LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9898 01.10.2015 Datum des Originals: 30.10.2015/Ausgegeben: 06.10.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3822 vom 28. August 2015 des Abgeordneten Ralf Witzel FDP Drucksache 16/9631 Unfallhäufungen seit Schließung der Autobahnauffahrt der alten A40-Anschlussstelle Essen-Frillendorf (Nord) – Führen die neuen Sperrmaßnahmen der Landesregierung zu einem innerstädtischen Anstieg der Unfallzahlen in der Stadt Essen? Der Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr hat die Kleine Anfrage 3822 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales und dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Nachdem im Mai 2015 seitens der Straßen.NRW-Regionalniederlassung Ruhr leider mit der Umsetzung von Baumaßnahmen auf der A 40 in Essen begonnen wurde, um die derzeit einstreifige Einfahrt ab dem Tunnel Huttrop in eine zweistreifige Einfahrt umzubauen, spitzt sich die verkehrliche wie wirtschaftliche Lage in diesem Gebiet zunehmend zu. Bedingt durch die vollständige Sperrung der Autobahnauffahrt der alten A40-Anschlussstelle Essen-Frillendorf (Nord) kämpfen Unternehmen im und rund um das dortige Gewerbegebiet Ernestine zunehmend um das wirtschaftliche Überleben. Am 19. August 2015 berichtet die WAZ über ein Krisentreffen bei der Industrie- und Handelskammer zu Essen: „Fast 50 Unternehmer und Gewerbetreibende aus den betroffenen Gewerbegebieten nördlich und südlich der A40 hatten sich zum Krisengespräch im Plenarsaal der Industrieund Handelskammer eingefunden – darunter klingende Namen wie Aldi, Medion und Kötter. Seitdem ihre Stamm-Auffahrt Frillendorf dicht ist, klagen sie über nervtötende Umwege, längere Arbeitszeiten und verlorengegangene Kunden – letzten Endes über schmerzliche und zum Teil sogar existenzgefährdende Mehrkosten. Selbst beim Discount-Giganten Aldi trübt die aufgehobene A40-Auffahrt die Bilanz. „Uns entstehen 190.000 Euro zusätzliche LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9898 2 Personalkosten“, bekannte [Name], Leiter des Fuhrparks im Aldi Nord-Zentrallager Am Luftschacht. Und fügte hinzu: „Diese Mehrkosten tun auch uns weh.“ (…) „Versprochen hatte Straßen NRW den Unternehmern ursprünglich etwas ganz anderes. Die alte A40-Auffahrt Frillendorf-Nord sollte nämlich erst gesperrt werden, wenn die neue in Höhe des DMT-Geländes fertiggestellt sein würde. Doch hier sind die Straßenbauer – auch durch den Grundstücksstreit mit dem TÜV-Nord – erheblich in Zeitverzug geraten. Mit dramatischen Folgen: Nun ist die alte Abfahrt schon dicht und die neue wohl erst 2019 fertig. Für die Gewerbetreibenden eine mittlere Katastrophe, die Initiativensprecher [Name] anklagend in Zahlen kleidete. „Die geschlossene Auffahrt verursacht auf drei Jahre unterm Strich einen Schaden von 13 Millionen Euro.“ Erklärtes Ziel der Essener Unternehmer ist es daher vom ersten Tag der Baumaßnahme an, die Sperrung – insbesondere der A40-Auffahrt Frillendorf in Richtung Essen / Düsseldorf – unverzüglich aufzuheben. Das Land ist aber leider bislang nicht im Sinne der betroffenen Unternehmen tätig geworden. Es gibt im Zusammenhang mit der Verfügung des Landes nun eine aktuelle Entwicklung, die die bisherigen Voraussetzungen für die getroffene Entscheidung über die Schließung der Anschlussstelle Essen-Frillendorf in Richtung Essen / Düsseldorf verändert: Die Unfallzahlen in den betroffenen Umfahrungsbereichen nehmen gemäß Anwohnerbeschwerden stark zu. Auch den örtlichen Medien ist zu entnehmen, dass sich im Zeitraum vom 4. August 2015 bis zum 24. August 2015 alleine im Umfahrungsbereich der geschlossenen Anschlussstelle zehn Unfälle, zum Teil mit schwerverletzten Personen, ereignet haben, davon alleine acht Unfälle innerhalb der Woche vom 17. August 2015 bis 24. August 2015. Exemplarisch wird in der Presse oder in Polizeimeldungen über nachstehende Unfälle in besagtem Gebiet berichtet: - Am 12. August 2015 ist ein 16-jähriger in Essen-Stoppenberg mit seinem Mofa gestürzt, nachdem er an der Ecke Tuttmannstraße / Twentmannstraße von einem Kleinwagen gestreift wurde. Die Verletzungen wurden ambulant im Krankenhaus versorgt. - In Stoppenberg musste am 17. August 2015 eine 70-jährige Frau nach einem Auffahrunfall auf der Ernestinenstraße schwer verletzt zur weiteren stationären Behandlung in ein Krankenhaus eingeliefert werden. - Ein Autofahrer ist am 18. August 2015 bei einem Auffahrunfall in Essen-Frillendorf auf der Langemarckstraße in Fahrtrichtung Ernestinenstraße schwer verletzt worden und musste zur Behandlung seiner schweren Verletzungen ins Klinikum gebracht werden. - Am 19. August 2015 wurde eine Rollstuhlfahrerin bei einem Unfall an der Kreuzung Frillendorfer Straße / Burggrafenstraße so schwer verletzt, dass sie anschließend stationär im Krankenhaus behandelt werden musste. - Am 24. August 2015 ist erneut ein Laster unter der Eisenbahnbrücke an der Elisenstraße hängengeblieben. Die Elisenstraße musste für mehrere Stunden gesperrt werden. Laut BILD-Zeitung können „Anwohner, Polizei und Feuerwehr fast schon ein Lied davon singen…“ Die zentrale Begründung des Verkehrsministers für die Sperrung der A40-Anschussstelle ist bislang stets die Reduktion von Unfallgefahren gewesen. Wenn Unfälle infolge der Sperrung LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9898 3 unter dem Strich nicht vermieden, sondern nur in den innerstädtischen Bereich verlagert worden sind, steht die Sinnhaftigkeit der Entscheidung auch diesbezüglich in Frage. Vor dem Hintergrund des beschriebenen Unfallszenarios zusätzlich zu den nachgewiesenen erheblichen wirtschaftlichen Schäden scheint eine Überprüfung der aktuellen Verfügungen erforderlich. Vorbemerkung der Landesregierung Die nachstehende Beantwortung korrespondiert mit der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3589 der Abgeordneten Ralf Witzel und Christof Rasche der Fraktion der FDP vom 16. Juni 2015 zur „Beeinträchtigung von Bürgern und Unternehmen durch die ad hoc Schließung der Autobahnauf- und -abfahrt der alten A 40-Anschlussstelle EssenFrillendorf (Nord) – Warum hält sich das Land nicht an die verbindlich gegenüber Betroffenen getätigten Zusagen?“ (Drucksache 16/9309). 1. Wie haben sich die Unfallzahlen auf der A 40 an der Anschlussstelle EssenFrillendorf (Nord) seit dem Jahr 2005 bis heute jeweils jährlich entwickelt? Die Entwicklung der Unfallzahlen auf der Bundesautobahn 40 im Bereich der Anschlussstelle Essen-Frillendorf (Betriebskilometer 62,700) ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Berücksichtigt wurden Verkehrsunfälle auf der Hauptfahrbahn in Fahrtrichtung Venlo zwischen den Betriebskilometern 63,200 und 62,200. Verkehrsunfälle BAB 40 (Fahrtrichtung Venlo) Betriebskilometer 63,200 bis 62,200 Jahr Anzahl Verkehrsunfälle 2005 42 2006 43 2007 59 2008 48 2009 42 2010 43 2011 50 2012 56 2013 52 2014 87 2015 40 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9898 4 2. Wie haben sich die Unfallzahlen auf der A 40 an der Anschlussstelle EssenFrillendorf (Nord) seit Januar 2014 bis heute jeweils monatlich entwickelt? Die Entwicklung der Unfallzahlen auf der Bundesautobahn 40 im Bereich der Anschlussstelle Essen-Frillendorf (Betriebskilometer 62,700) ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Berücksichtigt wurden Verkehrsunfälle auf der Hauptfahrbahn in Fahrtrichtung Venlo zwischen den Betriebskilometern 63,200 und 62,200. Verkehrsunfälle BAB 40 (Fahrtrichtung Venlo) Betriebskilometer 63,200 bis 62,200 Jahr Monat Anzahl Verkehrsunfälle 2014 Januar 5 Februar 6 März 7 April 4 Mai 8 Juni 9 Juli 6 August 13 September 8 Oktober 7 November 10 Dezember 4 2015 Januar 7 Februar 8 März 12 April 6 Mai 2 Juni 1 Juli 1 August 3 3. Wie haben sich die innerstädtischen Unfallzahlen im Umfahrungsbereich seit Schließung der A 40-Anschlussstelle Essen-Frillendorf (Nord) im Vergleich zum Vorjahreswert entwickelt? Die Sperrungen im Bereich der Bundesautobahn 40, Anschlussstelle Essen-Frillendorf, erfolgten in den verschiedenen Fahrtrichtungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Bestimmte feste Umleitungsstrecken wurden dabei im innerstädtischen Bereich Essens nicht eingerichtet. In Abhängigkeit vom Fahrziel und der Verkehrslage wählen die Verkehrsteilnehmer eigenständig Ausweichstrecken bzw. nutzen andere Auf- und Abfahrten der Bundesautobahnen 40 und 52. Ein räumlich eingrenzbarer „Umfahrungsbereich" im LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9898 5 Stadtgebiet Essen ist nicht definiert, so dass entsprechende Verkehrsunfalldaten nicht erhoben werden können. 4. Unter welchen konkreten Bedingungen ist die Landesregierung zu einer Revision ihrer bisherigen Entscheidungslage bereit, die Anschlussstelle Essen-Frillendorf (Nord) auf Dauer zu schließen? Die für Autobahnen zuständigen Behörden, die Bezirksregierung Düsseldorf als zuständige Straßenverkehrsbehörde, der Landesbetrieb Straßenbau NRW als Straßenbaubehörde und die Autobahnpolizei lehnen einvernehmlich aus Verkehrssicherheitsgründen eine Wiederöffnung der Auffahrt an der alten Anschlussstelle Essen-Frillendorf (Nord) ab. Die unzureichende, trassierungstechnisch nicht regelkonforme Ausbildung der Auffahrtsrampe lässt eine erneute Verschärfung der Unfallsituation erwarten. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund der für Ende dieses Jahres nach Abschluss der laufenden Lärmsanierungsmaßnahme zur Verflüssigung der Verkehrsabläufe und verkehrlichen Leistungsfähigkeitssteigerung vorgesehenen Freigabe der zweistreifigen Verbindungsrampe im Autobahndreieck Essen-Ost von der A 40 auf die A 52 in Fahrtrichtung Düsseldorf. Die Maßnahme lässt einen deutlichen Anstieg der Geschwindigkeiten auf der A 40 im Bereich der gesperrten alten Anschlussstelle Essen-Frillendorf (Nord) erwarten, sodass sich im Falle einer Wiederöffnung die Unfallgefahren durch die notwendigen Verflechtungsvorgänge im Bereich der Auffahrt auf die A 40 noch weiter verschärfen dürften. Eine Wiederöffnung der Anschlussstelle Essen-Frillendorf (Nord) ist daher nicht zu vertreten. 5. Wie bewertet die Landesregierung die wirtschaftlich massiv nachteiligen Auswirkungen der Sperrung für die ortsansässigen Unternehmen? Die von der Schließung der Anschlussstelle Essen-Frillendorf (Nord) betroffenen Verkehrsteilnehmer haben die Möglichkeit, die benachbarten Anschlussstellen Essen-Kray (A40), Essen-Huttrop (A 40) oder Essen-Bergerhausen (A 52) anzufahren, um in Richtung Duisburg bzw. Düsseldorf aufzufahren. Die genannten Anschlussstellen liegen lediglich rund 2 km von der Anschlussstelle Essen-Frillendorf (Nord) entfernt. Die Umwegfahrten sind unter Berücksichtigung der aus Verkehrssicherheitsgründen notwendigen Sperrung der Anschlussstelle vertretbar. Dies haben im Übrigen auch die von den örtlich zuständigen Behörden durchgeführten Überprüfungen der Baudispositionen und Baustellenverkehrsführungen ergeben. Wirtschaftliche Auswirkungen, die ein bewusst in Kauf genommenes Verkehrssicherheitsrisiko rechtfertigen könnten, sind nicht erkennbar. Die derzeitige Situation, in der alle Auf- und Abfahrtsrampen der alten Anschlussstelle Essen-Frillendorf baustellenbedingt geschlossen sind, wird sich durch die Freigabe der Auffahrt auf die A 40 in Fahrtrichtung Bochum an der Anschlussstelle Essen-Frillendorf (Süd) noch im September 2015 und durch die Freigabe der Ausfahrt an der Anschlussstelle EssenFrillendorf (Nord) in das nachgeordnete Netz der Stadt Essen ab Ende 2015 weiter entspannen.