LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9753 16.09.2015 Datum des Originals: 16.09.2015/Ausgegeben: 21.09.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3787 vom 18. August 2015 des Abgeordneten Daniel Schwerd PIRATEN Drucksache 16/9523 Klausurheberrecht: Wem steht die Nutzung vergangener Abituraufgaben zu? Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 3787 mit Schreiben vom 16. September 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage "Dem Mensch fällt mehr auf, was ihm fehlt, als das, was er besitzt." Johann Wolfgang v. Goethe Eine Anfrage nach vorzeitiger Einsicht von Abiturklausuren auf der Basis des nordrheinwestfälischen Informationsfreiheitsgesetzes (IFG NRW) sorgte dieses Frühjahr europaweit für einige Presseresonanz. Das führte zu einer Welle von Nachahmern, die über die Internetplattform „FragDenStaat“ Aufgaben zu staatlichen Prüfungen wie dem Richteramt, zur Jägerprüfung oder andern Abschlüssen haben wollten. Eine nachträgliche Anfrage zu den Abituraufgaben des Jahres 2011 in NRW war für den antragsstellenden Schüler erfolgreich. Er bekam die Aufgaben zugeschickt, darf sie allerdings nicht veröffentlichen. Der Grund dafür liegt offenbar beim Urheberrecht: In NRW (anders als z.B. in Sachsen-Anhalt) hat das Land die Lizenzen für die Veröffentlichung von Abituraufgaben einem privaten Anbieter übertragen: Dem Verband Bildungsmedien und seinen angeschlossenen Verlagen. Das Land NRW behält sich zwar das Recht bei, die Aufgaben den Schulen zur Verfügung zu stellen, dies allerdings nur auf “gesicherten Servern”. Nach veröffentlichten Aussagen des LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9753 2 Ministeriums dienen diese Regelungen “dem Zweck, die Aufgaben unverändert zu lassen und zum anderen einer, wenn auch sehr geringen, Refinanzierung.“ 1. Welchen genauen Text hat der zugrundeliegende Vertrag? Übermitteln Sie bitte den Vertragstext mit allen Anlagen und Vereinbarungen sowie ggf. spätere Abänderungen ohne Streichungen. siehe Anlage 1 2. Welche konkreten Vorteile erzielt nach Ansicht der Landesregierung daraus das Land? Gehen Sie auch darauf ein, ob diese Vorteile nicht auch ohne kommerzielle Verwertung der Rechte zu erreichen wären. Für die Nutzung der urheberrechtlich geschützten Materialen in den Aufgaben fallen Gebühren an, die über die VG Wort zu entrichten sind. Der Vorteil der entsprechenden Verwertung liegt darin, dass diese Gebühren refinanziert werden. Zum Teil werden darüber hinaus die Verwaltungskosten, die aus dem Verfahren zur Gewährung der Abdruckgenehmigungen entstehen, refinanziert. Ohne die entsprechende vertragliche Regelung wären diese Vorteile nicht zu erzielen. 3. Warum dient die kommerzielle Verwertung dem Zweck, „die Aufgaben unverändert zu lassen“? Begründen Sie, warum dazu ausgerechnet die kommerzielle Verwertung gewählt wurde und ob nicht auch eine andere Lizenzform möglich gewesen wäre, etwa eine ND-Lizenz. Die kommerzielle Verwertung dient auch dem Zweck, die Aufgaben unverändert zu lassen. Die Aufgaben sollen so auch weiterhin den zum jeweiligen Zeitpunkt geltenden Lehrplänen bzw. Vorgaben entsprechen. Etwaige Änderungen an den Aufgaben könnten dazu führen, dass diese Konformität nicht mehr gegeben wäre. Dies könnte zu pädagogischen Diskussionen über Inhalt und Ausführung der Aufgaben führen, die vom Land nicht zu vertreten wären. Eine ND-Lizenz würde zwar dem gleichen Zweck dienen, greift aber in diesem Fall nicht. Alle Rechteinhaber der in den Aufgaben verwendeten Materialen müssten zunächst über die VG Wort um Genehmigung zur Gewährung der CreativeCommons-Lizenz gebeten werden. Dies ist aufgrund der hohen Anzahl der verwendeten Materialien nur schwierig umsetzbar und im Falle unterschiedlicher Genehmigungsstände auch nicht verwaltbar. 4. Welche Einnahmen sind seit 2010 dem Land Nordrhein-Westfalen aus der jährlichen Lizenzvergabe der Verwertung von Prüfungen zugutegekommen? Schlüsseln Sie sie Einnahmen nach Kalenderjahren auf. Zur Verwendung der Einnahmen wird auf die Beantwortung zu Frage 2 verwiesen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9753 3 Jahr Summe 2010 15.800,00 € 2011 15.800,00 € 2012 15.800,00 € 2013 15.800,00 € 2014 15.000,00 € 2015 16.800,00 € Gesamt 95.000,00 € 5. Stehen diese Einnahmen im Verhältnis zu dem Umstand, dass mit öffentlichen Geldern finanzierte Inhalte der freien Nutzung durch die Öffentlichkeit entzogen werden (zumal sie durch das Land als "gering" bezeichnet werden)? Gehen Sie auch auf die Belastung der Abiturienten ein, die die Abituraufgaben zu ihrer Vorbereitung kaufen, und ob damit eine Diskriminierung einhergehen kann. Die Aufgaben beinhalten oft Materialien, die urheberrechtlich geschützt sind. Eine freie Nutzung ist ohne weiteres nicht möglich (siehe auch Antwort zu 3). Die Abiturientinnen und Abiturienten müssen keine Aufgaben zur Vorbereitung auf die Prüfungen kaufen. Die Schulen haben über das Bildungsportal Zugang zu den Aufgaben der letzten drei Jahre. Sie sind aufgefordert, den Schülerinnen und Schülern zu ermöglichen, die Aufgaben zur Vorbereitung auf Klausuren oder Prüfungen zu nutzen.