LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9907 02.10.2015 Datum des Originals: 01.10.2015/Ausgegeben: 07.10.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3841 vom 2. September 2015 der Abgeordneten Birgit Rydlewski und Torsten Sommer PIRATEN Drucksache 16/9683 Demoroute zum so genannten „Tag der deutschen Zukunft“ am 04. Juni 2016 Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 3841 mit Schreiben vom 1. Oktober 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Laut aktuellen Medienberichten und Beiträgen in rechtsradikalen Internetforen und Blogs ist für den 04. Juni 2016 der sogenannte „Tag der deutschen Zukunft“ in Dortmund angekündigt. Dieser wird alljährlich von gewaltbereiten Rechtsradikalen begangen und hat großes Mobilisierungspotential. So wird in diesen Blogs bereits jetzt stark für diese Veranstaltung geworben und darüber hinaus kommuniziert, dass die Versammlung bereits bei der Polizei angemeldet sei und auch bereits Kooperationsgespräche zwischen Veranstalter und Polizei stattgefunden hätten. In der Vergangenheit wurden derartige Aufmärsche von Neonazis immer wieder dazu benutzt, um aus der Versammlung heraus verfassungsfeindliche Parolen zu skandieren und Gewalt gegen Sachen und Personen auszuüben. Zuletzt wurde zum Abschluss einer Veranstaltung der Organisation „die Rechte“ am 23. August 2015 auf der Katharinenstraße in Dortmund das Mottolied der "SS-Division Prinz Eugen" gespielt. Allerdings wurden in jüngerer Vergangenheit Orte und Routen der Veranstaltungen von Rechtsradikalen seitens der Polizei geheim gehalten. Infolgedessen kam es für Anwohner*innen dieser Routen dann sowohl durch die Demonstrant*innen als auch durch das oft massive Polizeiaufgebot zu ebenso plötzlichen wie erheblichen Einschränkungen, ohne dass irgendeine Möglichkeit für die Anwohner bestand, sich darauf entsprechend vorzubereiten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9907 2 Vorbemerkung der Landesregierung Das Polizeipräsidium Dortmund hat im Rahmen des Einsatzes aus Anlass demonstrativer Aktionen im Zusammenhang mit dem sogenannten „Tag der deutschen Zukunft“ am 04. Juni 2016 u. a. die Aufgabe, die Sicherheit der angemeldeten Versammlungen zu gewährleisten. Sollten sich Hinweise darauf ergeben, dass die öffentliche Sicherheit gefährdet ist, wird das Polizeipräsidium Dortmund die erforderlichen Maßnahmen treffen. Dabei kommt auch der Prüfung beschränkender Verfügungen bzw. eines Versammlungsverbotes als ultima ratio eine besondere Bedeutung zu. Aufgrund der vorliegenden Erkenntnislage und den bisherigen Einsatzerfahrungen in derartigen Fällen wird es erforderlich sein, ein Aufeinandertreffen unterschiedlicher gewaltbereiter Gruppierungen zu verhindern. Bei den durch die polizeilichen Maßnahmen zu verzeichnenden Einschränkungen genießen die Prüfung der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit einen hohen Stellenwert. Sie richten sich insbesondere an der zu erwartenden Gefahrenlage aus. 1. Welche Demonstrationsanmeldungen seitens dem rechten Spektrum zuzuordnenden Personen liegen der Polizeibehörde Dortmund für den 04. Juni 2016 vor (bitte aufschlüsseln nach Zeit, Ort, Anmelder*innen, Versammlungsleiter*innen und angegebenem Motto)? Für den 04. Juni 2016, im Zeitraum 13.00 bis 20.00 Uhr, wurde durch den stellvertretenden Landesvorsitzenden der Partei „Die Rechte“ im Namen deren Landesverbandes NordrheinWestfalen eine versammlungsrechtliche Veranstaltung in Form eines Aufzuges mit Kundgebungen zum Thema „8. Tag der deutschen Zukunft - Unser Signal gegen Überfremdung!“ in Dortmund angemeldet. Der Anmelder erwartet ca. 400 Teilnehmer. Als Versammlungsleiter soll der stellvertretende Landesvorsitzende der Partei „Die Rechte“ fungieren. Die angemeldete Aufzugsstrecke wurde nach hiesigen Erkenntnissen noch nicht veröffentlicht. Eine Bekanntgabe zum derzeitigen Zeitpunkt erscheint nicht angezeigt, da in Kenntnis der Strecke potenzielle Störer den Versuch unternehmen könnten, das auf Trennung rivalisierender Gruppen beruhende polizeiliche Einsatzkonzept zu unterlaufen und damit die öffentliche Sicherheit zu beeinträchtigen. Darüber hinaus hat das Polizeipräsidium Dortmund als zuständige Versammlungsbehörde noch keine Kooperationsgespräche mit dem Anmelder durchgeführt. Diese Gespräche sowie die Prüfung möglicher versammlungsrechtlicher Entscheidungen, auch im Hinblick auf potenzielle Versammlungsörtlichkeiten, erfolgen in zeitlicher Nähe zum Versammlungstag. Dabei werden auch einsatztaktische Überlegungen eine Rolle spielen. Vor diesem Hintergrund können zur tatsächlichen Aufzugsstrecke derzeit noch keine Angaben gemacht werden, da es sich um ein noch nicht abgeschlossenes Verwaltungsverfahren handelt. Weitere versammlungsrechtliche Veranstaltungen der rechten Szene wurden für den 04. Juni 2016 beim Polizeipräsidium Dortmund nicht angemeldet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9907 3 2. Welche Demonstrationsrouten beziehungsweise Alternativrouten wurden für diese Versammlungen bei der Polizeibehörde Dortmund angemeldet (Bitte die Plätze und Straßennamen der Demonstrationsrouten sowie die angemeldeten Anfangskundgebungen, Zwischenkundgebungen und Abschlusskundgebungen mitteilen)? Siehe Antwort zu Frage 1. 3. Welche Personen beziehungsweise Organisationen unterstützen nach Kenntnis der Landesregierung den sogenannten „Tag der deutschen Zukunft“ beziehungsweise rufen zur Teilnahme an diesem auf? Die bisherigen sieben Veranstaltungen zum sogenannten "Tag der deutschen Zukunft" wurden bislang von einem breiten Spektrum von Rechtsextremisten unterstützt. Dazu zählten die NPD, die Partei "Die Rechte", "Der III. Weg" sowie einzelne lokale neonazistische Gruppierungen. Die einzige relevante rechtsextremistische Organisation, die den sogenannten "Tag der deutschen Zukunft" in der Vergangenheit nicht unterstützte, war "Pro NRW". Die Veranstaltung wird nach hiesigem Kenntnisstand seit dem „Tag der deutschen Zukunft“ am 06. Juni 2015 in Neuruppin (Brandenburg) beworben. Am 05. September 2015 wurde des Weiteren eine von dem aus Dortmund stammenden stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Partei „Die Rechte“ angemeldete Musikveranstaltung in Neuensalz (Sachsen) unter dem Thema „Heraus zum Tag der deutschen Zukunft 2016 – Freiheit für Horst Mahler“ als Werbeveranstaltung durchgeführt. Darüber hinaus hat die Partei „Die Rechte“ als Organisator der Veranstaltung folgende Veranstaltungen/Aktionen zur Mobilisierung für den „Tag der deutschen Zukunft“ in Dortmund genutzt:  08.06.2015, Mahnwache der Partei „Die Rechte“ in Dortmund-Hörde  13.06.2015, Infostand beim „Eichsfeldtag“ in Leinefelde (Thüringen)  26.07.2015, aufgezeichnete Radiosendung „Tremonia Podcast“ auf gleichnamiger Homepage Aktuell wird die Veranstaltung auf den Internetseiten der Kreisverbände Dortmund und Hamm der Partei „Die Rechte“ sowie auf den Veranstaltungshomepages http://www.tddz.info/ http://www.logr.org/tddzdo angekündigt. 4. Geht die Landesregierung beim so genannten „Tag der deutschen Zukunft“ am 04. Juni 2016 von gewaltbereiten Veranstaltungsteilnehmer*innen aus? Die Mehrzahl der angesprochenen Zielgruppen gehört nach den bisherigen Erfahrungen von Polizei und Verfassungsschutz zum neonazistischen Spektrum und gilt damit als gewaltbereit. Gleichwohl verliefen die Veranstaltungen zum sogenannten "Tag der deutschen Zukunft" in den letzten drei Jahren weitgehend gewaltfrei. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9907 4 Im Rahmen von Veranstaltungen der rechten Szene ist grundsätzlich von einer niedrigen Hemmschwelle zum Einsatz körperlicher Gewalt bei Teilen der rechtsextremistischen Szene (insbesondere der Neonazi-szene) auszugehen. Dies gilt insbesondere im Rahmen der direkten Konfrontation mit dem politischen Gegner. In derartigen Konfrontationen „LinksRechts “ ist regelmäßig auch die Hemmschwelle zur Gewaltanwendung bei Teilen der gewaltbereiten linksextremistischen Szene deutlich herabgesetzt bzw. nicht existent. Erst anhand der Mobilisierungen und Zusagen in den Wochen unmittelbar vor der Veranstaltung können die Sicherheitsbehörden jedoch konkrete Aussagen zur geplanten Teilnahme von gewaltbereiten Veranstaltungsteilnehmerinnen und -teilnehmern treffen. 5. Gibt es Bestrebungen, diesen Aufmarsch gewaltbereiter Rechtsradikaler zu verbieten? Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG stellt ein unentbehrliches und grundlegendes Funktionselement unserer Demokratie dar. Einschränkungen des Versammlungsrechts, beispielsweise durch ein präventives Verbot, kommen nur dann in Betracht, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Unter Berücksichtigung der herausragenden Bedeutung des Grundrechtes auf Versammlungsfreiheit ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob ein Verbot einer versammlungsrechtlichen Veranstaltung im Sinne einer ultima ratio erforderlich ist. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze wird das Polizeipräsidium Dortmund als zuständige Versammlungsbehörde alle rechtlichen Aspekte im Hinblick auf ein Verbot der Versammlung bzw. auf die Erteilung von Auflagen umfassend und fortlaufend prüfen.