LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9990 15.10.2015 Datum des Originals: 13.10.2015/Ausgegeben: 20.10.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3833 vom 1. September 2015 der Abgeordneten Marie-Luise Fasse CDU Drucksache 16/9672 Lehrermangel im Kreis Wesel Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 3833 mit Schreiben vom 13. Oktober 2015 namens der Landeregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im Sommer 2011 einigten sich die damalige rot-grüne Minderheitsregierung und die CDU NRW auf einen Schulkonsens – auch Schulfrieden genannt – für 12 Jahre. Dieser Schulkonsens von 2011 – in der Verfassung in einem neu formulierten Artikel zehn festgeschrieben – verpflichtet das Land, ein „vielfältiges öffentliches Schulwesen“ zu garantieren , „das ein gegliedertes Schulsystem, integrierte Schulformen sowie weitere andere Schulformen ermöglicht“. Das ist nur möglich, wenn ausreichend Lehrpersonal zur Verfügung steht. Im laufenden Schuljahr fehlen an nordrhein-westfälischen Schulen jedoch mehr als 3500 Lehrer, allein 1000 davon an Gymnasien. Vorbemerkung der Landesregierung Nach der Darstellung in der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage fehlten im laufenden Schuljahr an nordrhein-westfälischen Schulen 3.500 Lehrer. Hierbei handelt es sich weder um unbesetzte Lehrerstellen, noch um ein neues Defizit in der aktuellen Bedarfsdeckung. Vielmehr handelt es sich um ein seit Anfang der 90er Jahre bestehendes strukturelles Problem (sogenannte Kienbaum-Lücke). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9990 2 Die Landesregierung weist seit dem Schuljahr 2008/09 regelmäßig sowohl in ihren jährlichen Berichten zur Unterrichtsversorgung, die im Rahmen der Beratung über die Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Ausführung von § 93 Absatz 2 Schulgesetz dem Haushaltsund Finanz- sowie dem Schulausschuss vorgelegt werden, als auch in den Erläuterungsbänden zum Haushalt auf die Kienbaumlücke und deren aktuelle Höhe hin (vgl. zuletzt Drucksache 16/2863). Die nachstehende Tabelle zeigt die Entwicklung der Kienbaumlücke in den betroffenen Schulformen. Sie ist seit dem Schuljahr 2004/05 von 4.490 Stellen auf 3.560 Stellen im Schuljahr 2015/16 zurückgegangen. Schuljahr Schulkindergarten Hauptschule Gymnasium Gesamtschule Förderschule/ sonderpäd. Förderung Berufskolleg Summe 2004/05 140 880 900 480 190 1.900 4.490 2005/06 95 860 1.120 480 370 1.650 4.480 2006/07 840 950 550 360 1.560 4.260 2007/08 720 1.000 600 430 1.570 4.320 2008/09 710 990 590 450 1.580 4.320 2009/10 620 1.030 600 440 1.570 4.260 2010/11 580 1.040 610 450 1.570 4.250 2011/12 580 1.060 620 440 1.550 4.250 2012/13 510 1.070 630 420 1.510 4.140 2013/14 440 1.010 650 410 1.540 4.050 2014/15 390 1.000 690 60 1.470 3.610 2015/16 350 1.000 740 60 1.410 3.560 1. Wie stellt sich für den Kreis Wesel im aktuell gültigen Schulentwicklungsplan das gegenwärtige und zukünftige Schulangebot nach Schulformen, Schularten, Schulgrößen (Schülerzahl, Klassen pro Jahrgang) und Schulstandorten im Bereich der weiterführenden Schulen dar? 2. Welche Aussagen finden sich im aktuell gültigen Schulentwicklungsplan des Kreises Wesel zur mittelfristigen Entwicklung des Schüleraufkommens, zum Schulwahlverhalten der Eltern und den sich daraus abzuleitenden Schülerzahlen nach Schulformen, Schularten und Jahrgangsstufen? Zuständig für die Schulentwicklungsplanung sind nach § 80 Schulgesetz die kommunalen Schulträger. Insofern liegen dem Ministerium für Schule und Weiterbildung diesbezügliche Daten nicht vor. 3. Wie viele Lehrerstellen an den Primar- und an den weiterführenden Schulen im Kreis Wesel sind derzeit unbesetzt? (Bitte einzeln nach Schulform aufschlüsseln .) Die im Haushalt veranschlagten Lehrerstellen werden vom Ministerium für Schule und Weiterbildung der Schulaufsicht zur Bewirtschaftung zugewiesen. Auf dieser Grundlage erhalten die Schulen eine Personalausstattung zur Abdeckung des sich nach der Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 Schulgesetz ergebenden und von der Schulaufsicht anerkann- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9990 3 ten Stellenbedarfs. Eine Stellenbewirtschaftung auf der Ebene einzelner Städte und auf Schulebene erfolgt nicht. Deshalb kann nicht festgestellt werden, inwieweit Stellen auf der Ebene einzelner Kreise, Kommunen bzw. einzelner Schulen unbesetzt sind. Der Stellenbedarf und die Personalausstattung der Schulformen im Kreis Wesel können der folgenden Tabelle entnommen werden. Der Stellenbedarf und die Personalausstattung wurden mit der IT-Anwendung „Schulinformations- und Planungssystem – SchIPS“ ermittelt (Stand: 29. September 2015). Schulform Stellenbedarf insgesamt Personalausstattung Berufskolleg 484,42 507,21 Förderschule 247,10 279,88 Gemeinschaftsschule 71,60 71,56 Gesamtschule 746,19 777,31 Grundschule 886,67 884,33 Gymnasium 819,65 827,27 Hauptschule 163,80 183,64 Realschule 247,51 265,30 Sekundarschule 103,79 103,24 Alle Schulformen 3.770,75 3.899,73 Bei der Bewertung der Unterrichtsversorgung ist auf folgendes hinzu-weisen: Grundsätzlich bedeutet eine gegenüber dem sich rechnerisch ergebenden Stellenbedarf zu geringe Personalausstattung nicht automatisch, dass der Unterrichtsbedarf nicht gedeckt werden kann. Vielmehr kann die Schulaufsicht an einzelnen Schulen bestehende Besonderheiten (z. B. im Hinblick auf die Alters- bzw. Schwerbehindertenermäßigung) im Rahmen der Personalzuweisung berücksichtigen. Auf der anderen Seite bedeutet eine sich gegenüber dem rechnerisch ergebenden Stellenbedarf höhere Personalausstattung nicht automatisch eine Überversorgung. Bei der Interpretation der Daten aus SchIPS ist ferner zu berücksichtigen, dass es sich hierbei um eine stichtagsbezogene Momentaufnahme handelt. Alle sich noch in Bearbeitung befindlichen Vorgänge, wie z. B. Veränderungen in der Personalzuweisung, Neueinstellungen , Pensionierungen, Beginn oder Beendigung von Erziehungsurlaub, Elternzeit oder Altersteilzeit , Beurlaubungen, Veränderungen im Beschäftigungsumfang an den einzelnen Schulen können in einer stichtagsbezogenen Abfrage nicht berücksichtigt werden. Eine manuelle Kontrolle der zum Stichtag 16. September 2015 in SchIPS erfassten Daten durch die Bezirksregierungen würde einen innerhalb des für die Beantwortung von Kleinen Anfragen zur Verfügung stehenden Zeitraums nicht zu leistenden Arbeitsaufwand verursachen. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass den Schulen landesweit zusätzliches Personal zur Verfügung steht, das in SchIPS nicht bei der Personalausstattung der jeweiligen Schule erfasst wurde. Hierzu zählen beispielsweise die Vertretungsreserve Grundschule, Lehrkräfte für den herkunftssprachlichen Unterricht oder Schulpsychologen. Obwohl dieses Personal nicht bei der Personalausstattung der einzelnen Schule verbucht wurde, verbessert es deren Personalsituation. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9990 4 4. Was unternimmt die Landesregierung, um den Lehrermangel an den Schulen im Kreis Wesel zu beheben? Auch im Kreis Wesel kann nicht grundsätzlich von einem Lehrermangel ausgegangen werden (siehe auch Vorbemerkung der Landesregierung). Die regelmäßige Versorgung der Schulen mit Lehrkräften wird zunächst über die Versetzungsverfahren und anschließend über die Einstellungsverfahren sichergestellt. Um Schulen in schwerer zu versorgenden Regionen und Randlagen frühzeitig mit Lehrkräften zu versorgen, wird seit 2009 das sog. vorgezogene Listenverfahren durchgeführt. Bei diesem Listenverfahren werden nach Fächerkombinationen und Ortswünschen zu einem frühen Zeitpunkt Listenangebote an die nach Ordnungsgruppe besten Bewerberinnen und Bewerber vergeben. Dadurch wird eine sehr frühe Zusage der Bewerberinnen und Bewerber und somit eine Sicherstellung der Unterrichtsversorgung für Schulen insbesondere im ländlichen Raum ermöglicht. Des Weiteren hat das Land Nordrhein-Westfalen für nahezu alle Schulformen die Möglichkeit geschaffen, dass Schulen ihre Stellenausschreibungen für den Seiteneinstieg öffnen können. Auf diesem Wege haben Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger die Möglichkeit, eine Beschäftigung im öffentlichen Schuldienst zu erhalten und die Unterrichtsversorgung sicherzustellen . Eine Qualifizierung der im Seiteneinstieg eingestellten Lehrkräfte erfolgt je nach Vorbildung über den berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst oder die pädagogische Einführung . Das Ministerium für Schule und Weiterbildung ist regelmäßig auf Jobmessen, z.B. den Unternehmenskontaktmessen Bonding und Konaktiva, und Absolventenkongressen mit Informationsständen vertreten, um Lehrkräfte insbesondere für die sogenannten Mangelfächer zu gewinnen. Weiterhin finden Informationsveranstaltungen an Universitäten mit gewerblichtechnischen Fachrichtungen statt, um insbesondere für den Seitenstieg zu werben. Mit diesen Werbemaßnahmen werden Lehrkräfte für alle Regionen in Nordrhein-Westfalen – auch für den Kreis Wesel – akquiriert. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/9990