitschaft dieser Kräfte handelt, so dass die jederzeitige Einsatzbereitschaft im Zivil- und Katastrophenschutz nicht mehr sichergestellt ist? Für die Betreuung nutzen die Hilfsorganisationen primär Kräfte aus den eigenen Organisationsstrukturen . Dabei können auch Kräfte eingebunden sein, die in Einheiten des Katastrophenschutzes eingeplant sind. Für den Aufbau von Unterkünften werden nicht ganze Katastrophenschutzeinheiten benötigt, sondern immer nur einzelne Kräfte mit speziellen Fähigkeiten , die in einem von den Hilfsorganisationen für die spezielle Aufgabe zusammenzustellenden Team benötigt werden. Der Einsatz von Kräften aus Einsatzeinheiten des Katastrophenschutzes kann daher im Einzelfall zur Überbrückung einer örtlich und zeitlich begrenzten Engpasses erfolgen, z.B. für wenige Tage während der Aufbauphase einer zusätzlichen Einrichtung. Die Verfügbarkeit der Kräfte aus den Einsatzeinheiten des Katastrophenschutzes ist im Vorfeld ihres Einsatzes mit dem zuständigen Hauptverwaltungsbeamten zu klären. Dadurch ist sichergestellt, dass die dauerhafte Einsatzbereitschaft des Katastrophenschutzes auch bei einem Einsatz von Kräften aus Katastrophenschutzeinheiten in der Flüchtlingsbetreuung jederzeit sichergestellt ist.