LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9937 07.10.2015 Datum des Originals: 07.10.2015/Ausgegeben: 12.10.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3862 vom 9. September 2015 der Abgeordneten Daniel Düngel, Birgit Rydlewski und Torsten Sommer PIRATEN Drucksache 16/9714 War die Anwesenheit des Innenministers in Dortmund hilfreich oder nur behindernder Marketinggag? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 3862 mit Schreiben vom 7. Oktober 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Mit großem gesellschaftlichem Engagement der nordrhein-westfälischen Bürger wer-den in diesen Tagen die vielen in NRW ankommenden Flüchtlinge versorgt. So haben am Wochenende, alleine in Dortmund, mehrere Hundert Freiwillige rund um die Uhr mit persönlichem Einsatz, Sach- und Geldspenden und in Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen und Behördenmitarbeitern für einen reibungslosen Empfang der über 2.000 Geflüchteten Menschen gesorgt. In Ermangelung von außreichender Information haben die freiwillig Helfenden, Bahnverantwortliche und Bundespolizei Freiflächen im Dortmunder Hauptbahnhof genutzt um die Helfenden zu organisieren und die Sachspenden aufzubereiten, zusammen-zuführen und für den einzelnen Geflüchteten zu verpacken. Unverständnis zeigte vor Ort in Dortmund in diesem Kontext dann das rigide Vorgehen der Polizei am Sonntagmorgen, Menschen, die Flüchtlinge in Empfang nehmen wollten, aus dem Bahnhof zu vertreiben. Teils gewaltsam, ohne Kommunikationsversuche mit den dort stehenden Menschen, wurde der Tunnel zu den Gleisen im Hauptbahnhof leer geräumt. Im gleichen Tunnel des Dortmunder Hauptbahnhofs, unmittelbar vor einem Treppenabgang, ließ es sich Innenminister Jäger dann nicht nehmen, den begleitenden Journalisten ein LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9937 2 Interview zu geben. Während Oberbürgermeister Sierau und Polizeipräsident Lange die Situation offenbar erkannten und ihrer Vorbildrolle an dieser Stelle gerecht wurden, hielt Jäger und durch die sich um ihn bildende Menschentraube von BegleiterInnen und JournalistInnen hunderte Flüchtlinge auf und verzögerte deren Gang ins Dietrich-KeuningHaus völlig unnötig. Vorbemerkung der Landesregierung Die Vorbereitung und Durchführung der Maßnahmen aus Anlass der Ankunft von Flüchtlingen im Hauptbahnhof Dortmund war geprägt von einem spontan erforderlichen und hohen organisatorischen Aufwand für die Bezirksregierung Arnsberg, die Stadt Dortmund, das Polizei-präsidium Dortmund, die Bundespolizei und die Hilfsorganisationen. Es war bekannt und auch bei der Ankunft konkret zu beobachten, dass die nunmehr mehrtägige Reise der Flüchtlinge zu einer völligen Übermüdung und auch Gereiztheit geführt hatte. Ziel der vorbereitenden Maßnahmen in Dortmund war es daher, die Flüchtlinge ohne weiteren Druck und Einwirkungen von außen möglichst störungsfrei der Versorgungsstelle im Dietrich-Keuning-Haus zuzuführen, wo neben ärztlicher Versorgung und Verpflegung auch Muttersprachler für das weitere Prozedere zur Verteilung auf die landesweiten Aufnahmeeinrichtungen zur Verfügung standen. Die erforderlichen polizeilichen Maßnahmen wurden insbesondere mit Blick auf den Schutz und das Wohl der Flüchtlinge getroffen. Die Lage in der Nacht vom 05.09. auf den 06.09.2015 war auch gekennzeichnet durch gewalttätige Auseinandersetzungen von Angehörigen der rechten und linken Szene. Die Maßnahmen der Polizei Dortmund waren vor diesem Hintergrund darauf gerichtet, den Flüchtlingen eine nach den Umständen „ruhige und sichere Ankunftsatmosphäre“ zu bieten. 1. Warum erklärt die Polizei, selbst bei vorhandener Lautsprecheranlage, nicht ihre Maßnahmen, sondern drängt stattdessen lieber Helfende mit körperlichem Einsatz aus dem Bahnhof? Im Vorfeld der Ankunft befanden sich im und am Hauptbahnhof Dortmund eine nicht genau zu differenzierende Menschenmenge unter anderem bestehend aus Reisenden, Interessierten sowie Angehörigen der verschiedenen Szenen. Angesichts der örtlichen Verhältnisse entschied sich die Polizei Dortmund in Abstimmung mit der Bundespolizei unter Berücksichtigung der Durchlaufkapazitäten und der möglichen Gefahr einer Überfüllung, den Tunnel frei zu halten. Dabei spielte auch eine Rolle, dass es im Vorfeld im Bereich des Hauptbahnhofs zu Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen der rechten und linken Szene gekommen war. Die Räummaßnahmen wurden kommunikativ begleitet. Darüber hinaus ist festzustellen, dass der fragliche Personentunnel nicht über eine Lautsprecheranlage verfügt. 2. Warum wurden die freiwillig Helfenden aus dem Tunnel gedrängt? Siehe Antwort zu Frage 1. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9937 3 3. Warum informierte der Minister Jäger unterstellte Krisenstab nicht unverzüglich und umfänglich die Öffentlichkeit über die geplanten Anreisen der geflüchteten Menschen? Der Krisenstab der Stadt Dortmund ist nicht dem Ministerium für Inneres und Kommunales unterstellt. Die Öffentlichkeit wurde u. a. durch den Krisenstab der Stadt Dortmund umfänglich informiert. 4. Aus welchem Grund wurde nicht zugelassen, dass die engagierten Menschen sich am Rand des Tunnels aufhalten, um die Refugees in Empfang zu nehmen, obwohl dort nachweislich ausreichend Platz war? Als die Flüchtlinge den Tunnel am Nordausgang verließen, wurden sie von mehreren hundert Menschen, die sich auf den Freiflächen nördlich des Hauptbahnhofes aufhielten, mit freundlichen Zurufen und Klatschen empfangen. Durch den angemessenen Abstand zum Tunnelausgang, der zur Abwehr von Gefahren durch größere Menschengruppen freigehalten wurde, konnte zudem gewährleistet werden, dass sich die teils traumatisierten Flüchtlinge der Situation in entspannter druckfreier Atmosphäre stellen konnten. Dies entspannte nach Einschätzung der Polizei Dortmund die Ankunftssituation bei den Flüchtlingen. Wenn Flüchtlinge eigeninitiativ jedoch Kontakt suchten, war dies uneingeschränkt möglich. Sofern darüber hinaus Bürgerinnen und Bürger über die bestehenden Angebote hinaus Hilfe anbieten wollten (beispielsweise Übersetzungsdienste, Abgabe von Hilfsgütern), wurden diese Personen an das Dietrich-Keuning-Haus verwiesen. 5. Wie ist es zu erklären, dass ausgerechnet der nordrhein-westfälische Innenminister es sich nicht nehmen lässt, im Tunnel (unmittelbar vor einem Treppenabgang) ein Interview zu geben, wo doch der Außenbereich nur noch wenige Meter entfernt war? Im Zusammenhang mit dem nur kurze Zeit andauernden Interview sind dem Ministerium für Inneres und Kommunales keine Beschwerden bekannt geworden.