LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/1020 23.10.2017 Datum des Originals: 23.10.2017/Ausgegeben: 26.10.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 257 vom 31. August 2017 des Abgeordneten Andreas Keith AfD Drucksache 17/500 Aktivitäten des türkischen Geheimdienstes in NRW. Kontakt von Mitgliedern der Landesregierung zum türkischen Geheimdienst und ähnlich gelagerten türkischen Organisationen Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In der Vergangenheit gab es verschiedene Berichte in den Medien über die Aktivitäten des türkischen/erdoganschen Geheimdienstes (MIT) in Deutschland sowie anderer aus der Türkei geleiteter Organisationen z.B. DITIB oder Millî Görüş. Die Bild berichtet von einer möglichen Beobachtung der Fraktionsvorsitzenden der Linkspartei in der Hamburgischen Bürgerschaft, Frau Cansu Özdemir, durch den türkischen Geheimdienst1. Die Welt berichtet von einer hessischen Polizistin mit türkischem Migrationshintergrund, die der Zusammenarbeit mit türkischen Geheimdienst verdächtigt wird2. Das hessische Landesamt für Verfassungsschutz hat deren Einstufung als Sicherheitsrisiko mutmaßlich nur aufgrund von Druck der eigenen Behördenleitung und der Behördenleitung des Landeskriminalamts zurückgenommen. Im gleichen Bericht wird außerdem darüber berichtet, dass der türkische Geheimdienst versucht hätte, Mitarbeiter beim Bundesamt für Verfassungsschutz einzuschleusen. 1 http://www.bild.de/regional/hamburg/die-linke/linksfraktion-fuerchtet-um-chefin-oezdemir- 52442536.bild.html 2 https://www.welt.de/politik/deutschland/article167166583/Deutsche-Polizistin-als-tuerkische-Agentinverdaechtigt .html LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1020 2 In einem Artikel in der Jüdischen Rundschau vom 01. Juni 2017 wird von Kontakten der CDU zu DITIB und Millî Görüş berichtet3. In diesem Artikel wird ebenfalls Serap Güler (CDU), NRW Staatssekretärin für Integration, erwähnt. Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 257 mit Schreiben vom 23. Oktober 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten sowie allen übrigen Mitgliedern der Landesregierung beantwortet. 1. Welche grundsätzlichen Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Aktivitäten des türkischen Geheimdienstes sowie anderer türkischer Organisationen in NRW(Anzahl der Agenten, Budget, Anzahl der informellen Unterstützer, Strukturen, Verein wie z. B. DiTib, Standorte usw.)? Der türkische Nachrichtendienst Millî Istihbarat Teşkilâtı (MIT) unterhält in Deutschland Legalresidenturen in offiziellen Repräsentanzen. In Nordrhein-Westfalen befinden sich vier von insgesamt 15 türkischen Generalkonsulaten auf deutschem Boden (Düsseldorf, Essen, Hürth und Münster). Mehr als 530.000 türkische Staatsangehörige und eine erheblich größere Anzahl an Personen mit türkischem Migrationshintergrund leben in Nordrhein-Westfalen. Daher ist davon auszugehen, dass Nordrhein-Westfalen zum Operationsgebiet türkischer Nachrichtendienste zählt. 2. Welche Vorfälle von nachrichtendienstlichen Tätigkeiten durch den Türkischen Geheimdienstes, insbesondere Formen der Repression z. B. einschüchterndes Beschatten, körperliche Gewalt gab es in NRW (Opfer, Täter, Zeit und Ort sind zu benennen)? Hier liegen keine polizeilichen Erkenntnisse zu nachrichtendienstlichen Tätigkeiten durch den türkischen Geheimdienst in Nordrhein-Westfalen vor. 3. Welche Politiker und Parteien sind besonders im Fadenkreuz des türkischen Geheimdienstes z. B. durch Unterwanderung der jeweiligen Partei und ihrer Untergliederungen? Es liegen keine Anhaltspunkte für den Verdacht einer systematischen Unterwanderung politischer Parteien in NRW vor. Davon unberührt ist die Ausspähung und Aufklärung Oppositioneller eine der Hauptaufgaben des MIT im Ausland. Dazu gehören neben den kurdischen Gruppierungen wie der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vor allem die linksextremistischen Organisationen Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C), die "Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei" (MLKP) und neuerdings vor allem die nach dem Prediger Fetullah Gülen benannte "Gülen-Bewegung". Letztere wird von türkischer Regierungsseite für den Putschversuch durch Teile des türkischen Militärs am 15. und 16. Juli 2016 verantwortlich gemacht. 3 http://juedischerundschau.de/mit-dem-merkelianer-laschet-wird-es-den-dringend-noetigenneuanfang -in-nrw-nicht-geben-135910815/) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/1020 3 Es kann davon ausgegangen werden, dass der MIT auch in Nordrhein-Westfalen eine intensivierte Aufklärung der vom türkischen Staat als "Fetullahistische Terrororganisation" (FETÖ) bezeichneten Organisation betreibt. Anhaltspunkt dafür ist nicht zuletzt die Übermittlung mehrerer Listen mit Angaben zu mutmaßlichen Gülen-Anhängern durch die türkische Regierung an die Bundesregierung. In diesem Zusammenhang wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage 154 (LT-Drs. 17/438) hingewiesen. 4. Welche Fälle von nachrichtendienstlicher Unterwanderung von NRW-Behörden und Kommunen z. B. bei der Polizei, dem Verfassungsschutz, den kommunalen Ordnungsbehörden oder den Staatsanwaltschaften sind bekannt? (Bitte nach Behörde mit Kurzbeschreibung auflisten) Im Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen wird derzeit ein Prüfverfahren bearbeitet. Zu diesem Verfahren liegen aktuell keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte im Sinne des § 152 Abs. 2 StPO vor. 5. Welche Arten der Zusammenarbeit und Kontakte haben Mitglieder der Landesregierung z. B. durch Frau Serap Güler zum türkischen Geheimdienst und/ oder anderen aus der Türkei geleiteten Organisationen wie z. B. den bereits erwähnten DiTib und Millî Göruş? Mitglieder der Landesregierung arbeiten nicht mit fremden Nachrichtendiensten zusammen. Darüber hinaus liegen keine Erkenntnisse vor, dass der türkische Nachrichtendienst versucht oder versucht hat, Kontakt zu Mitgliedern der Landesregierung aufzunehmen. In ihren dienstlichen Funktionen bestehen Kontakte von Mitgliedern der Landesregierung zu türkischen Organisationen.