LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9960 13.10.2015 Datum des Originals: 12.10.2015/Ausgegeben: 16.10.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3850 vom 5. September 2015 des Abgeordneten Ralf Witzel FDP Drucksache 16/9699 Schildbürgerstreich oder Innovation bei der Landesstraßensanierung in Essen – Sind unnötige Geschwindigkeitsbegrenzungen wie auf der Laupendahler Landstraße in Essen das neue Wundermittel des Landes gegen zunehmende Schlaglochpisten? Der Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr hat die Kleine Anfrage 3850 mit Schreiben vom 12. Oktober 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der Essener Ausgabe der WAZ vom 3. Juli 2015 ist nachfolgende bemerkenswerte Aussage zu entnehmen: „Seit Ende Mai gilt auf der Landesstraße 442 zwischen Kettwig und Werden Tempo 30. Grund ist die völlig marode Fahrbahnoberfläche.“ Der geneigte ortskundige Leser fragt sich spontan, ob es sich bei dieser Maßnahme an einer stark frequentierten Landstraße im Essener Süden um einen Schildbürgerstreich handelt. Dass die für die Landesstraßen in Nordrhein-Westfalen Verantwortlichen dieses Vorgehen tatsächlich für einen sachgerechten Umgang mit der dortigen Schlaglochproblematik halten, ist für kaum jemanden in der Stadt Essen vorstellbar. Auf das neue Tempolimit wird durch einen Schilderwald aufmerksam gemacht, der ein Ausbremsen des Verkehrs nach sich zieht. Es wird im erwähnten Artikel weiter ausgeführt: „Schon seit Jahren ist dort der Asphalt an vielen Stellen völlig löchrig. Von Tempo 70 über Tempo 50 musste die zulässige Höchstgeschwindigkeit noch einmal reduziert werden. [Name ], Sprecher des Landesbetriebes NRW: „Der Zustand ist teilweise so schlecht, dass sich die Straßenmeisterei im Sinne der Verkehrssicherheit zu dieser Maßnahme entschlossen hatte.“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9960 2 Eine kurze Internetrecherche offenbart, dass „Tempolimit statt Sanierung“ als denkwürdige Art zur Sicherstellung der Verkehrssicherheit nicht etwa als einmalige Maßnahme aufgrund der dramatisch schlechten Situation auf der Laupendahler Landstraße nur in Essen gewählt wurde, sondern wohl seit einigen Jahren gerne in der Ruhrregion praktiziert wird. Bereits im Mai 2011 wurden nach Medienberichten der Ruhrnachrichten mehrere große Landesstraßen im RVR mit Tempo 30-Geschwindigkeitsbegrenzungen versehen, weil das Land kein Geld für die Straßenreparatur aufgewendet und sich lieber mit der Entwicklung von übertriebenen Standards für fragwürdige Radautobahnen beschäftigt hat: „Auf der Sölder Straße warnt ein Tempo-Limit. 30 Kilometer pro Stunde sind erlaubt, weil die Straße von tiefen Schlaglöchern durchzogen ist. Ähnlich, nur ohne Geschwindigkeitsbegrenzung , sieht es auf der Iserlohner Straße aus. Und das wird vorerst so bleiben. "Das Land ist arm", erläuterte [Name], Leiter der zuständigen Autobahnmeisterei in Dortmund gestern. (…) Und die betreffenden Abschnitte seien so marode, dass provisorisches Flicken nicht mehr helfe.“ Auch aus Dortmund sind entsprechende Fälle bekannt, über die der Focus am 27. Juni 2013 schreibt, dass es sich um „Deutschlands peinlichstes Tempolimit“ handele. Ende August ist mit der Sanierung von Teilen der maroden Tempo-30-Landstraße in Essen zwischen Kettwig und Werden seitens der Straßen.NRW-Regionalniederlassung Ruhr nun begonnen worden. Nur oberflächlich ist dieser Umstand ein Anlass zur Freude, wenn man bedenkt, welche finanziellen Auswirkungen sowie massiven verkehrlichen Einschränkungen die Einrichtung der Tempo 30 Zone mit sich gebracht hat. Diese Beispiele dokumentieren einmal mehr den enormen Sanierungsbedarf der nordrheinwestfälischen Verkehrsinfrastruktur, aber eben auch die enorme Schwäche der rot/grünen Landesregierung, der Herausforderung angemessen zu begegnen. Anstatt immer neue Tempolimits an Landstraßen zu verhängen, sollte vielmehr eine zügige Straßensanierung insbesondere in der verkehrlich stark frequentierten Ruhrregion vorangetrieben werden. Das bisher praktizierte Vorgehen seitens des Landesbetriebes Straßen.NRW wirkt da leider eher konzeptlos. Vorbemerkung der Landesregierung Gemäß der in der Sitzung des Ausschusses für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr am 27.08.2015 vorgestellten Erhaltungsbedarfsprognose für die Landesstraßen (Vorlage 16/3125) besteht ein erheblicher Nachholbedarf an Fahrbahn-Erhaltungsmaßnahmen im Bereich der Landesstraßen. Die Landesregierung hat erkannt, dass für die Sanierung des Landesstraßennetzes in den letzten Jahrzehnten zu wenig investiert worden war und wirkt durch weitere Verstärkung der Finanzmittel der Verschlechterung der Landesstraßensubstanz entgegen. 1. Welche Straßenschäden verbleiben nach den nun durchgeführten Sanierungsarbeiten auf der Laupendahler Landstraße zwischen Kettwig und Werden, die einer allgemeinen Festsetzung von Tempo 70 auf der gesamten Strecke noch im Wege stehen? (präzise Bestandsaufnahme des Straßenzustands insgesamt erbeten) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9960 3 2. Bis zu welchem genauen Zeitpunkt werden auf der Laupendahler Landstraße sämtliche nur durch den schlechten baulichen Zustand bedingte Tempolimits entfernt? Die L 442 Laupendahler Landstraße wurde im August 2015 in Teilbereichen saniert. Die noch fehlende Markierung wird bis Ende Oktober 2015 aufgebracht. Anschließend findet ein gemeinsamer Ortstermin zwischen Straßenbaulastträger, Straßenverkehrsbehörde und Polizei statt, in dem Geschwindigkeit festgelegt und anschließend von der Straßenverkehrsbehörde, in diesem Fall der Stadt Essen, angeordnet wird. Derzeit ist keine Aussage darüber möglich, welche Geschwindigkeit angeordnet wird und zu welchem genauen Zeitpunkt die Festsetzung in der Örtlichkeit umgesetzt wird. 3. Welche exakten Kosten sind dem Landesbetrieb Straßen.NRW durch die Aufstellung aller bisherigen Tempo 30- und Tempo-50-Begrenzungen bedingt durch den schlechten baulichen Zustand auf der Laupendahler Landstraße entstanden? Dem Landesbetrieb Straßenbau sind Kosten in Höhe von 832 € entstanden. 4. Wie viele Geschwindigkeitsüberschreitungen, bitte differenziert nach Schweregrad des Verstoßes, sind in den letzten drei Monaten seit Einrichtung der Tempo 30-Begrenzung auf der Laupendahler Landstraße durch Polizei und Stadt Essen festgestellt und geahndet worden? (Differenzierung bezieht sich auf Bußgeldhöhe , Punktekartei, Fahrverbote etc.) Durch die Kreispolizeibehörde Essen wurden in den letzten drei Monaten auf der Laupendahler Landstraße insgesamt fünf Geschwindigkeitsverstöße festgestellt. Ein Verstoß lag in einem bußgeldbewehrten Bereich (70 Euro/1 Punkt) und wurde an die Stadt Essen zur Ahndung abgegeben. Vier Verstöße gegen die dort vorgeschriebene Geschwindigkeitsbegrenzung lagen im Verwarnungsgeldbereich (2 x 20 Euro, 2 x 30 Euro) und wurden jeweils polizeilich geahndet. 5. An welchen Landesstraßen im RVR-Gebiet hat der Landesbetrieb die Vorgehensweise „Tempolimit statt Sanierung“ in den letzten fünf Jahren gewählt (detaillierte Auflistung jeder einzelnen Straße mit jeweiliger Fortdauer der Geschwindigkeitsbegrenzung erbeten) Tempolimits dienen der Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit und können u.a. im Vorgriff auf erforderliche Sanierungsmaßnahmen zum Einsatz kommen. Die Unterstellung, es gäbe eine dementsprechende „Vorgehensweise“, ist unzutreffend. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/9960