LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9775 21.09.2015 Datum des Originals: 17.09.2015/Ausgegeben: 24.09.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3814 vom 25. August 2015 des Abgeordneten Gregor Golland CDU Drucksache 16/9616 Fehlalarme durch private und gewerbliche Alarmanlagen Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 3814 mit Schreiben vom 17. September 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Polizeibehörden in Nordrhein-Westfalen erheben grundsätzlich keine Kosten, die im Zusammenhang mit Einsätzen in unserem Bundesland stehen. Gleichzeitig stellt die Polizei aber für Fehlalarme durch private Alarmanlagen, die keinen Anschluss an eine Dienststelle haben, jeweils 110 Euro in Rechnung. Wie ein Medienbericht zeigt, gilt dies, wenn die Polizei aufgrund des Alarms ausrückt, vor Ort keine Hinweise auf einen Einbrecher und auch keine Einbruchsspuren findet (WDR, Servicezeit, 22. Oktober 2014). Es wird dann davon ausgegangen , dass es sich um einen technischen Fehler handelt. Sollten sich im Anschluss doch Beweise für eine Straftat finden, entfällt die Gebühr, ist der Bescheid jedoch schon eingetroffen, können Betroffene nur noch klagen. Bei Alarmanlagen mit einem Anschluss an die Polizei, zum Beispiel bei Banken, Einzelhändlern oder öffentlichen Einrichtungen, kostet ein falscher Alarm 87 Euro. Eine Anfrage des WDR, wie viele Fehlalarme in NRW durch Privatleute ausgelöst wurden, konnte das Innenministerium nicht beantworten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9775 2 1. Wie viele gebührenpflichtige Fehlalarme wurden von 2010 bis heute in NRW ausgelöst ? (Bitte für jedes Jahr einzeln angeben sowie nach Alarmanlagen mit und ohne Anschluss an die Polizei unterscheiden.) Jahr mit Anschluss an Polizei ohne Anschluss an Polizei 2010 3.841 23.021 2011 3.216 25.162 2012 3.419 26.193 2013 2.862 27.303 2014 2.681 30.892 31.08.2015 1.998 21.060 2. Wie hoch sind die Einnahmen aus der Gebühr für Fehlalarme von 2010 bis heute? (Bitte Summe für jedes Jahr angeben sowie nach Alarmanlagen mit und ohne Anschluss an die Polizei unterscheiden.) Jahr mit Anschluss an Polizei ohne Anschluss an Polizei 2010 300.343 € 2.035.687 € 2011 274.379 € 2.433.955 € 2012 290.201 € 2.851.353 € 2013 264.695 € 2.986.101 € 2014 229.990 € 3.105.354 € 31.08.2015 149.797 € 2.155.392 € 3. Wie passen die Kampagne „Riegel vor“ der Polizei NRW, die die Bevölkerung auffordert, ihr Eigentum u.a. durch Alarmanlagen zu schützen, und die Erhebung der Gebühr für Fehlalarme aus Sicht der Landesregierung zusammen? Gebühren werden nach der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung (AVerwGebO NRW), Tarifstelle 18 (Polizeiliche Angelegenheiten) vom Betreiber einer Einbruchmeldeanlage erhoben, wenn diese eine Alarmmeldung erzeugt, ohne dass Anhaltspunkte für eine Straftat festgestellt werden können. Gründe für eine fehlerhafte Alarmgebung sind häufig technische Mängel, bedingt durch mangelnde Wartung oder unfachmännische Installation. Die Betreiber sind für die Wartung und ordnungsgemäße Installation der Einbruchmeldeanlagen verantwortlich. Im Falle einer Alarmmeldung einer Einbruchmeldeanlage ist die Polizei verpflichtet tätig zu werden, sobald Hinweise auf eine Rechtsgutverletzung bzw. die Wahrscheinlichkeit einer Straftat hindeuten. Die Alarmmeldung alleine begründet für sich genommen, unter Berücksichtigung der Falschalarmhäufigkeit, zwar in der Regel noch nicht die Annahme einer Gefahr oder Straftat, das entbindet die Polizei aber nicht von der Verpflichtung tätig zu werden. Die Einsatzwahrnehmung der Polizei bei Fehlalarmen ist regelmäßig mit einem hohen Personal - und Zeitaufwand verbunden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9775 3 Im Rahmen der Kampagne „Riegel vor! Sicher ist sicherer“ rät die Polizei allen Bürgern, sich von der Polizei zum Einbruchschutz beraten zu lassen und erkannte Schwachstellen von Wohnobjekten, wie z.B. Haus- und Wohnungseingangstüren, Balkon- oder Terrassentüren, Fenster, und Kellerzugänge, durch den fachgerechten Einbau geprüfter und zertifizierter Sicherungstechnik zu sichern. Sicherheitsbewusstes Verhalten und geeignete mechanische Sicherungstechnik verhindern wirksam Einbrüche. Die mechanische Sicherungstechnik hat bei der polizeilichen Beratung eine hohe Priorität. Einbruchmeldeanlagen können die mechanische Sicherung nicht ersetzen, sondern lediglich ergänzen. Die Polizei fordert zudem auf, Beobachtungen, die im Zusammenhang mit Wohnungseinbrüchen stehen können, der Polizei über 110 mitzuteilen. Bürger, die den Polizeiruf 110 wählen und der Polizei Hinweise auf eine mögliche Straftat mitteilen, sind nicht zahlungspflichtig. Die Verwaltungsgebühr bei Fehlalarmen richtet sich an den Betreiber, der seiner Pflicht der Wartung und/oder ordnungsgemäßen Installation der Einbruchmeldeanlage nachkommen soll. Insoweit steht die Kampagne „Riegel vor!“ nicht im Widerspruch zu der Verwaltungsgebühr für Fehlalarme. Gleichwohl habe ich das Landeskriminalamt NRW beauftragt, die Praxis der Gebührenerhebung bei Fehlalarmen durch Einbruchmeldeanlagen vor dem Hintergrund der Kampagne „Riegel vor! Sicher ist sicherer.“ zu erheben und zu bewerten und gegebenenfalls Vorschläge zur Anpassung der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung vorzulegen. 4. Wieso zahlen private Haushalte bei einem gebührenpflichtigen Fehlalarm mehr als Banken, Einzelhändler oder öffentliche Einrichtungen? Grundlage für den Aufwendungsersatz bei Überfall- und Einbruchmeldeanlagen (ÜEA) ist ein zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und der Betreiberfirma geschlossener Konzessionsvertrag . Vertragspartner sind überwiegend Banken, öffentliche Einrichtungen und auch Einzelhändler. Für jeden Falschalarm ist für die Fahrt der Einsatzkräfte ein pauschalisierter Aufwendungsersatz von 87 € von dem Teilnehmer an das Land zu entrichten, der über den Konzessionär eingezogen wird. Grundlage für die Gebührenberechnung der Polizei bei Falschalarmen von Überfall- und Einbruchmeldeanlagen ohne Anschluss an die Polizei ist die in der Antwort zur Frage 3 genannte Gebührenordnung für das Land NRW. Diese Verwaltungsgebühr wurde im Rahmen der allgemeinen Gebührenanpassung im Jahr 2011 auf 110 € erhöht. 5. Wie passt die Gebührenerhebung für Fehlalarme zur Aussage des Landesinnenministers , dass „keine Rechtsgrundlage besteht, um die Kosten (Anm.: für Polizeieinsätze) gegenüber Dritten geltend zu machen“ (vgl. Drucksache 16/9470)? Durch die nordrhein-westfälischen Polizeibehörden werden Kosten, die im Zusammenhang mit Einsätzen eigener Einsatzkräfte in Nordrhein-Westfalen entstehen, grundsätzlich nicht erhoben und geltend gemacht. Gleichwohl kann der Gesetz- und Verordnungsgeber festlegen, dass für besondere öffentlich -rechtliche Verwaltungstätigkeiten (Amtshandlungen) vom Begünstigten Gebühren erhoben werden können. So sind auch für das Tätigwerden der Polizei in besonderen Fällen in der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung (AVerwGebO NRW) Gebühren vorgesehen. Ein Gebührentatbestand ist der Einsatz von Polizeikräften aufgrund einer Alarmierung durch eine Überfall- und Einbruchmeldeanlage ohne Anschluss an die Polizei, wenn keine Anhaltspunkte für eine Straftat festgestellt werden.