LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/10163 08.07.2020 Datum des Originals: 08.07.2020/Ausgegeben: 14.07.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3748 vom 27. Mai 2020 des Abgeordneten Karl Schultheis SPD Drucksache 17/9487 Ein Atommüllendlager in Nachbarschaft zum Kreis Euskirchen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Kernkraftwerke in Tihange und Doel in Belgien stoßen seit Jahren auf Kritik. Auch im Kreis Euskirchen sorgen sich Bürgerinnen und Bürger wegen möglicher Unglücksfälle mit fatalen Auswirkungen auf die Umwelt und auch den hiesigen Lebensraum. Die Gefahren, die mit der Atomstromproduktion einhergehen, sind schwer beherrschbar. Vermeintlich kleine Fehler können eine unaufhaltsame Kettenreaktion nach sich ziehen, die leider am Beispiel der namhaften Kernkraftwerke Tschernobyl und Fukushima Daiichi bekannt sind. Jetzt wurde laut Medienberichten bekannt, dass die belgische sogenannte föderale Agentur für radioaktive Abfälle (Ondraf) aktuell mehrere Standorte für die Endlagerung von Atommüll untersuche. Zwei von sieben ausgewählten Standorten lägen demnach im deutsch-belgischen Grenzgebiet in unmittelbarer Nähe zu Aachen. So könne auf dem Plateau von Herve, 30 Kilometer westlich von Aachen, wie auch in Stavelot bei Malmedy, nahe des Hohen Venns, ein unterirdisches Atommüllendlager entstehen.1 Gemäß der Medienberichterstattung ist die Planung von Atommüllendlagern u.a. im deutschbelgischen Grenzgebiet eher durch Zufall bekannt geworden. Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 3748 mit Schreiben vom 8. Juli 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz und dem Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales beantwortet. 1 https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/diskussion-um-atommuell-endlager-ostbelgien- 100.html LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10163 2 Vorbemerkung der Landesregierung Die in Belgien von der Nationalen Einrichtung für Radioaktive Abfälle und angereicherte Spaltmaterialien (ONDRAF/NIRAS/NERAS) durchgeführte Strategische Umweltprüfung (SUP) über eine Endbestimmung für hochradioaktive und/oder langlebige Abfälle entspricht den Anforderungen der Europäischen Richtlinie 2011/70/Euratom über einen Gemeinschaftsrahmen für die verantwortungsvolle und sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle. Konkrete Standorte, ein konkretes Konzept der Endlagerung oder ein konkreter Zeitplan sind explizit nicht Teil der vorliegenden SUP, jedoch werden geologische Formationen in Belgien genannt. Es werden generelle Auswirkungen identifiziert und beschrieben, deren Prüfung als Grundlage der nationalen Politik auf konzeptioneller und allgemeiner Ebene für die langfristig sichere Entsorgung relevant ist. In späteren Phasen der Festlegung der Politik sowie der Vorbereitung einer konkretisierenden Umsetzung sollen aufbauend detailliertere Prüfungen für konkrete Standorte erfolgen. Eine Notifizierung deutscher Stellen gemäß Art. 3 des Übereinkommens über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen (ESPOO-Konvention) wurde durch belgische Behörden nicht durchgeführt. Die Landesregierung ist der Ansicht, dass auch deutsche Bürgerinnen und Bürger gemäß der ESPOO-Konvention an der Konsultation hätten beteiligt werden müssen. Die ONDRAF/NIRAS/NERAS wurde daher von der Landesregierung in einer Stellungnahme um eine Beteiligung an dem aktuellen Konsultationsprozess und um eine entsprechende Verlängerung der Einwendungsfrist sowie ebenfalls um weitere Beteiligung im fortschreitenden Verfahren und um Informationen über die Ergebnisse der Konsultation gebeten . 1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung zu möglichen Atommüllendlagern in deutsch-belgischem Grenzgebiet? 4. Wie bewertet die Landesregierung die beiden möglichen Standorte für ein Atommüllendlager im deutsch-belgischen Grenzgebiet bei Herve und Malmedy? 5. Welche möglichen Auswirkungen eines Atommülllagers sieht die Landesregierungen auf den Kreis Euskirchen? Die Fragen 1, 4 und 5 werden zusammen beantwortet. Die vorliegende SUP benennt ausschließlich Vorkommen der nach Stand von Wissenschaft und Technik geeigneten geologischen Formationen in Belgien. Erst in späteren Schritten der Entscheidungsfindung wird ein möglicher Standort innerhalb dieser Formationen benannt und unter anderem auf seine Auswirkungen auf benachbarte Regionen oder seine Robustheit gegenüber seismischen Aktivitäten eingehend untersucht. Herve und Malmedy liegen in einer Erdbebenzone 4 gemäß der Europäischen Norm 1998-1. Die Landesregierung hat in ihrer Stellungnahme daher darum gebeten, dass die Regionen Plateau de Herve und Massif de Stavelot nachrangig behandelt bzw. ganz ausgeschlossen werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10163 3 2. Auf die Kleine Anfrage 2816 (Drs. 17/7217) antwortete die Landesregierung, die Abschaltung der Atomkraftwerke in Belgien sei in verschiedenen Gesprächen mit belgischen Regierungsvertretern und Ministern der Landesregierung sowie dem Ministerpräsidenten Armin Laschet erörtert worden. Mit welchem Ergebnis wurde im Rahmen dieser Gespräche auch über das Thema Atommülllagerung gesprochen ? Das Thema Atommülllagerung war nicht Inhalt dieser Gespräche. 3. Welche Beteiligungen lokaler Behörden, Landes- oder Bundesbehörden auf deutscher Seite haben stattgefunden bzw. sind rechtlich vorgesehen? Zur Beantwortung der Frage wird auf die Vorbemerkung verwiesen.