LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/10204 14.07.2020 Datum des Originals: 14.07.2020/Ausgegeben: 20.07.2020 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3852 vom 12. Juni 2020 des Abgeordneten René Schneider SPD Drucksache 17/9779 Kunstflieger-Lärm im Hünxerwald und Gartrop-Bühl: Werden die Anwohnerinnen und Anwohner im Stich gelassen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der Flugplatz „Schwarze Heide“ auf dem Gebiet der Gemeinde Hünxe hat großes Potenzial als Wirtschaftsfaktor für die angrenzenden, beteiligten Kommunen und die Region. Dortige Unternehmen bieten Rund- und Geschäftsflüge sowie Schulungen an. Außerdem ist er sehr beliebt bei Freizeit- und Kunstfliegern. Dies hängt auch mit dem dort ansässigen Kunstflieger- Hersteller Extra Aircraft zusammen, der seine Kunden Probe fliegen lässt. Darüber hinaus jedoch werden dort Kunstflug-Stunden von Interessierten aus dem ganzen Land gebucht. Dies geschieht allerdings zum Leidwesen der dort lebenden Bürgerinnen und Bürger im Hünxerwald und Gartroper Busch. Denn die Lärmbelastung gerade durch die Kunstflieger steigt nach deren Meinung zunehmend. Ein Problem, welches von den Anwohnern laut der NRZ (Redaktionsteil Dinslaken) vom 15. Oktober 2019 als „Pearl Habour“-Effekt beschrieben wird: Es handelt sich beim Fluggeräusch um keinen gleichbleibenden Ton, sondern um „das ständige Aufheulen der Motoren, einen an- und abschwellenden Ton an sieben Tagen in der Woche, zum Teil über Stunden“. Ein Gespräch mit dem Hünxer Bürgermeister sowie Vertretern der Hünxer Politik, des Flugplatz-Managements sowie der Bezirksregierung kam zu dem Ergebnis, dass man keine Handhabe habe. Die Kunstflieger verstoßen gegen keine Gesetze. Zwar gebe es für Kunstflieger Zeit-, aber keine Lärmbeschränkungen. Für den Flugplatz „Schwarze Heide“, so wird die Bezirksregierung in dem oben genannten Artikel zitiert, liege eine genehmigte Lärmberechnung vor, die allerdings den Kunstflug nicht einbeziehe. Denn diese beträfe den Flugbetrieb nur „mittelbar“. Das Flugplatz-Management spricht von 50.000 Flugbewegungen, die dort stattfinden. Der Anteil der Kunstflieger werde jedoch nicht erfasst. Die Bezirksregierung prüfe monatlich, ob die Vorgaben eingehalten werden, wie beispielsweise die für Kunstflug vorgesehene Höhe von 450 Metern. Welche im Übrigen durchaus strittig ist: So beantragten mehrere Länder im Bundesrat 2015 eine Änderung des Luftverkehrsgesetzes, wonach die Höhe für Kunstflüge auf über 600 Meter erhöht werden sollte. Die federführenden Ausschüsse im Bundesrat stimmten allerdings dagegen, womit die Initiative scheiterte. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10204 2 Die Anwohner klagen derweil nach wie vor über große Belastungen durch den Lärm, der auch innerhalb des Hauses zu hören sei, und fühlen sich durch die offiziellen Vertreter im Stich gelassen. Hinzu kommt, dass der Rückfluss von Antworten durch das zuständige Dezernat 26 bei der Bezirksregierung nur mäßig ist. Dies führte mittlerweile zu einer Online-Petition der Anwohnerinnen und Anwohner, die sogar ein Verbot des Kunstflugs fordern. Dies ist rechtlich nicht möglich und nach vielen Gesprächen mit den dort lebenden Menschen auch keine ernsthafte Forderung. Ihnen geht es nach eigener Aussage um eine größere Rücksichtnahme und weitere Einschränkungen. Im Sinne aller Beteiligten sollte man eine weitere Eskalation und ein Erhärten der Fronten vermeiden. Der Minister für Verkehr hat die Kleine Anfrage 3852 mit Schreiben vom 14. Juli 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie und der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Kleine Anfrage thematisiert Fluglärm, der durch Kunstflug nördlich des Verkehrslandeplatz Dinslaken Schwarze-Heide ausgelöst wird. Kunstflug kann zum einen dem Luftsport dienen und zum anderen der vorgeschriebenen Ausbildung, z.B. für Testpiloten, und zumindest in einzelnen Elementen auch der Ausbildung von Berufsluftfahrzeugführern. Kunstflug wird nach den Bestimmungen des Luftverkehrsgesetzes in Verbindung mit den Regelungen der Luftverkehrs-Ordnung durchgeführt. Die Einrichtung eines Kunstflugsektors ist unabhängig zum Flugverkehr am Verkehrslandeplatz Dinslaken Schwarze-Heide zu betrachten. Die Einrichtung eines Kunstflugsektors erfolgt durch die Deutsche Flugsicherung, eine Beliehene des Bundes. Der betroffene Kunstflugsektor nördlich des Verkehrslandeplatzes Dinslaken Schwarze-Heide ist unter Einhaltung der luftrechtlichen Rahmenbedingungen so weit wie möglich über nicht oder nur gering besiedeltem Gebiet eingerichtet worden. Zusätzlich richtet sich der Kunstflug im o.g. Sektor für Luftfahrzeuge, wenn sie am Verkehrslandeplatz Dinslaken Schwarze-Heide starten, nach den zeitlichen Einschränkungen aus der Landeplatz-Lärmschutz-Verordnung. Daher ist der Kunstflug im Kunstflugsektor nördlich des Verkehrslandeplatz Dinslaken Schwarze-Heide mit dem überwiegenden Teil der für den Kunstflug verwendeten Luftfahrzeuge nur zeitlich begrenzt möglich. 1. Welche Rechte bzw. Möglichkeiten haben die Anwohner im Einzugsgebiet des Flugplatzes, um die Lärmbelastungen durch Kunstflug einzuschränken? Die luftrechtlich zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Lärmreduzierung im Kunstflugsektor nördlich des Verkehrslandeplatzes Dinslaken Schwarze-Heide sind ausgeschöpft. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/10204 3 2. Wie wird seitens der Bezirksregierung die Einhaltung der Vorgaben (Flugzeiten, Lärmemissionen) überwacht bzw. durchgesetzt? Die Bezirksregierung Düsseldorf als zuständige Aufsichts- und Genehmigungsbehörde über den Verkehrslandeplatz Dinslaken Schwarze-Heide lässt durch ihre Luftaufsicht Kontrollen vor Ort gegenüber den Luftfahrzeugführern und dem Flugplatzbetreiber durchführen. Verstöße gegen luftrechtliche Vorschriften, insbesondere gegen die zeitlichen Vorgaben aus der Landeplatz-Lärmschutz-Verordnung, werden geahndet. Mangels vorgegebener Grenzwerte und mangels standardisierter Messverfahren beim Kunstflug sind verwertbare Lärmpegelmessungen nicht durchführbar. 3. Welche Ergebnisse zeigen aktuelle Lärmpegel-Messungen speziell für den Kunstflug in der Umgebung am Flugplatz „Schwarze Heide“ sowohl werktags wie auch wochenends, um die Wahrnehmung der Bürgerinnen und Bürger mit tatsächlichen Zahlen zu unterlegen? (Bitte nach Zeitpunkt und Standort der Messung) Der Landesregierung liegen hierzu keine Daten vor. 4. Warum müssen Kunstflugzeuge im Vergleich zu anderen Fahrzeugen und Motorgeräten (Autos, Motorräder, Rasenmäher) keine Lärmpegel einhalten? Jedes Luftfahrzeug bedarf einer Zulassung. Im Rahmen der Zulassung werden Anforderungen hinsichtlich der Lärmemissionen gestellt. Dieses gilt auch für Luftfahrzeuge, die im Kunstflug verwendet werden. 5. Unter welchen Bedingungen dürfen Kunstflieger die Transponder ihrer Kunstflugzeuge abschalten? Es besteht keine allgemeine Ausrüstungspflicht für Transponder. Soweit ein Luftfahrzeug mit einem Transponder ausgerüstet ist, besteht aus Gründen der Flugsicherheit die Verpflichtung, diesen einzuschalten. In explizit ausgewiesenen Lufträumen ist die Nutzung eines Transponders zwingend. Dazu zählen Lufträume über 5000 Fuß (etwa 1500 Meter) über dem Meeresspiegel.