LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/970 25.09.2012 Datum des Originals: 25.09.2012/Ausgegeben: 28.09.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 361 vom 24. August 2012 der Abgeordneten Thoma Nückel und Henning Höne FDP Drucksache 16/723 Sicherung der Fernwärmeversorgung/Eon-Kraftwerk Shamrock in Herne Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 361 mit Schreiben vom 25. September 2012 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Aufgrund der Verzögerung für den Bau des neuen und modernen Kohlekraftwerks Datteln IV, das unter anderem auch die Fernwärmeversorgung der Bevölkerung in Teilen von Herne, Bochum und Recklinghausen sichern soll, ist die Netzversorgung in Frage gestellt. Derzeit werden die genannten Gebiete vom kohlebefeuerten Eon-Kraftwerk Shamrock in Herne beliefert . Dies sollte durch das moderne Kraftwerk Datteln IV ersetzt werden, so dass seitens Eon eine Stilllegungserklärung für Shamrock erfolgte. Der Umweltminister des Landes NRW verweigerte den Weiterbetrieb des Kohlekraftwerks Shamrock bzw. die Rücknahme der Stilllegungserklärung , so dass das Kraftwerk Shamrock Ende 2012 stillgelegt werden muss. Zur Sicherung der Fernwärmeversorgung der Bevölkerung hat Eon mit der Steag einen Vertrag über die Lieferung von 160 Megawatt abgeschlossen. Diese muss über neue Leitungen geschehen , deren unterirdische Verlegung jedoch eine gewisse Bauzeit in Anspruch nimmt. Die Lieferung der Fernwärme über diese Leitungen könnte ab Herbst 2013 erfolgen. So entsteht jedoch eine rund 9-monatige Versorgungslücke. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/970 2 Vorbemerkung der Landesregierung Mit Erklärung vom 18.12.2006 hat die E.ON Kraftwerke GmbH auf die Genehmigung zum Betrieb des Kraftwerks Shamrock über den 31.12.2012 hinaus verzichtet. Diese Erklärung von E.ON erfolgte, um die Anlage nicht an die gestiegenen Anforderungen der damals novellierten Großfeuerungsanlagenverordnung anpassen zu müssen. Die Verordnung sah die Möglichkeit eines entsprechenden Verzichts vor, falls dieser bis Ende 2006 erklärt wurde. Die Verzichtserklärung von EON erfolgte Ende 2006 zu einem Zeitpunkt, zu dem für das geplante Kraftwerk Datteln 4 weder ein Bebauungsplan noch eine Genehmigung vorlag. Am 12.10.2010 hat EON erklärt, diesen Verzicht widerrufen zu wollen. Mit Urteil vom 14.3.2012 ist das Oberverwaltungsgericht Münster der Rechtsauffassung der Landesregierung gefolgt, dass ein solcher Widerruf rechtlich nicht möglich ist, da mit Abgabe der Verzichtserklärung die Genehmigung endgültig erlischt. Das Urteil befindet sich aktuell in der Revision. Nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts fehlt es ab Anfang 2013 an einer Genehmigung für den Betrieb des Kraftwerkes. Eine solche Genehmigung kann nach deutschem und europäischem Recht nur über einen Antrag von EON und nach Durchführung eines förmlichen Genehmigungsverfahrens herbeigeführt werden. Ohne dieses Verfahren kann weder die Landesregierung noch die Bezirksregierung den weiteren Betrieb des Kraftwerkes genehmigen. Bereits Anfang 2011 hat das Umweltministerium eine alternative Fernwärmeversorgung fachgutachterlich ermitteln lassen. Nachdem sich im August 2011 abgezeichnet hatte, dass das OVG Münster der Rechtsauffassung der Landesregierung folgen wird, hatte E.ON seine Bereitschaft erklärt, die Folgen einer Stilllegung des Kraftwerks Shamrock mit der Bezirksregierung Arnsberg unter Beteiligung des Umweltministeriums zu erörtern. Diese Gespräche hat E.ON Ende 2011 abgebrochen mit der Erklärung, dass man Versorgungsalternativen nicht weiter prüfen wolle und stattdessen erst eine gerichtliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts anstrebe. Nach dem Vorliegen des OVG Urteils hat E.ON dann Ende März 2012 mitgeteilt, eine Fernwärmeversorgung über Steag sicherstellen zu wollen. Eine weitere Fernwärmeversorgung in dem Zeitraum zwischen dem Erlöschen der Genehmigung Ende 2012 und der derzeit von E.ON angestrebten Versorgung durch die Steag liegt nach Auffassung der Landesregierung im öffentlichen Interesse. In Anbetracht dieses öffentlichen Interesses ist nach der Auffassung der Landesregierung eine Duldung des zeitlich befristeten Weiterbetriebs des Kraftwerks Shamrock durch die Bezirksregierung Arnsberg rechtlich dann möglich, falls und solange trotz Aufbringung aller zumutbaren Anstrengungen keine legale und zumutbare Möglichkeit realisiert werden kann, die Fernwärmeversorgung auf anderem Wege sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund beantworte ich die Fragen wie folgt: 1. Ist die Landesregierung bereit, den Betrieb des Kraftwerks Shamrock über 2012 hinaus zu dulden? Angesichts des von dem Oberverwaltungsgericht Münster festgestellten Erlöschens der Genehmigung zum Ende dieses Jahres ist eine Duldung des Weiterbetriebs des Kraftwerkes Shamrock rechtlich unter engen Voraussetzungen möglich. Dies war auch Gegenstand der Erörterungen vor dem OVG Münster. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/970 3 2. Oder bevorzugt der Umweltminister stattdessen die Versorgung durch ein ölbefeuertes Ersatzheizwerk auf Shamrock, das nur für den absoluten Ausnahmefall gedacht ist und dessen Belieferung per LKW über die Straße erfolgen muss? Zuständig für diese Entscheidung ist nicht der Umweltminister, sondern die Bezirksregierung Arnsberg. Eine technisch mögliche und rechtlich zulässige Alternative für den Weiterbetrieb des Kraftwerkes Shamrock ist eine Fernwärmeversorgung durch das von EON betriebene Heizwerk Shamrock. Die Bezirksregierung wird prüfen, ob u.a. die von EON geltend gemachten höheren Kosten für einen Betrieb des Heizwerkes und die in der Anfrage dargestellte Belieferung durch LKW diese Variante im Sinne der dargestellten Rechtslage unzumutbar erscheinen lassen. Diesbezügliche Vorgaben der Landesregierung bestehen nicht.