LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9781 22.09.2015 Datum des Originals: 22.09.2015/Ausgegeben: 25.09.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3811 vom 25. August 2015 der Abgeordneten Serap Güler CDU Drucksache 16/9608 Hat die Landesregierung einen Überblick über die Kompetenzen der zu uns kommenden Flüchtlinge? Der Minister für Arbeit, Integration und Soziales hat die Kleine Anfrage 3811 mit Schreiben vom 22. September 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Gegenwärtig erreichen in manchen Wochen bis zu 7.000 neue Flüchtlinge NordrheinWestfalen . Ihre Situation in den Erstaufnahmelagern ist teilweise prekär. Die hohe Zahl an Flüchtlingen ist zudem mit erheblichen finanziellen Belastungen für die öffentliche Hand verbunden . Zu einer deutlichen Entspannung der Lage würde beitragen, wenn die Flüchtlinge zügig eine Arbeit aufnehmen oder eine Ausbildung absolvieren könnten. Viele sind gewillt, für den eigenen Lebensunterhalt und den Unterhalt ihrer Angehörigen zu sorgen. Rheinland-Pfalz betreibt zusammen mit der Bundesagentur für Arbeit in den Erstaufnahmeeinrichtungen eine Erfassung der beruflichen und sprachlichen Kenntnisse, die die Flüchtlinge mitbringen. Diese Kompetenzerfassung wird vom Land Rheinland-Pfalz finanziert und mit dem Ziel durchgeführt, die Daten der Flüchtlinge zügig den Jobcentern in den Kommunen vorzulegen, damit eine schnelle Integration durch die Einbindung in den Arbeitsmarkt gelingt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9781 2 1. Hat die Landesregierung einen Überblick darüber, welche beruflichen und sprachlichen Kenntnisse die Flüchtlinge mitbringen, die sich in nordrheinwestfälischen Flüchtlingsunterkünften aufhalten? Nein. 2. Welche rechtlichen Möglichkeiten sieht die Landesregierung z.B. auf dem Erlasswege dafür zu sorgen, dass die Kompetenzen der Flüchtlinge erfasst werden ? Flüchtlinge, die in Landeseinrichtungen untergebracht sind, befinden sich im Rechtskreis des Sozialgesetzbuches Drittes Buch (SGB III). Die Kompetenzfeststellung dieser Flüchtlinge liegt in der Zuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit. Eine rechtliche Möglichkeit der Landesregierung, der Bundesagentur für Arbeit hierzu im Erlasswege Vorgaben zu machen, besteht nicht. Darüber hinaus ist eine Kompetenzerfassung bereits in den Landes-einrichtungen in NRW in der derzeitigen Situation wenig sinnvoll, da registrierte Flüchtlinge in den Landeseinrichtungen nur eine kurze Zeit untergebracht werden. Danach werden sie in die Kommunen verlegt, wo eine wesentlich effektivere, auf die Gegebenheiten des örtlichen Arbeitsmarktes und die individuelle Bleibeperspektive bezogene Erhebung der persönlichen Fähigkeiten und sonstigen Rahmenbedingungen durch die örtlichen Arbeitsagenturen bzw. Jobcenter möglich ist. 3. Mit welchen Maßnahmen unterstützt die Landesregierung Flüchtlinge, die eine Erwerbsarbeit aufnehmen wollen bei der Integration in den Arbeitsmarkt? (Bitte die einzelnen Maßnahmen unter Angabe von Projektträger, Durchführungsort, Höhe der Fördermittel und Zahl der geförderten Personen auflisten.) Die Landesregierung ist auf verschiedenen Ebenen tätig. Die Bereiche können in Maßnahmen und Einzelprojekte unterteilt werden. Bei den Maßnahmen ist eine konkrete Angabe der geforderten Indikatoren (geförderte Personen, Durchführungsorte usw.) nicht möglich, da sie flächendeckend angeboten werden. I. Maßnahmen: 1. Kein Abschluss ohne Anschluss Das Landesvorhaben „Kein Abschluss ohne Anschluss“ und insbesondere die darin verankerten Standardelemente der Berufs- und Studienorientierung stehen allen Schülerinnen und Schülern an teilnehmenden allgemeinbildenden Schulen offen und dementsprechend auch Schülerinnen und Schülern mit Fluchterfahrung - auch in Seiteneinsteigerklassen. 2. Fachberatung zu im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen Seit dem 1. September 2015 bieten 66 Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen eine „Fachberatung zu im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen“ an. Das Angebot wird von Trägern der Weiterbildung, Einrichtungen der Kammern und anderen arbeitsmarktnahen Akteuren in allen Regionen des Landes vorgehalten und mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9781 3 Die Beratung zielt auf die Unterstützung von Menschen mit Migrationshintergrund bei ihrer beruflichen Entwicklung und ergänzt Regelangebote der Kammern und der Arbeitsagenturen . Flüchtlinge werden hier ausdrücklich mit angesprochen. Eine Übersicht mit den Beratungsstellen findet sich hier: http://www.arbeit.nrw.de/arbeit/beschaeftigung_foerdern/beratung_berufliche_entwicklung/bb e_anerkennung/index.php 3. Beratung von erwerbslosen Menschen Die Landesregierung NRW fördert eine trägerunabhängige qualitäts-gesicherte Beratung von erwerbslosen Menschen sowie niedrig-schwellige Begegnungsmöglichkeiten im Rahmen des ESF-kofinan-zierten Programms „Förderung von Erwerbslosenberatungsstellen und Arbeitslosenzentren “. Diese Einrichtungen stehen kostenfrei auch Flüchtlingen offen. Die Erwerbslosenberatungsstellen bieten Ratsuchenden Unterstützung bei ihrer weiteren beruflichen Entwicklung an. Sie sollen über Qualifizierungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten informieren, zu wirtschaftlichen und psychosozialen Situationen beraten und rechtsübergreifende Unterstützung bei rechtlichen Fragen gewähren. Die Einrichtungen eröffnen Wege zu weiteren Hilfeangeboten und stellen die erforderlichen Kontakte her. II. Einzelprojekte (ESF-kofinanziert) 1. „Modellprojekt zur modularisierten Ausbildung unbegleiteter junger Flüchtlinge“ Projekttitel: „Modellprojekt zur modularisierten Ausbildung unbegleiteter junger Flüchtlinge“ Projektträger: Jugendberufshilfe Düsseldorf gGmbH Durchführungsort: Düsseldorf Höhe der Fördermittel: 146.640,00 € Laufzeit: 1. September 2015 bis 31. August 2017 Zahl der geförderten Personen: 15-17 unbegleitete Flüchtlinge (16-21 Jahre) 2. Modellprojekt „Junge Flüchtlinge metalltechnisch qualifizieren“ Projekttitel: „Junge Flüchtlinge metalltechnisch qualifizieren“ Projektträger: bbz Berufsbildungszentrum der IHK e.V. Durchführungsort: Siegen Höhe der Fördermittel: 147.812,50 € zuzüglich Drittmittel i. H. v. 50.000,00 € von den Kammern Laufzeit: 1. April 2015 bis 31. August 2016 Zahl der geförderten Personen: 36 junge Flüchtlinge (16-25 Jahre) 3. Modellprojekt: „Beruflicher Spracherwerb für Flüchtlinge“ Projekttitel: „Beruflicher Spracherwerb für Flüchtlinge“ Projektträger: Bildungszentrum Handwerk Duisburg (KH Qualifizierungs - und Vermittlungs - GmbH) Durchführungsort: Moers LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9781 4 Laufzeit: 15. April 2015 bis 15. September 2015 Höhe der Fördermittel: 102.798,00 € (100 % Förderung) Zahl der geförderten Personen: 15 Flüchtlinge 4. Basissprachkurse zur Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen Mit dem laufenden Aufruf des ESF-Programms „Basissprachkurse zur Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen“ verfolgt die Landesregierung den Ansatz, die Lücke der fehlenden Sprachkompetenz bei den Flüchtlingen zu schließen. Es ergänzt die Projekte Early Intervention und Early Intervention NRW+ der Bundesagentur für Arbeit und ermöglicht den Teilnehmenden dieser Projekte den Erwerb der Sprachkompetenz (A1 GER). Zielsetzung ist, durch die Förderung von Basissprachkursen den Anschluss an weiterführende berufsbezogene Sprach- und Schulungsangebote (z.B. ESF-BAMF-Kurse, Förderinstrumente des SGB II und des SGB III) zu erreichen. Antragsteller sind bzw. können u.a. sein: Volkshochschulen und die nach § 14 des Weiterbildungsgesetzes Nordrhein-Westfalen anerkannten Einrichtungen und vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge anerkannte Integrationskursträger. Die Durchführungsorte sind die Bezirke der Agenturen für Arbeit in Nordrhein-Westfalen. Es werden schätzungsweise 3.600 Personen gefördert werden können, ausgehend davon, dass in jedem der 30 Agenturbezirke 8 Kurse zu durchschnittlich je 15 Teilnehmenden durchgeführt werden. Die Höhe der Fördermittel wird bis zu 4 Millionen Euro betragen.